Lukas Flöß – eine Schulter in der Hand – hat hinter sich eine nach herkömmlicher Art operierte Schulter-Sehne, die abgeschnürt wird. Dadurch wird sie nicht mehr gut genug durchblutet. "Inovedis" tüftelt erfolgreich an einer Alternative.Foto: Eyrich Foto: Schwarzwälder Bote

Technologiewerkstatt: "Inovedis" verbessert mit seinem Implantat eine längst überholte OP-Methode

Mit einem Produkt, so groß wie der Nagel des kleinen Fingers, will ein Albstädter Startup-Unternehmen Millionen Menschen mit Schulterproblemen helfen. "Inovedis" bekommt dabei selbst Hilfe: in und von der Technologiewerkstatt.

Albstadt-Tailfingen. Wie wichtig das Netzwerk der Technologiewerkstatt Albstadt ist, erfährt Lukas Flöß tagtäglich. Er ist einer der beiden Geschäftsführer der Startup-Firma "Inovedis", die eine Marktlücke in der Medizintechnik ausfüllt.

Entdeckt hatte diese Lücke Stefan Welte, einer von zwei Chefärzten der Orthopädie der Acura-Kliniken Albstadt und Nachbar von Peter Oblak, mit dem Flöß 2008 die Firma Prokon mit Sitz in Ebingen gegründet hatte. Bei einem Treffen erklärte Welte den beiden Prokon-Geschäftsführern Flöß und Oblak, wo er Verbesserungsmöglichkeiten sah, denn bei bisherigen Operationen an der Schulter würden Sehnen am Knochen mit Fadenmaterial refixiert und damit deren Durchblutung abgeschnürt, was oft zu einem erneuten Riss führe. Außerdem sei diese Methode seit einem Vierteljahrhundert nicht grundlegend weiterentwickelt worden.

Welte sieht eine Verbesserung der Einheilung in einem Erhalt der Durchblutung der Sehne. Das winzige Implantat von "Inovedis" mit seinen kleinen Krallen werde nur auf die Sehne aufgesetzt, die sich ausgedünnt und abgelöst habe – die Durchblutung bleibe erhalten. "Die Operationszeit kann dank der neuartigen Technik deutlich verkürzt werden durch Vereinfachung der einzelnen OP-Schritte. "Es ergibt sich sowohl eine geringere Belastung für den Patienten durch die verkürzte OP-Zeit als auch eine geringere Komplikationsrate durch Vereinfachung der OP mit verbesserter Heilung." Finanziell sei die "Inovedis"-Lösung zudem günstiger für Krankenhäuser.

Rund 5,5 Millionen Operationen weltweit pro Jahr: "Inovedis" hat einen großen Markt für sein Produkt, das laut Flöß konkurrenzlos ist, zumal es unter Umständen sogar ambulant eingesetzt werden und ein mehrtägiger Krankenhausaufenthalt damit entfallen könne. Patente für Europa und die USA hat das Albstädter Unternehmen schon zugeteilt bekommen, und Lukas Flöß arbeitet nun an der US-Zulassung, die er in etwa zwei Jahren erwartet – in Europa werde es wohl noch länger dauern, denn zuvor stehe eine klinische Studie an der OCC Tübingen an – der dortige Professor Kasten operiert bis zu 300 Schultern im Jahr und verstärkt den "Inovedis"-Beirat.

"Die Technologiewerkstatt hilft uns maßgeblich", betont Flöß, der seit 2019 sein Büro in dem Co-Working-Gebäude hat, "hauptsächlich mit ihrem Netzwerk." Denn Entwicklung und Zulassung des Implantats, obwohl so winzig, erforderten "Unmengen Geld", und einer der drei Investoren sei über die Technologiewerkstatt vermittelt worden. Hinzu kämen weitere wichtige Kontakte und mancher gute Rat.

Und nicht zuletzt: die Infrastruktur. "Als wir Prokon gegründet haben, mussten wir erst einmal vieles anschaffen – von der Kaffeemaschine bis hin zum Drucker – hier ist alles schon da", freut sich Flöß, der bei "Inovedis" auch Teilzeitkräfte für Qualitätsmanagement und Technik beschäftigt.

Wie geht es nun weiter für das junge Unternehmen? Da sieht Lukas Flöß verschiedene Möglichkeiten. Plan A: Das Patent für das Implantat könnte die Firma nach Entwicklung und Zulassung verkaufen, zumal Produktion und Vertrieb andernfalls aufgebaut werden müssten. Genau Letzteres ist als Plan B allerdings im Gespräch. Das einzige Problem: "Mit einem Produkt alleine ist es sehr schwierig, zu bestehen", sagt Flöß.

Da passt es gut, dass "Inovedis" sich ohnehin als "Innovationsschmiede" im medizinischen Bereich etablieren will, steht doch schon der Name für Innovation und Medizin. "Hat man einmal verstanden, wie man ein medizinisches Produkt entwickelt und zulässt, bietet das unendliche viele Möglichkeiten", sagt Lukas Flöß. Dann zwinkert er und betont: "Die nächste Produktidee habe wir schon."