Gehört dem Pedelec die Zukunft? Gerade in Albstadt kann man es sich gut vorstellen. Foto: Jensen

Neues Albstädter Radverkehrskonzept setzt nicht unbedingt auf klassische Radwege - dafür aber aufs Pedelec.

Albstadt - Seit Mai sind Mitarbeiter des Stuttgarter ingenieurbüros "team red" mal auf zwei, mal auf vier Rädern in Albstadt unterwegs und fahren auf der Suche nach den fahrradfreundlichsten Verbindungen Straßen und Wege ab. In Kürze soll Zwischenbilanz gezogen werden.

Am Nachmittag des 2. Oktobers, um genau zu sein. Dann werden die Verkehrsingenieure zusammen mit den Bürgermeistern Anton Reger und Udo Hollauer, weiteren Mitarbeitern der Stadt, Gemeinderäten und Fachleuten von Tailfingen nach Ebingen und wieder zurück radeln und dabei Kreuzungen und Strecken in Augenschein nehmen, die besondere Herausforderungen für den Fahrradnetzplaner darstellen. Die sportliche Herausforderung kommt zum Schluss: die Bergwertung in der Heutalstraße, die hinauf zum Lichtenbol und der Firma Ulrich Alber, Start und Ziel der Rundfahrt, führt.

Wobei es mit dieser Herausforderung nicht so weit her ist: Die Firma Ulrich Alber besitzt einen eigenen Pedelec-Fuhrpark samt Garage; die radelnden Verkehrsplaner werden mit elektrischem Rückenwind reisen. Überhaupt ist dem Pedelec – nicht zu verwechseln mit dem führerscheinpflichtigen E-Bike – eine wichtige Rolle in Albstadts Fahrradverkehrsplanung zugedacht: die der Allzweckwaffe gegen die kräftezehrenden Steigungen. Das neue Radverkehrskonzept, das der Gemeinderat im April in Auftrag gegeben hat, soll ja nicht nur denjenigen, die schon heute mit dem Velo von A nach B gelangen, das Leben leichter machen, sondern auch Albstädter fürs Radfahren gewinnen, denen dies in ihrer gebirgigen Heimat derzeit noch zu anstrengend ist.

Überhaupt machen die Steigungen den Unterschied zwischen dem prinzipiell "fahrrad-affinen" Albstadt und etwa dem topfebenen Münsterland, wo es mittlerweile sogar Parkhäuser für Fahrräder gibt. Nicht von ungefähr beteiligt sich die Stadt Albstadt neuerdings an einem Projekt "Radverkehr in Städten mit Höhenunterschieden", von dem sie sich regen Erfahrungsaustausch und gute Tipps von Gemeinden verspricht die schon weiter sind. 120 Kilometer hat "team red" in vergangenen Wochen abgefahren und laut Jürgen Brunsing, dem Teamleiter Kommunale Mobilitätsplanung, im Tal und auf der Hochfläche Möglichkeiten ausgemacht – problematisch sind die Übergänge. Das Pedelec könnte es richten.

Das hat freilich Konsequenzen. Die mehr oder weniger friedliche Koexistenz von Fußgänger und Radfahrer gehört, wenn letzterer ohne Schweißausbruch auf 25 Stundenkilometern beschleunigen kann, der Vergangenheit an. Das Radfahren der Zukunft findet vorrangig auf der Straße statt; auch der Fahrradweg wird nicht mehr in allen Fällen als der Weisheit letzter Schluss angesehen. Vielmehr ist für die Zukunft mit einem geschlossenen Albstädter Radverkehrsnetz zu rechnen, das vor allem von Wegweisern und Fahrbahnmarkierungen lebt: Im Talgang etwa sollen die Radfahrer methodisch auf Nebenstrecken umdirigiert werden, wo meistens Tempo 30 gilt. Wo das nicht der Fall ist, können auf der Fahrbahn Radwege angezeichnet werden, auf denen der motorisierte Verkehr fahren darf, solange kein Radfahrer in der Nähe ist, die er aber zu meiden hat, sobald einer auftaucht.

Wo welches Mittel zum Einsatz kommt – und wo gegebenenfalls die klassischen Radwege, die es auch künftig geben wird, ausgebaut werden könnten, davon werden die Teilnehmer der "Tour de Talgang" am 2. Oktober einen Eindruck gewinnen. Einen ersten wohlgemerkt – bis das Radverkehrskonzept fertig ist, wird es 2014.