Da sitzt er, der Buchdrucker – unterhalb der Messserspitze inmitten der von ihm gegrabenen Gänge. Foto: Schwarzwälder Bote

Forst: In Albstadt und seinen Umlandgemeinden geht es dem Wald noch vergleichsweise gut

Der deutsche Wald kränkelt; eine Schreckensmeldung jagt die andere. Können Klaus Richert, Leiter der Forstamtsaußenstelle Albstadt, und seine Revierleiter den Befund bestätigen? Der Schwarzwälder Bote hat sich nach den Befinden ihres Waldes erkundigt.

Albstadt/Meßstetten. Noch im April hatten die Förster prophylaktisch Alarm geschlagen: Der heiße, trockene Sommer 2018 sei ganz nach dem Geschmack des Borkenkäfers gewesen, der Winter nicht allzu nass – und der Frühstückstisch trotz aller Anstrengungen der Förster und Waldarbeiter, das im Januar entstandene Schneebruchholz möglichst vollständig aufzuarbeiten, reich gedeckt. 2018 sei der Käfer mindestens dreimal geschlüpft und "geflogen", und bei drei Flügen könne es ein einziges Käferweibchen auf gut und gern 100 000 Nachkommen bringen. Wenn jetzt gleich der nächste heiße Sommer mit drei Flügen komme, dann werde man es dem Fichtenwald auf Jahre ansehen.

Es ist ein wenig anders gekommen als befürchtet. Der Mai war vergleichsweise kühl und feucht, die Bäume entsprechend widerstandsfähig – die erste Larvengeneration des Jahres ist zu einem guten Teil im Harz ersäuft worden. Dem warmen Juni folgte ein nur phasenweise heißer Juli und ein durchwachsener August. In diesem Jahr wird es wohl nichts mit den drei Käferflügen werden; Klaus Richert kann zumindest teilweise Entwarnung geben. Der Fichte, dem Brotbaum im Wirtschaftswald, geht es besser als erwartet.

Das verdanken Albstadt und seine Nachbargemeinden auf Heuberg und Hochalb vor allem ihrer Geografie. Die Wälder in Deutschlands tieferen Lagen und niederschlagsärmeren Gebieten hat es in der Tat schlimm erwischt – und nicht nur die Fichten: Alle schwächeln sie und sind anfälliger für ihre spezifischen Baumkrankheiten. Den Ahorn befällt die Rindenrußkrankheit, ein Pilz, der sich als schwarze Flecken auf den Blättern bemerkbar macht. Die Tanne, die eigentlich als "Hoffnungsträger" im Forst gilt, weil sie tief wurzelt und besser an Wasser herankommt als die Fichte, plagt sich mit dem roten krummzähnigen Tannenborkenkäfer. Die Buche schließlich, wichtigster Baum im deutschen Laubwald, bekommt dürre Wipfel – wer Beispiele sucht, muss nur nach Stuttgart zu fahren und auf dem Weg durch die östlichen Schönbuchausläufer in die Baumkronen rechts und links der B 27 schauen. Sie sehen erbarmungswürdig aus.

Sogar der Eiche, die besonders tief wurzelt und Wärme liebt, leidet unter den Folgen des Klimawandels. Die Esche geben die Förster mittlerweile so gut wie verloren, ähnlich wie vor 20 Jahren die Ulme; allerdings liegt das ausnahmsweise nicht am Klima, sondern am "falschen weißen Stengelbecherchen", einem aus Asien stammenden Pilz, gegen den offenbar kein Kraut gewachsen ist und gedeiht, ob es kalt oder warm, trocken oder nass ist. Die Esche wird in absehbarer Zeit auch aus den Wirtschaftswäldern der Südwestalb verschwunden sein.

Bei den anderen autochthonen Baumarten dürfte es etwas länger dauern – dennoch wird auf höherer Ebene über Ersatz nachgegrübelt. Douglasie statt Fichte? Amerikanische Roteiche statt Buche? Wie wäre es mit der im Mittelmeerraum heimischen Atlaszeder? Klaus Richert und Thomas Holl, der Meßstetter Revierförster, geben sich zurückhaltend. Für experimentelle Pflanzungen sind sie zwar durchaus zu haben, und sie wissen wohl, dass für die Zukunft mit mehr Sommerhitze und Sturmereignissen, dafür weniger "klassischem Sauwetter", das so bekömmlich für den Wald ist, gerechnet werden muss. Aber in diesem Jahr können sie in die Kassandrarufe aus dem Flachland nicht einstimmen. Die Buche befindet sich auf der Alb mehr denn je in ihrem "Optimum"; sie profitiert einerseits von der Höhenlage – "Kittel kälter" – , andererseits vom Steigungsregen am Trauf. Die Buchenwipfel in Thomas Holls Wald sind alle grün.

Das Holz der anderen ruiniert die Preise

Rot ist etwas anderes: die Zahlen. Gegen die ungemütliche wirtschaftliche Lage helfen Höhenmeter und Steigungsregen nämlich ga nicht. Die Dürren und Unwetter der anderen betreffen auch Albstadt, denn das Käfer- und Sturmholz, das seit 2017 in rauen Mengen von überall auf den Markt drängt, ruiniert die Preise. Sie haben um bis zu 40 Prozent nachgegeben; der Preis für den Festmeter Fichte ist in wenigen Jahren von 100 auf knapp 60 Euro gefallen, der Hebel, an dem die Händler sitzen, extrem lang geworden. Die Konsequenz, die Klaus Richert daraus zieht: Geerntet wird derzeit nur, was durch Sturm, Bruch, Käfer oder Pilz Schaden genommen hat – die "zufällige Nutzung" – oder so präzise ins Anforderungsprofil des Händlers passt, dass er bereit ist, einen anständigen Preis zu zahlen. Alles andere bleibt stehen. Vielleicht kommen irgendwann wieder bessere Zeiten.