Arnold Stadler las am Sonntag im Lautlinger Schloss aus seinem Roman "Rauschzeit". Im Anschluss an die Lesung signierte er seine Bücher. Foto: Weiger Foto: Schwarzwälder Bote

Literatur im Schloss: Arnold Stadler fasziniert die Literaturfreunde mit Wort-Kreationen und Gedanken

Was ist Glück? Eine einfache Frage – doch wie leicht ist sie zu beantworten? Arnold Stadlers Roman "Rauschzeit" befasst sich genau damit.

Albstadt-Lautlingen. Fasziniert haben die Besucher der Reihe "Literatur im Schloss" am Sonntag Arnold Stadler gelauscht, der aus seinem Roman "Rauschzeit" gelesen hat. Die Kulisse des Lautlinger Schlosses, malerisch getaucht in den ersten sonntäglichen Morgensonnenschein, bot für solch einen literarischen Hochgenuss die richtige Kulisse. Stadler, 1954 in Meßkirch geboren, erzählt in seiner ihm eigenen ausdrucksstarken Sprache die Geschichte von Mausi und Alain, deren Liebe im Lauf der Jahre auf der gemeinsamen Wegstrecke irgendwie abhandengekommen zu sein scheint. Eindringlich und mit starker Präsenz beschreibt er, was die Zeit mit einem liebenden Paar macht.

Stadler arbeitet nicht nur aus seinem immensen Wissensschatz heraus, sondern bewährt auch mit schwarzem Humor und formvollendeter Lakonie. Beispielsweise als Alain, der Waldschrat, morgens vor dem Spiegel und im Dialog mit sich selbst, der Frage nachgeht, "ob es nun der Höhepunkt in meinem Leben gewesen sein sollte, dass ich einmal im Fahrstuhl von oben nach unten Yoko Ono begegnet war". Arnold Stadler schreibt charmant, melancholisch und klug von Dingen wie "Rückspiegel-Schmerz", der "Schwarzwaldtannen-Schwermut" oder der Tatsache, dass "Denken eine Art von Heimweh ist". Was für kunstvolle Wort-Kreationen, die lange nachklingen und auf der Zunge zergehen wie Erdbeereis. Aber der Autor sinniert auch darüber, dass "lieben" das schönste aller Tun-Wörter ist.

Wie es mit Mausi und Alain weitergeht? Und was ist Glück? Nachher weiß man es. Arnold Stadler, der Mixturen aus Roman und Fachbuch ablehnt, gibt gerne zu, dass viel von seinem Protagonisten Alain in ihm steckt. Ein vollkommen normaler Umstand, findet er. Außerdem schwärmt der Schriftsteller, im Jahr 1999 mit dem renommierten Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet, im Lautlinger Schloss von seiner Kindheit auf dem Lande. Dem spür- und erlebbaren Wechsel der Jahreszeiten. Den ersten Erdbeeren im Frühsommer, dem ersten Schnee im Winter – intensive Erfahrungen, die ihn bis heute prägen und die viele Kinder – das bedauert er – heutzutage in dieser Form gar nicht mehr machen könnten.

Und was bedeutet Glück für ihn? Arnold Stadler lächelt fein: "Bevor ich darüber nachdachte, wusste ich es. Und Sie wissen es auch."