Renate Musat spielte eine ergreifende Partita von Johann Sebastian Bach in der Martinskirche. Foto: Eyrich Foto: Schwarzwälder Bote

Ostern: Geistliche setzen die Osterbotschaft in den Kontext der heutigen Zeit / Gegen Ellenbogenmentalität

Ausgebucht waren mancherorts die Gottesdienste und kirchlichen Feiern rund um die Kar- und Ostertage. Besondere Akzente haben dabei Solisten und Musikgruppen gesetzt. Ein Streifzug.

Albstadt. Renate Musats Leistung an der Violine, als sie am Karfreitag in der evangelischen Martinskirche in Ebingen die Partita in d-Moll von Johann Sebastian Bach spielte, wäre auch so eine außergewöhnliche gewesen, gehört das Werk doch zu den besonders anspruchsvollen Kompositionen des Leipziger Thomaskantors. Dass die Violinistin sich im vergangenen Jahr ausgerechnet den rechten Arm schwer verletzt hatte und dennoch mit Ausdauer und viel Feingefühl den musikalischen Marathon und die feinen Koloraturen gemeistert hat, machte ihre Leistung um so größer.

Pfarrerin Gisela Pullwitt setzte den Todestag Jesu Christi in Beziehung zum einsamen Tod vieler Covid-19-Patienten und das vermeintliche "Scheitern des großen Projekts", an das Jesu Jünger geglaubt hatten, in Beziehung zur Pandemie: Die Katastrophe sei nicht wie ein Unwetter gekommen, so Pullwitt. Die Welt gerate aus den Fugen, und doch täten viele so, als ginge das nur Politiker und Militärs an. "Corona regt viele nur auf, weil es sie an der Ausübung eigener Bedürfnisse hindert." Dabei habe es viel damit zu tun, wie die Menschen mit der Welt und den Tieren umgingen: "Es muss immer erst eine Katastrophe passieren, damit wir merken, dass wir alle in einem Boot sitzen."

Für Pfarrer Jörg Sauter war die Osternachtsfeier in der katholischen Pfarrkirche St. Johannes Baptista in Lautlingen eine besondere, konnte er doch nach längerer Krankheit erstmals wieder einen Gottesdienst zelebrieren, zusammen mit Diakon Michael Weimer. Vor dem Hauptportal loderte das Osterfeuer und drinnen gestaltete eine kleine Schola die Feier musikalisch – ebenso wie in der katholischen Kirche St. Elisabeth in Tailfingen, in die Pfarrer Hans-Joachim Fogl bei Dunkelheit mit der Osterkerze einzog und die Kirchenmusikerin Theresa Hinz auch nach der spirituell ergreifenden Osternachtsfeier noch mit besonders lebendigem Orgelspiel erfüllte.

Drei Frauen – Maria, die Mutter Gottes, Salome und Maria von Magdala – stellten Susanna Gärtner, Stefanie Ambros und Tanja Sieber in einem Anspiel in der Martinskirche in den Mittelpunkt des Gottesdienstes am Ostermorgen. Während sich die Jünger Jesu "frühzeitig aus dem Staub gemacht" hätten, seien die Frauen bei Jesus geblieben. "Schade nur", dass die Kirche von diesem "Liebeszeugnis" so viel vergessen habe, betonten die drei Frauen, ehe Pfarrerin Nicole Gneiting den Gedanken vertiefte: Auch heute seien es überwiegend Frauen, die in der Pflege, in Altenheimen oder zu Hause, sowie in der Hospizarbeit "ganz selbstverständlich" für andere da seien. "An Ostern gehen sie uns voraus: mutig und stark", betonte Nicole Gneiting. "Sie bleiben an Jesu Seite, auch wenn die Massen ihn fallen lassen."

"Ostern ist der Einspruch Gottes gegen unsere Vorstellung von Macht und Sieg"

Mit Blick auf die weltweite Verfolgung von Christen erinnerte die Pfarrerin daran, dass viele lieber stürben als ihren Glauben zu verleugnen. Die Gläubigen ermutigte sie, den ersten Schritt zu wagen, auch wenn die Welt um sie herum noch dunkel sei, denn Gott schicke Boten zu jenen, die losgingen – so wie er den Frauen an Jesu Grab Engel geschickt habe. Begleitet von frohen Klängen wurde die Feier vom Blechbläser-Ensemble des Städtischen Orchesters Albstadt und Kantor Steffen Mark Schwarz, der – selten – schon am Karfreitag seine kraftvolle Stimme zum Spiel auf dem Harmonium im Altarraum hatte erschallen lassen. Zu Ostern erklang sie von der Empore zum festlichen Spiel auf der Rensch-Orgel. Ulrike und Michael Klie, die zum Flötenspiel ihrer Kinder Käthe und Samuel sangen, begleitete Schwarz am E-Piano.

Die evangelische Vikarin Lydia Holm hatte sich für ihren Gottesdienst am Ostermontag am Waldheim Tailfingen musikalische Verstärkung in Person des Ensembles "Messingrüssel" und des Singteams gesichert und hob in ihrer Predigt hervor, dass es ein "zartes, schwaches, Schutz brauchendes Lämmchen" gewesen sei, das an Ostern den Sieg davongetragen habe. "In unserer Welt müssten Wolf oder Bär die Siegesfahne tragen", sagte Holm mit Blick auf die "Ellenbogenmentalität" in der Welt. "Ostern ist der Einspruch Gottes gegen unsere Vorstellung von Macht und Sieg – der Sieg der Liebe Gottes über die Macht des Bösen."