120 Teilnehmer zählte das Jugendforum im Juni – nur drei von ihnen wollen nach ihrem Schulabschluss in Albstadt bleiben. Foto: Schwarzwälder Bote

SKSS: Ausschussmitglieder relativieren das Votum der Jugendforumsteilnehmer

Von 120 Jugendlichen, die im Juni am ersten Albstädter Jugendforum teilnahmen, wollen 117 nicht in Albstadt bleiben – zumindest haben sie das gesagt. Bei den Mitgliedern des Ausschusses für Soziales, Kultur, Schule und Sport wirkt der Schock nach.

Albstadt. Ganz so bleischwer, wie man meinen könnte, liegt ihnen das Votum der Jugend aber drei Monate später nicht mehr im Magen: So heiß wie gekocht wird die Suppe halt doch nicht gegessen – zumindest war das der Tenor der Wortmeldungen. Wenn man sich etwas intensiver mit den jungen Leuten unterhalte, erklärte CDU-Fraktionschef Roland Tralmer, dann relativiere sich doch das eine oder andere, und es ergebe sich ein nuancierteres Bild, als es ein Kreuzchen in einem Quadrat liefern könne.

Anette Ganter von den Freien Wählern fand es sogar gut und sinnvoll, dass die jungen Leute in die Welt hinauszögen, um etwas anderes kennenzulernen, und Philipp Kalenbach (FDP) erinnerte an den alten Brauch der Zimmermannsgesellen, auf die Walz zu gehen: Drei Jahre lang dürften sie nicht heim, selbst wenn sie wollten – danach wüssten sie besser, was sie an ihrem Zuhause hätten.

Die einzige, die genau das anzweifelte, war Susanne Feil von den Grünen: Schon zu ihrer Zeit seien viele gegangen – längst nicht alle seien wieder zurückgekehrt.

Fragt sich, wie Albstadt es anstellen muss, damit die 117 Nestflüchter in spe ihre Heimat in so guter Erinnerung behalten, dass sie tatsächlich eines Tages zurückkommen.

Verwaltungsvertreter und Ausschussmitglieder gaben sich am Donnerstag entschlossen, jetzt keine Wunden zu lecken, sondern konkrete Projekte anzupacken.

Was vermissen die jungen Leute in Albstadt, was hätten sie gern? Im Grunde ganz ähnliche Dinge wie die Erwachsenen: bessere Einkaufsmöglichkeiten, mehr Kultur, mehr Festivals, mehr Konzerte, mehr Party mehr Sportereignisse. In einem Punkt unterscheiden sich die Bedürfnisse allerdings notwendigerweise: Erwachsene müssen sich nicht ständig überlegen, wo sie sich treffen können, ohne Probleme mit dem Jugendschutz, dem Ruhebedürfnis der Anwohner oder den Eltern, die eine Tür weiter sitzen, zu bekommen.

Treffpunkte stehen auf der Wunschliste ganz oben, am besten solche, die mit WLAN ausgestattet, mit Sitzgelegenheiten und Aschenbechern möbliert und im Winter beheizbar sind.

Das Amt für Familie, Bildung, Sport und Soziales hatte schon beim Jugendforum versucht, diese mehr oder weniger amorphe Bedürfnislage in konkrete Projekte umzumünzen. Drei konnte Amtsleiter Jo Triller dem Ausschuss vorstellen, samt Angaben zur Zahl der Jugendlichen, die sich engagieren wollen: 26 haben sich für den Komplex "Kultur, Party, Veranstaltungen" gemeldet, 13 für "Treffpunkte" und 15 für "Schulzentrum Lammerberg". Letzteres wird von 2019 an saniert; geht es nach den Jugendlichen, dann wird dort bei dieser Gelegenheit auch jene bereits oberflächlich beschriebene Infrastruktur entstehen, die einen "Treffpunkt"‹ ausmacht. Speziell mit den Aschenbechern würde man sich in eine ehrwürdige Tradition stellen: Als Oberbürgermeister Klaus Konzelmann den Ortsunkundigen im Gremium die Lage der Fachräume erklärte, vergaß er nicht zu erwähnen: "Früher war da der Pavillon, wo wir immer geraucht haben."

Man sieht, es gibt Berührungspunkte – allerdings stößt die Identifikation auch wieder schnell an Grenzen. Auf die schriftliche Aufforderung, sich doch zu beteiligen, hat laut Konzelmann einer von 120 jungen Menschen reagiert. Das fand der OB enttäuschend – und erntete prompt Widerspruch: Städtische Anschreiben, mutmaßte Manuela Heider (Freie Wähler), seien vielleicht nicht das geeignete Medium, um Jugendliche für Engagement – und sei es auch in eigener Sache – zu motivieren. Lara Herter (SPD) verwies darauf, dass Kommunikation zwischen den Generationen im Informationszeitalter eher schwieriger als leichter geworden sei. Was ungesagt blieb: Passive Konsumentenhaltung ist keine exklusive Eigenschaft der Jugend – die Erwachsenen machen es vor.