Um Sachlichkeit in der Erörterungsverhandlung in Sachen 110-Kilovolt-Leitung in Laufen haben sich Petra Stark vom Regierungspräsidium (Dritte von links) und Richard Huber von der Netze BW GmbH (Fünfter von links) bemüht. Foto: Hertle

Teilweise emotionale Wortmeldungen bei Veranstaltung. Vertreter von RP und EnBW mühen sich um Sachlichkeit.

Albstadt-Laufen - "Die Masten müssen weg!" So ein mehrfach wiederholter Zwischenruf bei der Erörterung zum Planfeststellungsverfahren in Sachen 110-Kilovolt-Leitung durch Laufen. Vertreter des Regierungspräsidiums und der EnBW mühten sich um Sachlichkeit. Dass es ausschließlich um die von der EnBW beantragte Erneuerung der Freileitung im Bereich Laufen gehen sollte und sonst nichts, stellte Petra Stark, Leiterin des Referats für Recht und Planfeststellung im Regierungspräsidium Tübingen (RP), zu Beginn der gestrigen Erörterung klar. 2009 sei das Planfeststellungsverfahren begonnen und dann ausgesetzt worden, um angesichts der Bedenken der Laufener eine andere Lösung zu finden. "Gegen den Planfeststellungsbeschluss kann geklagt werden", so die Juristin. Die vor kurzem ins Gespräch gebrachte "Variante E" sei nicht Gegenstand des Verfahrens; darüber müssten Ortschaftsrat und Gemeinderat beschließen.

Was ist "Variante E"? Dabei handelt es sich um eine Abart der vom Gemeinderat als zu teuer abgelehnten Variante A, die eine Erdverkabelung rund um Laufen vorsieht. Durch Verkürzung der Kabeltrasse könnten rund eine Million Euro eingespart werden – auf die Stadt kämen Kosten von rund 2,1 Millionen Euro zu. Als "unwesentlich billiger", hingegen bezeichnet Richard Huber, Leiter des Bereichs Hoch- und Mittelspannung im Technischen Anlagemanagement der Netze BW GmbH, früher EnBW Regional AG, die Variante E, die einige Laufener, darunter Ortsvorsteher Peter Landenberger, ausgetüftelt haben und die der Stadt bereits vorliegt.

Das viel zitierte Krefeld-Urteil in Sachen einer 380-Kilovolt-Leitung, für die eine Umweltverträglichkeitsprüfung verlangt werde, "interessiert mich brennend", sagte Petra Stark. Doch liege dieses Urteil noch nicht schriftlich vor. Sie teilte die Auffassung der Stadt Albstadt, dass für die Laufener Leitung eine allgemeine Vorprüfung vorzunehmen sei.

Ein großer Teil ist schon gebaut

Angesichts der Absicht des Unternehmens, einige Masten wenige Meter vom alten Standort entfernt neu zu bauen, entspann sich eine Diskussion um Dienstbarkeiten für das betreffende Grundstück. Huber sah da aber kein Problem. Er verwies darauf, dass die neue Leitung, die von Ebingen nach Dotternhausen führt und in großen Teilen schon gebaut ist, statt zwei nur noch einen Stromkreis hat und die Masten vier Meter höher sind. Dadurch, so sein Kollege Eberhard Schühle, verringere sich die magnetische Flussdichte direkt unter der Leitung von acht Mikrotesla auf die Hälfte; zulässig seien 100 Mikrotesla. Das elektrische Feld durch die Leitung liege gleichfalls weit unter dem Grenzwert und sei in Gebäuden nicht messbar.

Es entzündete sich eine heftige, zum Teil emotionale Diskussion; es ging unter anderem um Grenzwerte in Deutschland, der Schweiz und den Niederlanden, das Summen und Brummen in der Nähe der Leitung, Blitzeinschläge und defekte Computer. Das könne durch Überspannung passieren, so Huber, habe aber nichts mit der Laufener Leitung zu tun. Angeführt wurde auch ein Stromschlag beim Anfassen eines Balkongeländers in der Nähe der Freileitung. Auch das versuchte Huber zu entkräften.

Hart ins Gericht ging Alfred Foelsch mit der Stadt Albstadt und dem Gemeinderat: Die "historische Chance" einer Erdverkabelung für Laufen sei im Gremium "wegen zwei, drei Millionen Euro" vertan worden; "in die Traufgänge und in das ›badkap‹ hat man mehr investiert".

Stadtrat Martin Frohme fragte nach der Gefahr, dass Leitungen vereisen und dadurch reißen, das Strommasten angesichts von zu viel Eis einknicken könnten. Eine Zuhörerin wollte wissen, was passiere, wenn Bäume die Leitung berührten, daraufstürzten oder hinein wüchsen. Huber beschwichtigte sie, dass die EnBW sich die Trassenpflege jährlich 3,5 Millionen Euro kosten und Bäume, die eine Gefahr für die Leitung seien, entfernen lasse. Dass eine Leitung nie reißen und ein Mast nie einknicken könnte, dafür könne er nicht garantieren. "Aber wir bauen auf dem neuesten Stand." Und schließlich könnten auch Erdkabel beschädigt werden, etwa bei Baggerarbeiten.

Stark: Wir müssen uns an die Gesetze halten

Zu einer Liste von Krankheiten, die ihr vorgelegt worden war und die Anwohner betreffen, wollte sich Petra Stark "lieber nicht äußern". Sie fühlte sich "persönlich angegriffen" durch den Vorwurf, dass ihrer Behörde das Wohl der Menschen nicht berücksichtige: "Wir müssen uns nunmal an das halten, was in Gesetzen verankert ist." Huber bekräftigte: Das RP dürfe die Gesetze ebenso wenig beugen wie die EnBW.

Als Willi Beilharz von den "Traufgang-Stromern" aufsprang, nachdem Huber darauf hingewiesen hatte, dass die Menschen schließlich unter der Leitung gebaut hätten, versuchte Martin Frohme zu schlichten und bat um Verständnis für die Laufener. Schließlich sei bei ihnen der Eindruck entstanden, dass "Fauna und Flora mehr wert sind als der Mensch". Beilharz betonte, dass die Leitung nach dem Zweiten Weltkrieg, als viele der Häuser gebaut worden seien, keine Rolle gespielt habe – der sonnige Hang sei damals ein gutes Baugebiet gewesen für viele Heimatvertriebene.

Wie lautet das Fazit? Nun liege der Ball in Albstadt, betonte Petra Stark. Der Gemeinderat muss nun über die Variante E abstimmen, was noch vor der Kommunalwahl der Fall sein könnte – für Laufen wäre es eine neue Chance; vermutlich die letzte.