Im Dornröschenschlaf: Die Talgangbahntrasse wird seit 1998 nicht mehr genutzt. Foto: Scheck Foto: Schwarzwälder Bote

Talgangbahn: Landkreis lässt Nutzen-Kosten-Index unter neuen Aspekten bewerten

Meterweise Ordner haben Michaela Maier, die Leiterin des Ordnungsamtes, und ihre Kollegin Birgit Wittner seit Herbst 2017 gewälzt. Ihr Auftrag: herausfinden, wie der Wissensstand in Sachen Talgangbahn ist. Denn der Gemeinderat will sich neu positionieren.

Albstadt. Ein Nutzen-Kosten-Index von 2,42 – alles größer "Eins" ist förderfähig – war der Talgangbahn 2001 bescheinigt worden: unter der Voraussetzung, dass sie mit Dieselfahrzeugen betrieben wird. Doch seither ist viel Zeit vergangen und viele Aspekte rund um das Thema Regionalstadtbahn haben sich geändert. Unter anderem die Kostenschätzungen für die Reaktivierung der Talgangbahn als moderne, elektrifizierte Regionalstadtbahn: Hatten sie 2011 noch bei 32,2 Millionen Euro gelegen, gingen Experten 2014 schon von 50 Millionen Euro aus.

Weil der Gemeinderat der Anfrage von Landrat Günther-Martin Pauli vom Sommer 2017 nachkommen und sich äußern will, wie er inzwischen zu einer Reaktivierung der Talgangbahn steht, deren nicht entwidmete Trasse dem Kreis gehört, hat Oberbürgermeister Klaus Konzelmann Ordnungsamtsleiterin Michaela Maier und ihre Kollegin Birgit Wittner beauftragt, alle bisher vorliegenden Zahlen und Fakten zusammenzutragen – sie mussten sich durch "meterweise Ordner" kämpfen.

Das haben sie zwar mit Erfolg getan, dennoch gibt es jede Menge Unbekannte. Vor allem die "Standardisierte Bewertung" des Nutzen-Kosten-Indexes muss neu vorgenommen werden, zumal sich Methoden, Kosten und vermutlich auch die Nachfrage geändert haben. 2001 sei das Projekt Regionalstadtbahn noch nicht so weit gewesen, als dass man es zusammen mit dem Projekt Talgangbahn-Reaktivierung hätte bewerten können, so Maier. Angesichts der hohen Kosten für Letzteres forderten die Zuwendungsgeber – Bund und Land – eine separate Betrachtung der Talgangbahn.

Der Landkreis hat nun das Karlsruher Büro PTV Group mit einer neuen Standardisierten Bewertung der Elektrifizierung zwischen Tübingen und Albstadt sowie der Reaktivierung der Talgangbahn beauftragt, deren Ergebnis erst 2019 vorliegen wird. Klar sei aber schon jetzt, dass die Talgangbahn den Nutzen-Kosten-Index des Gesamtprojekts Regionalstadtbahn nicht verbessere, wie man noch 2001 geglaubt hatte.

Gleichzeitig lässt die Stadt laut Oberbürgermeister Klaus Konzelmann "ergebnisoffen" untersuchen, wie sich die Trasse der Talgangbahn, 8,2 Kilometer lang zwischen Ebingen und Onstmettingen, anderweitig sinnvoll verwenden ließe. Dass die Brücken in der Neuweiler Straße in Tailfingen und in der Unteren Vorstadt in Ebingen zu marode sind, als dass sie weiter genutzt werden könnten, steht laut Konzelmann fest.

Der Erste Bürgermeister Anton Reger gibt außerdem zu bedenken, dass die Rechnung für den Betrieb der Talgangbahn noch obendrauf komme. "Erst wenn die Standardisierte Bewertung vorliegt, kann man Aussagen treffen, wie sich die Kosten auf den Fahrpreis auswirken würden" – von diesem hänge letztlich auch die Zahl der Nutzer ab.

Die Befürworter einer Reaktivierung um Albrecht Dorow seien bei ihm gewesen und hätten es begrüßt, dass der Gemeinderat sich erst positionieren wolle, wenn alle Zahlen auf dem Tisch liegen und feststehe, ob die Talgangbahn nach den Vorgaben von Bund und Land auch heute noch als förderfähig eingestuft werden könne, betonte Konzelmann, dem es wichtig ist, dass der Landkreis die Elektrifizierung der Zollernbahn nicht von der Reaktivierung der Talgangbahn abhängig macht.