Fünf Bundestagskandidaten stellen sich bei Podiumsdiskussion in Tailfingen Fragen der Unternehmer.
Albstadt-Tailfingen - Wer die Bundestagskandidaten im Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringen, deren Parteien Aussicht auf Einzug ins Parlament haben, in einer Runde erleben wollte, hatte in Tailfingen die voraussichtlich seltene Gelegenheit dazu. Die IHK hatte geladen; fast alle waren alle gekommen.
Die Themen hatten die Gastgeber in einer Auflistung mit dem Titel "Prüfsteine" vorgegeben. Christoph Heise, IHK-Bereichsleiter Kommunikation und am Montagabend Moderator, dirigierte die fünf Kandidaten – Thomas Bareiß (CDU), Stella Kirgiane-Efremidou (SPD), Erwin Feucht (Grüne), Dirk Mrotzeck (FDP) und Hans-Peter Hörner (AfD); es fehlte Claudio Wellington von der Linken – zügig von einer Station zur nächsten und musste am Ende doch mehrere Prüfsteine links liegen lassen, weil die Zeit knapp wurde. Immerhin, die wichtigsten Schwerpunkte kamen zu ihrem Recht.
Etwa der Verkehr. Groz-Beckert-Chef Thomas Lindner hatte die Thementrias B 27, Zollernbahn und Breitbandausbau in seiner Begrüßungsrede angesprochen und dabei Metaphern wie "Stau" und – mit Blick auf die Bahn – "Fahrt in die falsche Richtung" verwendet. Sollte sich Heise eine kontroverse Disskussion von Thema B 27 versprochen haben, dann sah er sich getäuscht – selbst beim Grünen Feucht rannte er offene Türen ein: "Was, Sie sind für eine Straßenbaumaßnahme?" "Für die schon!"
Die Koalitionsbildung im Bundestag funktioniert, wie Kirgiane-Efremidou anmerkte, im Kleinen gelegentlich etwas anders als im Großen: Sie sähe, in den Bundestag gewählt, ihre Aufgabe auch darin, gemeinsam mit dem höchstwahrscheinlich gesetzten CDU-Mann Bareiß Klinken für die Region zu putzen. "Händchen haltend?", wollte Heise wissen. "Das dann doch nicht", wehrte Bareiß ab. Wohl eher im Schulterschluss. Die Logik hinter Kirgiane-Efremidous Anmerkung: SPD mit der Zweitstimme wählen heißt den Zollernalbkreis wählen – zwei Volksvertreter vermögen mehr als einer.
Thema Bahn: Elektrifiziert und zweispurig wünschen sich alle die Zollernbahn; allein, die Zuversicht hielt sich trotz sprudelnder Steuereinnahmen in Grenzen: Die Zollernbahn, so Bareiß, drohe im Wettbewerb mit der Südbahn rechts und der Gäubahn links ins Hintertreffen zu geraten. Feucht wiederum sah die Bahn als ganze auf der Verliererstraße: "Wir zahlen jetzt die Zeche für die Bevorzugung der Straße".
Was der frisch gebackene AfD-Kandidat Hans-Peter Hörner von den Absichtserklärungen der Kollegen hielt, trat beim Thema Breitband zu Tage: "In vier Jahren sitzen wir wieder hier, und alle sagen das Gleiche wie heute, weil nichts passiert ist." Wie er den Breitbandausbau finanzieren wollte, fragte Heise und war anschließend eher ungehalten, als die Worte "umschichten" und "Migration" fielen. FDP-Mann Dirk Mrotzeck schlug vor, sich ein Beispiel am kleinen Estland zu nehmen, Kirgiane-Efremidou vermisste den "roten Faden" in der Breitbandförderung von Bund und Land, und Bareiß räumte ein, dass die öffentliche Hand nicht für alle ein Industrie-4.0-taugliches Internet finanzieren könne: Der Staat habe vielmehr "Wirtschaftlichkeitslücken" zu decken. Wo die sind? Nicht unbedingt immer in der Provinz: "Ich habe in Balingen ein besseres Internet als in Berlin-Mitte."
Beim Thema Steuer wurde Claudio Wellington, der Linke, schmerzlich vermisst – niemand auf dem Podium war für eine Vermögenssteuer zu begeistern; die zahlreichen mittelständischen Unternehmer im Auditorium dürften es mit Genugtuung vernommen haben. Dass der sogenannte Mittelstandsbauch flacher werden muss, war Konsens – aber auch hier blieb letztlich die Frage offen, wo das Geld eingespart werden soll.
Christoph Heise hatte noch etliche Themen auf seiner Checkliste stehen, die Unternehmer interessieren – Ausbildung, Fachkräftemangel –, aber die Zeit drängte. In der Diskussion mit den Zuhörern kam das Thema Energie zur Sprache – ein Heimspiel für den Experten Bareiß, der den völligen Verzicht auf fossile Energie für illusorisch erklärte. Vom Thema Energie zur Abschaffung des Verbrennungsmotors war der Weg nicht weit. Besonders Feucht, der Grüne, musste sich anhören, der radikale Schwenk zum Elektroauto werde Deutschland Stromversorgung hoffnungslos überfordern – und die Industrielandschaft im Südwesten ruinieren.
Am Ende war man wieder beim Thema Verkehr – bei der Lautlinger Ortsumgehung. Erwin Feucht wäre wohl für eine Tunnellösung. Dirk Mrotzeck verwies auf Reutlingen: "Die haben jetzt ihren Scheibenbühltunnel – aber sie haben alle an einem Strang gezogen."