Gewerbegebiet Hirnau: Wie sehr tangieren die Pläne touristische Einrichtungen?

Das Thema Tourismus spielt in die Diskussion um die Aufstellung eines Bebauungsplanes für das geplante Gewerbegebiet Hirnau hinein. Was sagen die verschiedenen Seiten zu den möglichen Auswirkungen?

Albstadt-Lautlingen. Das Areal rund um das Freizeitzentrum "Badkap" mit Hallen- und Freibad, Saunen und Wellness-Angeboten führen die Gemeinderatsfraktion und der Albstädter Stadtverband von Bündnis ’90/Die Grünen in ihrer "Einwendung zum Entwurf eines Bebauungsplans für das Gewerbegebiet Hirnau, Albstadt-Lautlingen" ins Feld, die Susanne Feil als Fraktionsvorsitzende und Markus Ringle als Stadtverbandsvorsitzender unterzeichnet haben. Darin schreiben sie: "Mit dem geplanten Gewerbegebiet wäre alle Freifläche zu Naherholung südlich von Lautlingen zerstört. Für die Anwohner wäre dies ein unwiederbringlicher Verlust. Ferner bedeutete die Versiegelung des Gebiets auch eine nachhaltige Schädigung des Tourismus." Mit großem Aufwand und "beträchtlichen städtischen Mitteln" sei der Campingplatz beim Badkap realisiert worden. "Weiterhin gibt es Planungen von Investoren, ein Hotel beim Badkap zu errichten." Das Fazit der Grünen: "Die Realisierung von Hirnau in diesem Gebiet würde den Tourismus regelrecht konterkarieren."

"Die Sichbeziehung wird empfindlich gestört"

In ihrem Widerspruch gegen den Bebauungsplan, in dem – ebenso wie bei Feil und Ringle – auch zahlreiche andere thematische Aspekte aufgegriffen werden, gehen auch die Kreisräte Ute Krause und Ulrich Kohaupt sowie wie Kreisvorstandsmitglied Julia Hölle von Bündnis ’90/Die Grünen auf den Erholungswert der Fläche ein und beziehen sich dabei auf den Umweltbericht des Fachbüros "Fritz & Grossmann" aus Balingen, in dem es auf Seite 44 heißt: "Durch die Realisierung des Planungsvorhabens wird ein landschaftlich hochwertiger, siedlungsnaher, nach Osten und Norden hin gut einsehbarer und für die Naherholung relativ gut erschlossener Bereich überformt." Die bauliche Erschließung des Plangebiets führe zu einer "vollständigen landschaftsbezogenen Überprägung" des Gebiets. "Darüber hinaus wird die Sichtbeziehung zum nördlich angrenzenden Freizeitbadgelände des Badkap empfindlich gestört. Hierdurch wird die derzeit bestehende Erholungsfunktion des Plangebietes stark beeinträchtigt."

In ihrem Widerspruch kritisieren Krause, Kohaupt und Hölle, dass für das "neuere Mehlbaum-Siedlungsgebiet", das gegenüber liege, sowie für die dort erst jüngst entwickelten Touristikangebote keine Vorschläge gemacht würden, etwa Anpflanzungen, welche die Sicht auf das Gewerbegebiet Hirnau blockierten. Im Wohngebiet Mehlbaum war erst vor wenigen Jahren eine größere Appartementanlage als Gästebetrieb entstanden, und auch auf dem "Sonnencamping"-Platz stehen Appartements, die an Gäste vermietet werden.

Dass die Ausweisung neuer Baugebiete ein Eingriff in Natur und Landschaft sei, ist Udo Hollauer, dem Bau- und Ersten Bürgermeister in Albstadt, bewusst, wie er betont. Von 13 440 Hektar Gemarkungsfläche seien in Albstadt aber 82 Prozent als Natur- und Landschaftsschutzgebiete ausgewiesen. Hinzu komme die Topographie, und so seien die Flächen für Ansiedlungen begrenzt, das geplante Gewerbegebiet Hirnau die einzige verbliebene Möglichkeit, eine größere Fläche auszuweisen.

Die Schaffung von Arbeitsplätzen in Albstadt sei angesichts der kostenintensiven infrastrukturellen Herausforderungen allerdings "unabdingbar", wolle die Stadt handlungsfähig bleiben.

"Die Kriterien der Gäste sind andere"

Wer die Frage beantworten wolle, inwieweit das Gewerbegebiet den Tourismus und insbesondere den Campingplatz sowie ein Hotel am Badkap tangiere, "der sollte sich zunächst mit den Kriterien auseinandersetzen, was Reisende bewegt, einen bestimmten Standort auszuwählen", so Hollauer. Am Beispiel Hotel seien das laut der Buchungsplattform HRS GmbH vornehmlich die Faktoren kostenloses Internet, ausreichend Steckdosen, geräumige, funktionale Zimmer, griffbereite Büro-Materialien, offene Arbeitsbereiche, szenige Lage inklusive ÖPNV und Parkplätze, die kulinarische Infrastruktur, Raum für Entspannung sowie gute Bilder und authentische Bewertungen auf Buchungsplattformen, flexible Buchung und schnelles Ein- und Auschecken. Die gestellte Frage lasse sich somit letztlich nicht plausibel beantworten, da vielerlei Parameter eine Rolle spielten. "Der Ausblick auf ein Gewerbegebiet Hirnau oder der Ausblick auf unsere Weststadt sowie unseren Ortsteil Lautlingen spielt dabei aber wohl nicht die Rolle, die ihm zugedacht wird", sagt Hollauer. "Dass wir dennoch mit unserer Natur und Landschaft rücksichtsvoll umgehen müssen, ist für uns alle eine Selbstverständlichkeit", betont er. Nicht umsonst sei die Stadt Albstadt auf eigenen Antrag "Modellgemeinde Biotopverbund" geworden, damit eine vorsorgliche Naturschutzplanung als Teil der Gesamtentwicklung berücksichtigt und eine nachhaltige und naturverträgliche Siedlungsentwicklung geschaffen werde. Für das geplante Gewerbegebiet Hirnau sei deshalb eine umfangreiche Bepflanzung, insbesondere im Randbereich, vorgesehen.