Wissenschaft kann auch unterhaltsam sein: Dem Publikum gefiel der "TexIT-Slam". Foto: Kistner

Im Studentenclub "Plan B" wird erstmals ein "Science-Slam" ausgetragen. 107,3 Dezibel bedeuten den Sieg.

Albstadt-Ebingen - Eine Premiere hat am Dienstag die Hochschule Albstadt-Sigmaringen erlebt: Im Studentenclub "Plan B" im Ebinger Haux-Gebäude ging der erste "Science-Slam" in der Geschichte der Hochschule über die Bühne.

Was ein "Poetry Slam" ist, weiß man in Albstadt spätestens, seit den Landesliteraturtagen vor fünf Jahren. Aber "Science"-Slam? Spucken da Rapper stakkatierte mathematische Formeln aus? Oder tragen Softwaretechniker Liebesgedichte an den Rechner vor?

Mitnichten. Der Wissenschafts-Slammer versucht, in einer vorgegebenen Zeit – zehn Minuten! – ein Thema seiner Wahl erstens unterhaltsam, zweitens verständlich und drittens korrekt darzustellen. Sind das, vom Zeitlimit abgesehen, nicht Ansprüche, die Studenten auch an ihre Professoren richten? Mag sein – aber Anspruch und Wirklichkeit stimmen halt nicht immer überein.

Immerhin, den Testlauf beim Albstädter "TexIT-Slam" – der ist eine Koproduktion der Studiengänge "Technische Textilien", "Bekleidungstechnik" und "Technische Informatik", daher der Name – bestreiten, als "Vorläufer", die Professoren Ute Matecki und Jörn Lübben, die sich als Thema die verbalen Schnittmengen von Informatik und Textilien ausgesucht haben; Netzwerk, Software, Oberfläche, Virus – es kommt einiges zusammen. Die beiden werden mit freundlichem, aber nicht frenetischem Applaus verabschiedet: Lehrkraft ist Lehrkraft und Vorlauf Vorlauf.

Danach geht es zur Sache. Der erste Kombattant heißt Marco Stroppel; der Masterstudent und Zweitsemester im Fach Systems Engeneering spricht, nein: "slamt" zum Thema "Evolution der Programmiersprachen". Auf der Beamer-Leinwand zeigt eine Grafik, wie ein Primat über die Zwischenstation Homo sapiens zur wahren Krone der Schöpfung, Homo user, aufsteigt: Der Affe richtet sich erst auf und sinkt dann, vor dem Bildschirm kauernd, wieder in sich zusammen. Es folgt eine Art rasantes Hütchenspiel mit Buchstabenzetteln, Gummibärchen, einem Schokoladehasen, der Ostern überlebt hat, und mit Begriffen: Bit, Pin, Compiler, Assembler. Das Tempo liegt deutlich höher als bei den Profs; zehn Minuten sind wenig Zeit. Wie war die Show? Gut, nur die Verständlichkeit kam etwas zu kurz, aber das lag am Thema. Die Latte lag hoch.

Miriam Scheffelmeier, ebenfalls Masterstudentin und Zweitsemester, jedoch im Fach Textilmanagement, hat es da leichter: Sportbekleidung für Handbiker" ist ihr Thema, definitiv zugänglicher. Handbiker sind Radfahrer, die sich – meist wegen einer Querschnittslähmung – kurbelnd statt tretend fortbewegen. Ihr textiles Problem: Die reguläre Bikerkleidung passt ihnen oft nicht. Sie ist für stramme Waden und den Standardbizeps gemacht, Handbiker aber haben dünne Beine und sind oben Kraftpakete. Zweite Schwierigkeit: Sie laufen stets Gefahr, sich im Sattel wundzuliegen, wenn hohe Nähte drücken. Scheffelmeier illustriert das Problem mit einer Filmsequenz von Meryl Streeps Oskar-Auftritt: Die Diva kratzt sich vor Millionen am Hintern. "Danke für die Demonstration, Meryl" – und Sonderapplaus für Miriam.

Dritte im Slammer-Bunde ist Laura Hellinger, Bachelorstudentin und Sechstsemester im Fach Technische Textilien. Ihr Thema heißt Flammenschutzausrüstung, ihr Auftritt ist überzeugend – aber nicht so spritzig wie der von Miriam Scheffelmeier. Am Ende sprechen die Dezibelzahlen eine deutliche Sprache: 107,3 Dezibel laut ist der Beifall der Kommilitonen für Scheffelmeier, auf 101,2 beziehungsweise 97,2 Dezibel bringen es Hellinger und Stroppel – ein zu vernachlässigender Unterschied, findet die Jury, und vergibt zwei zweite Plätze. Miriam aber erhält als Trophäe eine Wollmütze mit Leuchtdiodenkranz. Wenn einem da keine Lichter aufgehen!