Anwohner des Hufeisens verfolgten die Diskussion im Gemeinderat ebenso wie Einzelhändler und Gastronomen. Foto: Eyrich

Langer und spannender Diskussion folgt Ausgang wie beim Hornberger Schießen. Mit Video

Albstadt-Ebingen - Am Ende steht die Katze auf den alten Füßen – Füße, die freilich noch nie gelaufen sind. Das ist das kuriose Ergebnis einer noch kurioseren Diskussion im Gemeinderat Albstadt am Donnerstagabend.

Im "Hufeisen", dem ältesten Ebinger Wohnviertel, dürfen künftig nur noch Bewohner mit Anwohnerparkausweis für den Bezirk eins parken – wie es der Gemeinderat Albstadt vor Jahresfrist beschlossen hatte. Nach Intervention von Einzelhändlern und Gastronomen sowie dem nachfolgenden Betreiben der CDU-Fraktion hatte die Verwaltung einen deutlich abgemilderten Beschlussvorschlag erarbeitet, nach dem 60 Bewohnerparkplätze in der Kapell- und Pfarrstraße, in jenem Stück des Landgrabens, das sie verbindet, und dem Oberen Stadtgraben vorgesehen gewesen wären. 51 Kurzzeitparkplätze hätten von 8 bis 18 Uhr im Spitalhof, in der Johann-Philipp-Palm-Straße bis zur Höhe Kapellstraße sowie im Landgraben zwischen Pfarr- und Grüngrabenstraße zur Verfügung gestanden. Zudem waren drei Arztparkplätze zwischen Kapellkirche und "M52" – bekannt für die Buchhandlung Osiander und die Albmetzgerei Steinhart – vorgesehen.

Der CDU ging der Vorschlag nicht weit genug: Sie wollte 88 Kurzzeitparkplätze in den genannten Straßen – mit Ausnahme der östlichen Teile der Kapell- und der Pfarrstraße sowie des Oberen Stadtgrabens, und zwar für die Zeit von 9 bis 18 Uhr, dazu einen Arztparkplatz und 25 Bewohnerparkplätze. In der Sitzung erweiterte Fraktionschef Roland Tralmer seinen Antrag noch um die Parkplätze im Landgraben zwischen Pfarr- und Kapellstraße.

Tralmer argumentierte mit der Lage der Einzelhändler und Gastronomen, der "ausreichenden" Zahl der Bewohnerparkplätze, vor allem abends, wenn auch Bewohner die Kurzzeitparkplätze nutzen dürften. Gerade in der Kapellstraße – der Marktstraße am nähesten – brauche es Kurzzeitparkplätze für Kunden. Das Argument von Oberbürgermeister Klaus Konzelmann, dann müsse im Gegenzug wenigstens ein Teil des frisch sanierten Parkplatzes Langwatte für Bewohner freigegeben werden, wollte die CDU nicht gelten lassen.

Susanne Feil (Grüne) wies auf die Chance für das historische Viertel hin, sich zu hin zu einem Quartier zu entwickeln, in dem man "wieder gerne wohnt und arbeitet", sollte der Verwaltungsvorschlag umgesetzt werden. "Ein bisschen verkehrsberuhigt wird nicht funktionieren" – schließlich gehe es nicht nur um den ruhenden, sondern auch um den Parksuchverkehr. Die aufwendige Befragung von Parkenden im Hufeisen, welche die Planungsgruppe Kölz als Basis für den Beschlussvorschlag vorgenommen hatte, bestätige: Die meisten, die im Hufeisen parkten, gäben die Marktstraße als Ziel an – und die sei vom Parkhaus Bürgerturm schneller zu erreichen. "Die Gleichung, dass Parkplätze vor der Haustür Garanten für gute Umsätze sind, geht schon lange nicht mehr auf." Ausschlaggebend sei vielmehr eine hohe Aufenthaltsqualität. "Andernfalls müsste die Hechinger Straße in Tailfingen ein Einkaufsparadies sein." Dort gibt es kostenlose Parkplätze vor den Läden.

"Mehr Bewohner heißt auch mehr Laufkundschaft"

Die Verdichtung von Wohnraum im Innenbereich führe zu mehr Einwohnern – und damit zu mehr Laufkundschaft, doch größere Wohnbauinvestitionen im Hufeisen seien mehr als zehn Jahre her, so Feil weiter. SPD-Fraktionschef Elmar Maute sprang ihr zur Seite: In vielen vergleichbar großen Städten sei der historische Stadtkern verkehrsfrei: "Wer ins Hufeisen geht, will nicht vom Autoverkehr belästigt werden." Zustimmung zum Verwaltungsvorschlag bedeute, "dass Wohnen im Hufeisen wieder attraktiver wird". Außerdem forderte er konsequente Kontrollen – ohne Ansehen des Fahrzeugbesitzers – bei Verstößen. Und drastischere Maßnahmen bei wiederholten.

"Wir wollten, dass die Parksituation für Bewohner besser wird und der elende Parksuchverkehr aufhört", sagte Siegfried Schott (Freie Wähler), der den Konpromiss als "sehr tragfähig" bezeichnete, den CDU-Vorschlag als "Gewichtung zuungunsten der Bewohnerinteressen. "Sinn muss nach wie vor höhere Wohnqualität sein" – und die Voraussetzung "hoher Kontrolldruck. Auch abends und nachts".

Zur Parksituation in Ebingen haben wir auch mit Bürgern gesprochen:

Die Frage von Martin Frohme (SPD), ob nicht ein Anwohnerparkausweis pro Wohnung reiche, beantwortete Michaela Maier, die das Ordnungsamt leitet: Ein Ausweis sei gesetzlich an Bewohner, nicht an Wohneinheiten zu knüpfen. Klaus Konzelmann wies darauf hin, dass der Weg vom Spitalhof zur Marktstraße "ein Katzensprung" sei und Kunden auch in der Grüngrabenstraße parken könnten. Beides seien zumutbare Entfernungen zur Marktstraße.

ZUG-Solistin Elke Rapthel gab zu bedenken, dass 177 befragte Parkende Ziele in maximal 166 Metern Distanz angegeben hätten. "Wenn die Qualität der Ware stimmt, nimmt ein Kunde die auch in Kauf." Die bisherige Parkregelung sei eine "Verbeugung vor dem Individualverkehr", der zudem Luftverschmutzung mit sich bringe. Busse könnten schließlich auch nicht direkt an die Geschäfte fahren.

Harald Lögler (Grüne) wies auf ein Gutachten hin, das der Ebinger Innenstadt kein quantitatives, sondern nur ein qualitatives Defizit an Parkplätzen attestiert hatte. Die Aufenthaltsqualität in der Ebinger Innenstadt gehe – vor allem in Hufeisen und Unterer Vorstadt – "seit Jahren den Bach runter", so Lögler. "Es war ein Fehler, kein Konzept zur Aufwertung des Hufeisens zu machen."

"Das Auto spielt hier eine andere Rolle als in der Großstadt"

Friedrich Pommerencke (CDU) befand, dass das Auto in Albstadt eine ganz andere Rolle für das Einkaufsverhalten spiele als in der Großstadt. "Die Kunden laufen eben nicht!" Klaus Konzelmann konterte: "Es geht nicht um das Einrichten einer Fußgängerzone, sondern um Kurzzeit- und Bewohnerparkplätze."

FDP-Fraktionschef Philipp Kalenbach schlug vor, etwas zu unternehmen, damit Autofahrer das Parkhaus Bürgerturm besser erreichen könnten und häufiger nutzen würden. Freie-Wähler-Fraktionschefin Manuela Heider berichtete, dass sie in Balingen, wo sie arbeite, oft Albstädter treffe, "und die sagen, dass sie wegen der Aufenthaltsqualität kommen – nicht wegen der Nähe von Parkplätzen". Nur wenn Menschen gerne ins Hufeisen kämen, kauften sie auch dort ein.

Jenen unter den Zuhörern, die mehrfach den CDU-Argumenten applaudiert hatten, gab Elmar Maute den Hinweis, dass es vom Parkplatz Langwatte "nur ein paar Schritte" zur Marktstraße seien – und dass mehr Gelassenheit und Optimismus der Diskussion gut täte. Wenn die Umsetzung des Verwaltungsvorschlages sich nicht als der Weisheit letzter Schluss herausstelle, könne man immer noch nachjustieren.

Karlo Frohnert (Freie Wähler) attackierte eine forsche Argumentationsweise von Friedrich Pommerencke, er solle sich "nicht als der Retter des Hufeisens aufspielen". Vor einem Jahr habe auch er – wie alle anderen Stadträte mit Ausnahme von einem – für reines Bewohnerparken im Hufeisen gestimmt. Damals sei die Aussage gefallen, dass der Gemeinderat die Entscheidung dann auch vertreten müse.

Am Ende finden beide Kompromissvorschläge keine Mehrheit

Klaus Konzelmann gab den Einzelhändlern und Gastronomen noch zu bedenken, dass der Verwaltungsvorschlag ein großer Schritt auf sie zu sei, ehe es zur Abstimmung kam. Der CDU-Antrag als der weitestgehende fand elf Befürworter und 17 Gegner. Für den Beschlussvorschlag der Stadtverwaltung – aus Sicht der CDU wenigstens ein Teilerfolg gegenüber dem Beschluss von 2017 – stimmten 13 Stadträte, 15 waren dagegen. Einer enthielt sich.

Da beide Vorschläge abgelehnt wurden, bleibt es bei der 2017 getroffenen Regelung, die bisher noch nicht umgesetzt ist, weil zuerst der Parkplatz Langwatte saniert werden sollte. Künftig dürfen also nur noch Bewohner mit Parkausweis für den Bezirk eins im Hufeisen parken.