Artur Egle-Theurer (rechts) sprach mit den Teilnehmern über Wahlplakate von Populisten. Fotos: Conzelmann Foto: Schwarzwälder Bote

Diskussion: Experten sprechen sich für Eintreten gegen allzu einfache Parolen aus

Wie kann eine liberale, offene Gesellschaft dem Phänomen Populismus begegnen? Was ist dieser Populismus überhaupt? Und wie kann man Populisten entgegentreten, beziehungsweise: Soll man das überhaupt?

Albstadt-Ebingen. Phillip Neurath von der Diakonischen Bezirksstelle Balingen, Pfarrer Bernd Hofmann aus Rosenfeld sowie Artur Egle-Theurer vom evangelischen Bildungswerk Balingen/Sulz haben sich im evangelischen Gemeindehaus Spitalhof an einem Diskussionsabend mit diesen Fragen.

Egle-Theurer eröffnete den Abend mit einer Definition des Begriffs Populismus. Den viel zitierten "kleinen Mann auf der Straße" wollten Populisten repräsentieren und nähmen für sich in Anspruch, auch die Einzigen zu sein, die das wollten. Das wahre Volk, der Volkswillen, werde von ihnen vertreten, denn "die da oben kümmern sich doch nicht um uns da unten". Volksvertreter würden in diesem Duktus schnell zum Volksverräter.

Auch das Spiel mit Ängsten, nachvollziehbaren wie dubiosen, zeichne Populisten aus, so Egle-Theurer. Manche Argumentationen basierten auf "Fake News". Verschwörungstheorien und das Misstrauen gegen die Presse seien weitere Merkmale.

Beispiele für plakatives Reden und Formulieren, durchaus legitim zwar, aber in der Abgrenzung gegenüber anderen ebenfalls ein Kennzeichen des Populismus, zeigte Egle-Theurer anhand einiger Wahlplakate, über welche die gut 30 Teilnehmer leidenschaftlich diskutierten.

Von welchen Werten sich Christen leiten lassen sollten, kam in einem Interview von Artur Egle-Theurer mit Pfarrer Bernd Hofmann zur Sprache. Ein starkes Selbstwertgefühl sei die tiefste Kraft gegen Abgrenzungen, ist Hofmann überzeugt. Wer sich selbst von Gott vorbehaltlos geliebt wisse, brauche keine Feindbilder. "Auf Augenhöhe einander gegenseitig achten und auch verstehen", so lautet der Rat des Pfarrers.

Theorie und Praxis verknüpfte zuletzt Phillip Neurath, Fachbereichsleiter und Referent für Flüchtlingsarbeit bei der Balinger Diakonie. Er empfahl, in Gesprächen zunächst die Situation zu analysieren: "Worum geht es überhaupt, welche Emotionen spielen beim anderen und bei mir selbst mit, was möchte ich mit dem Gespräch erreichen?" Dabei warnte er eindringlich davor, anderen die eigene Meinung überstülpen zu wollen. Viele Ängste und Argumente hätten durchaus ihre Berechtigung, Verständnis entgegenzubringen sei daher wichtig. Das Ziel sei aber, den anderen zu einer individuellen Haltung zu bewegen.

"Gespräche wirken nach!" Dieser Auffassung ist sich Neurath sicher, wenn er auch aufgrund von Erfahrungsberichten einiger Teilnehmer einräumen musste, dass Begegnungen mit Populisten oft deprimierend enden könnten. Bei "unsäglichen" Äußerungen helfe auch manchmal nur die Distanzierung, um sich selbst zu schützen.

Letztlich war allen Anwesenden klar: Differenzierte Sichtweisen sind anstrengender als Schwarz-Weiß-Denken.