Auch in Albstadt ist das E-Bike auf dem Vormarsch – allerdings muss die Infrastruktur stimmen. Foto: ©mmphoto – stock.adobe.com

Gemeinderat: Das Radverkehrskonzept der Stadt ist manchen Gemeinderäten nicht ehrgeizig genug

Seit Jahren arbeitet die Stadt Albstadt an einem alltagstauglichen Radverkehrskonzept – eine vorläufiges Fazit ihrer Bemühungen hat sie jüngst im Gemeinderat gezogen. Außerdem will sie sich um die Landesauszeichnung "Fahrradfreundliche Kommune" bewerben.

Albstadt. Ein "Ende der Flickschusterei" hatte die Stadt in Aussicht gestellt, als sie ihr Radverkehrskonzept 2014 auf den Weg brachte – aus fetzenartigen Radwegnetzchen sollte ein Netz entstehen, existierende Radwege sollten nicht länger gute Fahrt versprechen, um dann unvermittelt im Nirgendwo zu enden, und Radfahren insgesamt sicherer werden. Dass das schwieriger werden würde als in Universitätsstädten im Flachland, war klar – aufgrund der Topographie wird Radfahren in Albstadt schneller als anderswo zu sportlicher Betätigung, der Platz für den Wegebau ist knapper als andernorts, und das Auto oder wenigstens der Führerschein gelten vielen als unabdingbare Voraussetzung für ein bisschen Lebensqualität.

Der rote Radweg de luxe ist eher die Ausnahme

So der so, der Radweg ist schon längst kein ausgerollter roter Teppich mehr – mittlerweile dominiert der anfangs nicht sonderlich beliebte "Schutzstreifen", den der Autofahrer im Bedarfsfall dem Radler überlassen muss, es gibt den Weg, den sich Fußgänger und Radfahrer teilen, und manchmal muss auch ein Tempo-30-Schild genügen. In Albstadt wird ferner konsequent zwischen Haupt- und Nebenstrecken unterschieden und der Radfahrer per Wegweiser angewiesen, letztere zu benutzen – von den Magistralen und Ortsdurchfahrten, so die Empfehlung, möge er sich fernhalten.

Wenn es möglich ist – im Ebinger Norden wird es halt eng. Zu den Straßen, die laut der Bilanz der städtischen Verkehrsplanerin Jana Rödder mit Schutzstreifen versehen wurden, zählen daher Langwatte, Schmiechastraße, Bleichestraße und Untere Vorstadt sowie die Hohenzollernstraße. In Tailfingen wurden sie in der Adler- und der Ludwigstraße angezeichnet; als weitere Maßnahmen erwähnt Rödders Bericht den Bau eines Zweirichtungsradwegs in der Tulpenstraße auf Langenwand, zusätzliche Radständer in Tailfingens "Neuer Mitte" und den Bau des Radwegs in der Ebinger Sonnenstraße zwischen Albcenter und Martinskirche.

Weitere Schritte sollen folgen: Der Radweg in der Bleichestraße soll wiedereröffnet, der Schutzstreifen in der Schmiechastraße nach Norden verlängert, die alte Talgangstraße zwischen Truchtelfingen und Ebingen für Radfahrer und Fußgänger reserviert, eine Radverkehrsführung für die Landesstraße 360 zwischen Tailfingen und Onstmettingen entwickelt, der Wegschluss zwischen Katharinenstraße und Bullentäle in Truchtelfingen hergestellt und die Untere Bachstraße in Tailfingen in eine Fahrradstraße umgewandelt werden. Tailfingen bekommt weitere Radschutzstreifen, und zwar in der Heutalstraße, der Pfeffinger und der Neuweiler Straße.

Von wachsender Bedeutung sind außerdem die Ladestellen und sicherer Parkraum für E-Bikes, die sich in einer mit vielen Steigungen gesegneten Stadt wie Albstadt besonderer Beliebtheit erfreuen – auch bei Ganoven. Sabrina Hipp von den Grünen wies in ihrer Stellungnahme zu Rödders Ausführungen darauf hin, dass spätestens mit der Coronakrise die Verkaufszahlen von E-Bikes und Pedelecs "explodiert" seien, und konstatierte großen Nachholbedarf in Sachen Infrastruktur. Das Gleiche gelte für die Sicherheit der Wege zu Einrichtungen wie Kitas, Schulen oder Büchereien. Die Grünen, das ließ sie deutlich erkennen, sind nicht zufrieden mit dem Erreichten; ihr Ziel ist Parität, die Koexistenz auf Augenhöhe von Autofahrern, Radfahrern und Fußgängern. Ehe die erreicht sei, müssten die Autofahrer noch einiges an okkupiertem öffentlichem Raum herausrücken.

Damit waren nicht alle einverstanden. Paritätischer Flächenverbrauch sei ein hehres Ziel, erklärte Udo Hollauer, der Erster Bürgermeister, aber er müsse auch konsensfähig sein. Eben, konterte Hipp, die Bürger müssten halt stärker sensibilisiert werden. Jürgen Kurz von der CDU sieht da gewisse Grenzen – "Die Leute müssen auch irgendwo parken können" – , sein Fraktionschef Roland Tralmer warnte vor Grabenkriegen zwischen verschiedenen Interessengruppen. Ulrike Münster von den Freien Wählern zog das Fazit: "Von der fahrradfreundlichen Kommune sind wir noch ein Stück weit entfernt."