Die Albstädter Gemeinderatswahl hat die Machtverteilung, um nicht zu sagen Besitzstände im Stadtparlament auf eine Weise bestätigt, die man nicht unbedingt erwarten konnte. (Symbolfoto) Foto: Schwarzwälder-Bote

Wähler schreibt Besitzstände fest. Ergebnis kodifiziert - von einer Ausnahme abgesehen - den Status Quo. Mit Kommentar.

Albstadt - Keiner muss traurig, keiner darf euphorisch sein: Die Albstädter Gemeinderatswahl hat die Machtverteilung, um nicht zu sagen Besitzstände im Stadtparlament auf eine Weise bestätigt, die man nicht unbedingt erwarten konnte.

Ein einziger Sitz hat gewechselt; die FDP muss ihn den Grünen überlassen - das war es dann schon. Die hinter vorgehaltener Hand in der CDU geäußerten Befürchtungen, der Abgang der vier Stimmenmagneten Merkel, Linder, Gross und Ohngemach - keiner von ihnen hatte 2009 weniger als 5000 Stimmen eingefahren, Merkel sogar fast 10.000 – könnte die Christdemokraten ein Mandat kosten, hat sich nicht bewahrheitet: Die partielle Erneuerung ist folgenlos geblieben; die CDU behält ihre elf Sitze und steigert ihren Stimmenanteil von 33,1 auf 33,8 Prozent. Das große "Rollback" nach der Stimmenwanderung zur FDP von 2009 ist das nicht, aber Roland Tralmer, der Stadtverbandsvorsitzende, der selbst zu den neuen Mandatsträgern gehört, zeigte sich gestern trotzdem zufrieden. Die drei anderen Neulinge außer ihm sind Lennart Spengler – er war bereits von 2004 bis 2009 Stadtrat –, der frühere Stadtarchivat Peter Thaddäus Lang und Architektin Katja Staiger.

Auch bei den freien Wählern ist niemand unglücklich; allerdings machte Markus Schaudt, der bisherige Fraktionschef, kein Hehl heraus, dass man sich mit "dieser wirklich guten Liste" mehr vorgenommen hatte. Schaudt selbst hat sein persönliches Wahlergebnis von 2009 um mehr als 2000 Stimmen verfehlt und erklärt sich das selbst mit beruflicher Beanspruchung und unterdurchschnittlicher Wahlkampfpräsenz – am Fraktionsvorsitz werde er im neuen Gemeinderat bestimmt nicht kleben.

Von den drei neuen Gesichtern in der Fraktion der freien Wähler hat man zwei schon oft im Gremium gesehen: Siegfried Schott, der auf Anhieb die 6000-Stimmen-Marke übertraf, ist Onstmettinger, Peter Landenberger Laufener Ortsvorsteher. Landenberger hat in jüngster Zeit durch moderate Töne und taktisches Geschick in Sachen 110-kV-Leitung in der Öffentlichkeit gepunktet; es hat seine Kandidatur offenbar beflügelt. Joachim Hofmann ist Apotheker auf Langenwand, wo viele ihn kennen, schätzen und gewählt haben dürften.

Seit Jahr und Tag hat die SPD sechs Sitze - dabei bleibt es auch. Von den bisherigen Ratsmitgliedern wurden fünf wiedergewählt; nur Christoph John musste Lara Herter den Vortritt lassen – sie ist das einzige der vielen zur Wahl angetretenen Nachwuchstalente, der tatsächlich der Sprung ins Gremium gelungen ist. "Frau und jung, so muss es sein", freute sich Fraktionschef Martin Frohme gestern Abend.

Die FDP hat ihr "sportliches Ziel" - so ihr Primus inter pares Philipp Kalenbach - , nämlich die Verteidigung von vier Mandaten, verfehlt, aber angesichts der endlosen Talfahrt der Liberalen auf Bundesebene kann sie sich zugute halten, mit dem Verlust von drei Prozent und einem Sitz ein durchaus nicht trendkonformes Ergebnis erzielt zu haben. Den Sitz bekommen die Grünen, obgleich deren Potenzial gar nicht so sehr gewachsen sein dürfte - wie ihr Häuptling Andreas Laib freimütig bekennt, haben sie es diesmal einfach nur richtig ausgereizt, indem sie 32 Kandidaten aufstellten statt wie früher Listenplätze zu verschenken. Das letzte Mal, als die Grünen drei Sitze holten, existierte in Albstadt noch die unechte Teilortswahl.

Der ZUG hatte sich kurzzeitig der Hoffnung auf ein zweites Mandat hingeben dürfen: Seine Hochburg Tailfingen war traditionsgemäß früh mit der Auszählung fertig - doch es kam nichts nach, die Fata Morgana zerfloss wieder. Immerhin: Elke Rapthel ist wiedergewählt, und die Erfahrung, von Christdemokraten umzingelt zu sein, kennt sie ja. Fraktionsübergreifend Einigkeit herrschte gestern in zwei Punkten: Man ist enttäuscht über kärgliche 39,7 Prozent Wahlbeteiligung – und über das magere Abschneiden der Jungen. Selten war vor einer Wahl so viel von Erneuerung geredet worden - und selten hat der Wähler so deutlich den alten Besen den Vorzug gegeben.

Kommentar: Alleingelassen

Karina Eyrich

Wäre es nicht zum Weinen, dann wäre es zum Lachen: Das vergleichsweise kleine Nusplingen hat mit Jennifer Mengis künftig ebenso viele Gemeinderäte unter 30 Jahren wie Albstadt, das mehr als zehn Mal so groß ist. Welches Zeichen haben die Wähler bei der Kommunalwahl in Richtung der jungen Kandidaten geschickt, deren Wille, sich zu engagieren, greifbar war? "Danke fürs Angebot – aber nein danke!" Stattdessen setzen die Bürger auf Bewährtes. Viel frischer Wind wird also nicht im Gremium ankommen, obwohl dieser wahrlich gut getan hätte. Dass die jungen Kandidaten so vergessen wurden vom Wähler, tut übrigens auch den Fraktionschefs leid, wie mehrere von ihnen bekundet haben. Lara Herter von der SPD wird es schwer haben, alleine die Interessen einer ganzen Generation zu vertreten, die den Albstädtern offenbar nicht sehr wichtig ist.