Vera Hils aus Albstadt weiß von einer alte Kriminalgeschichte. Foto: sb

Sagenhafte Heimat: Vera Hils erzählt eine alte Kriminalgeschichte von der "Stoffelbärbel".

Albstadt-Ebingen - Ja, sie ist sagenhaft, unsere Heimat. Das haben bereits die ersten Einsendungen zu unserer Sommer-Leseraktion gezeigt. Heute beginnen wir mit der Veröffentlichung der Beiträge. Vera Hils aus Albstadt erzählt zum Auftakt eine alte Kriminalgeschichte.

Einen magischen Platz entdeckte ich vor einiger Zeit beim Kohlwinkelfelsen, der nördlich des Gockelers zwischen dem Bärentäle und dem Eibensteig in der Nähe des Onstmerttinger Nägelehauses liegt. In den Felsen, der mitten im Wald liegt, sind eine schwarze Hand, ein Kreuz und die Jahreszahl 1826 eingemeißelt. Hier soll sich ein tragischer Kriminalfall ereignet haben, der in verschiedenen Versionen erzählt wird.

Im Kohlwinkel wurde, wie der Name schon sagt, früher Holzkohle gebrannt. Es herrschte eine große Hungersnot, die viel Elend brachte. Die Familie des Tagelöhners Simon war bettelarm, und seine zweite Frau, die Stoffelbärbel, war hochschwanger. Mit der zehnjährigen Stieftochter Anna Maria, der fünfjährigen Barbara, dem dreieinhalbjährigen Johannes an der Hand und dem eineinhalbjährigen Jakob auf dem Karren ging die Frau, so erzählt man sich, zum Laubsammeln. Im Kohlwinkel gab es viel Laub, das die Leute damals als Streu für ihre Tiere nahmen.

Eine der Versionen erzählt, die Stoffelbärbel habe auf einem Felsvorsprung ihrer Stieftochter die Haare gekämmt und sie dabei in den Abgrund gestoßen. Mit dem Reisigmesser soll sie danach das schwer verletzte Kind getötet haben. Was die Mutter zu einer solchen Verzweiflungstat trieb, kann man heute nur vermuten. Im Onstmettinger Kirchenbuch heißt es: "Gestorben am 13. Mai durch Sturz vom Kohlwinkelfelsen, von welchem sie die Mutter hinabstürzte." Im Totenbuch ist zu lesen: "Sturz vom Kohlwinkelfelsen, auf welchem es Holz lesen wollte." Die Frau verwickelte sich in Widersprüche und gab schließlich die Tat zu. Sie kam ins Balinger Gefängnis, wo sie vier Wochen später ihr Kind zur Welt brachte. Der Junge starb aber, bevor er ein Jahr alt wurde. Die Stoffelbärbel ging, von Schuld gepeinigt und wirr im Kopf, aus Furcht vor einer strengen Strafe freiwillig in den Tod. Sie erhängte sich am 3. August 1826 an ihrer Zopfschnur. Der Witwer Simon hat daraufhin, so die Überlieferung, ein drittes Mal geheiratet, um eine Mutter für seine unmündigen Kinder zu haben. "Diese Tragödie führt mir, meinen Kindern und Enkeln immer wieder vor Augen, wie gut wir es heute haben", schreibt Vera Hils.