Matthias Miklautz, Leiter der IHK-Geschäftsstelle Zollernalbkreis, Vizepräsident Thomas Lindner und Hauptgeschäftsführer Wolfgang Epp sehen mit Sorge die politischen Einflüsse auf die Wirtschaft. Foto: Eyrich Foto: Schwarzwälder Bote

IHK Zollernalb: Wirtschaft bereitet sich nach zehn Jahren Hoch auf Abschwung vor

"Haben wir eine Rezession, oder nicht, und was erwarten wir von der Politik?" Diese und noch viel mehr Fragen haben Vizepräsident Thomas Lindner und Hauptgeschäftsführer Wolfgang Epp von der IHK beantwortet.

Zollernalbkreis. "Wie läuft’s?" Das fragen Vizepräsident Thomas Lindner und Hauptgeschäftsführer Wolfgang Epp jene 115 Unternehmer diverser Branchen und Größen, welche die Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer Reutlingen-Tübingen-Zollernalb (IHK) für das Gremium Zollernalb benannt hat.

Allein an den Antworten hat Lindner, der in seiner Berufslaufbahn "noch nie eine so lange Aufschwung-Phase wie seit 2010" erlebt hat, ablesen können, dass die Konjunktur sich abschwäche, zumal die Wirtschaft der Region mit 48 Prozent Exportquote vom Handelskrieg zwischen den USA und China deutlich betroffen sei, vor allem Automobilzulieferer und die Textilindustrie. Um 2,2 Prozent sei der Export im ersten Halbjahr 2019 gegenüber dem Vorjahreszeitraum gesunken. Deutlich besser sehe es noch in der Baubranche, im Handel und bei Dienstleistern aus.

"Wir müssen neue Märkte ins Auge fassen", betont Lindner und ist deshalb froh, dass die IHK ein Institut für "emerging markets" – wachsende Märkte; die freie Übersetzung "schwierige Märkte" gefällt Linder gar nicht – gegründet und einen vom Bund geförderten Scout in Äthiopien stationiert hat, der Brücken zu afrikanischen Ländern baut, in denen sich mehr tue als hierzulande wahrgenommen werde. Schwieriger werde es derzeit im Nahen Osten: Was die Zollernälbler Wirtschaft von dort erwarte, darüber mag Lindner ebenso wenig spekulieren wie über den Ausgang des Brexit-Desasters. Sein Blick verrät: Wirklich Gutes erwartet er in beiden Fällen nicht.

Dass man gerne seine Hausaufgaben vernachlässige, wenn es einem sehr gut gehe – das meint der Vizepräsident, auch in seiner Rolle als Unternehmer, nicht nur selbstkritisch, wenngleich er auch in den Unternehmen selbst veritablen Aufholbedarf in Sachen Digitalisierung sieht – sein Seitenhieb gilt auch der Politik: "In punkto Bildung war Baden-Württemberg immer in der Spitzengruppe mit Bayern und Sachsen. Jetzt sind wir im unteren Mittelfeld."

Beim Blick auf Bürokratie und Verkehr stellt es dem Vizepräsidenten – immer noch – sämtliche Haare zu Berge

Systembedingt sei das, meint Lindner. Zudem sei kein Bewusstsein mehr darüber vorhanden, wo Substanz und Vermögen aufgebaut würden und wo das Geld vervespert werde. "Die Vision der grünen Wirtschaft ist ein Flop", kommentiert er deutlich. "All die nachhaltigen Arbeitsplätze, die man versprochen hat, gibt es nicht."

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier indes stehe in vielerlei Hinsicht als Einzelkämpfer da, etwa mit Blick auf Bürokratie. Als Aufsichtsratsvorsitzender der Groz-Beckert KG – weltgrößter Hersteller von Nadeln und Systemtechnologie für die Textilindustrie – kann Lindner von einem Beispiel berichten, das ihm sämtliche Haare zu Berge gestellt hat, wie er klarstellt.

Dass sie das sei Jahren tun, wenn er an die Verkehrsanbindung des Zollernalbkreises denkt, ist wiederum nichts Neues: "Wir müssen jetzt endlich diese Bundesstraße 27 fertigstellen – das ist inzwischen ein Drei-Generationen-Projekt", sagt Lindner, "und wir müssen höllisch aufpassen, dass bei der Bahn-Elektrifizierung unsere Region nicht unter die Räder kommt." Auch mit Blick auf die Ortsumfahrung Lautlingen muss der Vizepräsident abermals das alte Lied anstimmen, und das wird in Moll gespielt.

Wie sehen Lindner und Epp die Tatsache, dass der Albstädter Gemeinderat einem Möbelriesen den Einzug ins geplante Gewerbegebiet Hirnau versperrt hat? "Da äußern wir uns zurückhaltend", sagt Epp. "Es gibt Arbeitsplätze mit viel mehr Wertschöpfung."