Mai-Feiertag: Viel Kritik bei Kundgebung

Albstadt-Ebingen. Protest und Solidarität funktionieren auch im Einklang mit den Corona-Hygieneregeln. Das wollten die Teilnehmer der Kundgebung zum 1. Mai, dem internationalen Tag der Arbeit, beweisen und trafen sich auf Abstand und mit Masken am Samstag am Marktbrunnen – empört darüber, dass der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) die Maikundgebung in Tuttlingen abgesagt hatte.

Deutliche Kritik übten die Redner – Bernhard Schmidt von der Montagsaktion Zollernalb, Renate Schmidt von der MLPD, Arnulf Rauch vom neu gegründeten "Solidaritätskreis gegen die politische Kündigung von Joachim Schmidt bei Steinmeyer", Marion Zuckschwerdt vom Frauenverband Courage, Christiane Kasprik vom kommunalpolitischen Wahlbündnis Z.U.G. und Christine Klauth von der Gewerkschaft Ver.di – an den "Lichtspaziergängern" in Balingen und der "Querdenken"-Bewegung, die "mit ihrem Egoismus mitverantwortlich" seien für die "Beschleunigung der Coronavirus-Pandemie", wie Bernhard Schmidt sagte, und seine Frau ergänzte: Mit einer demokratischen Bewegung hätten die "Lichtspaziergänge" nichts zu tun.

"Beifallklatschen und minimale finanzielle Zuwendungen sind ein Hohn"

Sie kritisierte unter anderem Firmen, die coronabedingt die Übernahme von Lehrlingen infrage stellten, und den Umgang mit Leiharbeitern. Zuckschwerdt erinnerte an die Nöte von Minijobbern – meist Frauen – und die hohe Belastung, der Frauen durch die Pandemie ausgesetzt seien – nicht nur die 70 Prozent weiblichen Beschäftigten in Gesundheitsberufen: "Beifallklatschen und minimale finanzielle Zuwendungen sind ein Hohn."

"Alle Versprechungen zur Neueinstellung von Beschäftigten und Verbesserung der Arbeitsbedingungen", die das Bundesgesundheitsministerium gegeben habe, seien "samt und sonders nicht eingehalten" worden, kritisierte Christine Klauth, und weiter: "Der gesamte Gesundheits- und Pflegebereich ist auf Profit ausgerichtet." Sie forderte ein gesetzliches Recht auf Rückkehr in die Vollzeitarbeit, eine gesetzliche Personalbemessung, die Verbesserung der Ausbildung, bessere Organisation und ein Ende des Missbrauchs von Auszubildenden und FSJlern als billige Arbeitskräfte. Als Beispiel für Attacken auf die Ausübung gewerkschaftlicher Rechte nannte sie die Ablehnung des Flächentarifvertrags in der Pflege durch die Caritas und mahnte: "Wir haben in diesem Jahr unser Bewusstsein sehr geschärft und ich merke, dass der Gedanke des Kämpfens an Sympathie gewinnt. Es wird deutlich, dass wir eine andere Gesellschaft brauchen", ergänzte Klauth mit Blick auf die Wertschätzung der medizinischen Berufe, aber auch der Leistungen von Frauen allgemein.

War die Störung durch laute Musik kalkuliert oder schiere Gedankenlosigkeit?

Ob die Störung der Kundgebung durch laute Musik aus einem Fenster Absicht oder Gedankenlosigkeit war, darüber mochten die Teilnehmer nicht spekulieren, als die friedliche Kundgebung sich nach einer Stunde auflöste.