Auf drei Linien hat Mathias Rehfeld die Noten niedergeschrieben – zunächst waren es vier gewesen.Foto: Eyrich Foto: Schwarzwälder Bote

Musik von Mathias Rehfeldt hat wohl jeder schon mal gehört, denn der viel beschäftigte Komponist schreibt vor allem für Film und Fernsehen. Klassische Orgelwerke freilich sind seine erste Liebe – und ein solches hat er nun Steffen Mark Schwarz gewidmet.

Albstadt-Ebingen. Organisten, die in der "Bundesliga" spielen, wie er sagt, findet Mathias Rehfeldt nicht in jeder Kirche. In der Martinskirche Ebingen, an der Rensch-Orgel, freilich schon. Mit Kantor Steffen Mark Schwarz verbindet den Sohn des früheren Rottenburger Dom-Organisten Wolfram Rehfeldt zudem eine persönliche und professionelle Freundschaft – und mit der klassischen Kirchenmusik an der Königin der Instrumente nach wie vor eine alte Liebe, wenngleich Rehfeldt inzwischen vor allem für seine Kompositionen für Film und Fernsehen bekannt ist. Ob bei "Terra X" oder "37 Grad", Märchenfilmen wie "Die drei Königskinder", Fernsehserien wie "Dschermeni" und "Walpurgisnacht", großen Dokumentationen wie "Das Antlitz Christi: Die Jesus-Trilogie von Joseph Ratzinger" und "Abenteuer Namibia" oder bei Langfilmen wie "Die Diva, Thailand und wir!" – Mathias Rehfeldt trifft immer den richtigen Ton, um die oft bildgewaltigen Szenen musikalisch auszumalen.

"Alles, was ich je für Orgel geschrieben habe" – in diesem Fall meint der Künstler seine klassischen Werke, nicht die modernen Orgel-Projekte wie "Dark Matter" – hat nun Ruben Sturm, der Rottenburger Dom-Organist, eingespielt, dem Rehfeldt zwei Kompositionen gewidmet hat. Für Steffen Mark Schwarz hat der gebürtige Tübinger die "Suite Bohème" geschrieben – "nicht weil sie inhaltlich mit ihm zu tun hätte", sagt Rehfeldt lachend, sondern weil Schwarz zu jenen Organisten gehöre, die sie auch spielen könnten. Wenngleich ihm beide Arme weh tun nach den stundenlangen Aufnahmen für das rund 25-minütige Stück, wie Schwarz schmunzelnd bekennt.

Rehfeldts Kompositionen, die einen "romantischen Grundgedanken haben und etwas erzählen wollen", sind nichts für Anfänger. "Es ist irrsinnig anstrengend, sie in einem Stück durchzuspielen", sagt Schwarz und schimpft gespielt über "diese vierte Linie" auf dem Notenblatt, die "so viel Aufwand" verursacht habe. "Da hat man wirklich das Gefühl, dass einem ein drittes Auge wächst, und das starrt immer auf diese vierte Linie."

Auch der Tonmeister spielt Bundesliga

Die Aufnahme haben die beiden Freunde in einzelnen Sequenzen aufgezeichnet und sich für den perfekten Ton einen weiteren Bundesliga-Spieler dazu geholt: Tonmeister Thomas Peschel arbeitet in seinem Münchener Studio Wand an Wand mit Rehfeldt, wobei schon mancher Synergieeffekt entstanden ist.

Von der Akustik in der Martinskirche und dem Klang der Rensch-Orgel ist Peschel schlicht hingerissen: Eine "relativ trockene Kirche" sei das, erklärt er mit Blick auf die Ausbreitung der Töne im Raum. "Für solche Aufnahmen ist es gar nicht verkehrt, wenn es nicht so hallt."

Seit Ausbruch der Pandemie, die Konzerte verhindert hat, hat Mathias Rehfeldt "so viel komponiert wie noch nie", berichtet er. Dass die Aufträge für Filmmusik weiter laufen, sichert dem Künstler sein Haupt-Standbein, und die gewonnene Zeit hat er für Kürläufe genutzt, unter anderem die Aufzeichnung der Uraufführung seines "Sonnengesang" überarbeitet, die Steffen Mark Schwarz 2019 dirigiert hatte und bei der die Kantorei der Martinskirche von Rehfeldt an der Rensch-Orgel begleitet wurde.

Nun dürfen sich Freunde seiner ausdrucksstarken Kompositionen also auf neue Aufnahmen freuen, die Rehfeldt auf seinen diversen Kanälen und Digitalplattformen einstellen wird, sobald sie fertig produziert sind – voraussichtlich zu Ostern. Die für 2020 geplante Live-Uraufführung können sie wohl nicht ersetzen, doch er und Schwarz nehmen es gelassen, sind froh, dass nach diversen coronabedingten Verzögerungen wenigstens die Aufzeichnungen endlich möglich waren.

Ruben Sturm hat unter anderem eine Suite und zwei Choralfantasien sowie die "Neun liturgischen Cutscenes" – musikalische Sequenzen zu liturgischen Handlungen im Gottesdienst – eingespielt, die am Sonntag, 7. März, ab 9.30 Uhr im Rottenburger Dom uraufgeführt werden; Anmeldung ist erforderlich. Steffen Mark Schwarz indes genießt die Rekonvaleszenz seiner Arme und Beine, die beim Spiel der "Suite Bohème" außerordentlich gefordert waren, und seiner Augen – wenngleich Rehfeldt auf Wunsch seines Freundes die vierte Linie doch noch gestrichen und die dort platzierten Noten in das oberste System der drei für Orgel üblichen integriert hatte.

Vogelgezwitscher zu Papier bringen ist schwer

Mit der Notation ist das bei Rehfeldt ohnehin so eine Sache. "Beim Komponieren gehe ich meist von Improvisationen aus", erklärt der 34-Jährige. "Irgendwann kommt mir dabei eine Idee, die ich dann weiterentwickele." Drei Wochen Kompositionszeit kommen da pro Stück schnell zusammen. Bei Werken wie "Schwarzer Wald" hat er dann freilich schon seine Liebe Not damit, Töne wie Vogelgezwitscher zu Papier zu bringen. "Das ist Musik, bei der Bilder entstehen", schwärmt Thomas Peschel, und so nimmt es nicht Wunder, dass Mathias Rehfeldt auch regelmäßig Preise einheimst für seine Werke. "Oratio", eingespielt mit der Vokalkapelle der Theatinerkirche München, dem Orchester von St. Kajetan und dem Dirigenten Pater Robert Mehlhart OP, ist 2020 gar als beste klassische Kirchenmusikaufnahme vom weltweiten katholischen Portal "Aleteia" ausgezeichnet worden.

In München wird Ende 2021 dann auch der "Sonnengesang" erneut aufgeführt – die Aufnahme mit der Kantorei der Martinskirche hat Kreise gezogen.

Mathias Rehfeldt fordere die Musiker, die seine Werke aufführen, weiß Thomas Peschel. "Und das ist gut für sie." Rehfeldt kommentiert es mit einem Schmunzeln: "Man will ja nicht nur wandern, sondern auch ab und zu bergsteigen."n www.mathias-rehfeldt.com