Tanja Wachter, die Leiterin der Stadtbücherei Albstadt, erstattete Bericht – vor liegt ein Ausleihangebot, das sich besonderer Beliebtheit erfreut: ein "Tonie", ein Würfel mit Püppchen, der singen und erzählen kann.Foto: Kistner Foto: Schwarzwälder Bote

SKSS: Die Stadtbücherei Albstadt muss sich eine neue Rolle suchen, wenn sie eine Zukunft haben will

Rechenschaft über die Arbeit des Jahres 2019 hat Tanja Wachter, die neue Leiterin der Stadtbücherei, gegenüber dem Gemeinderatsausschuss für Soziales, Schule, Kultur und Sport (SKSS) abgelegt. Die Zukunft kam dabei auch zur Sprache – Wach-ter fand deutliche Worte.

Albstadt. Die Ausleihzahlen gehen zurück, und zwar nicht nur in Albstadt, sondern überall im Land – Netflix, Sky, Spotify, Youtube und was es sonst noch gibt, laufen den traditionellen Medien, zu denen längst nicht mehr nur das Buch zählt, den Rang ab. Weit entfernt davon, dieses abzulösen, gehören die elektromagnetischen Datenträger, die silbernen Scheibchen inzwischen selbst zum alten Eisen. Was will man da noch verleihen?

Um die Büchereien ist Tanja Wachter gleichwohl nicht bange, vorausgesetzt, sie akzeptieren den Wandel und versuchen in der neuen Zeit eine neue Rolle zu finden. Was für eine? Gastfreies Haus, Aufenthaltsort, Spielwiese – es ist ja nicht so, dass niemand in die Albstädter Büchereien käme, aber die Kundschaft nimmt nichts mit, vielmehr bringt sie sogar Dinge mit. Ihre Hausaufgaben zu Beispiel – als Ort, wo man die zusammen mit den Freundinnen und ungestört von Eltern und kleinen Geschwistern machen kann, ist die Stadtbücherei durchaus erste Wahl. Und auch junge Mütter kommen gerne – ihre Kinder studieren Bilderbücher oder nehmen das Spielhaus in Beschlag; sie selbst nutzen die Gelegenheit zum Schwatz. Natürlich gibt es aber auch die Traditionalisten, die älteren Herren, die nur wegen der Zeitung erscheinen und ganze Vormittage lang hinter hier verschwinden. Medienkonsum, ganz klar, aber der Schwerpunkt verschiebt sich – weg vom gedruckten oder gepressten Angebot, hin zu unangestrengter und unaufgeregter Geselligkeit.

Wie reagiert man auf die veränderte Bedürfnislage? Wer Freiraum will, der soll ihn haben – im Zuge der anstehenden Umgestaltung möchte Tanja Wachter im Erdgeschoss einen "Raum in Raum" schaffen, der nicht etwa möbliert ist, sondern leer und damit bereit, vom Benutzer selbst gefüllt zu werden: Kreativangebote schweben ihr vor, Spiele oder auch Gastspiele – beispielsweise hat sie Christoph Abt vom Kreismedienzentrum eingeladen, mal seinen 3D-Drucker vorzuführen. Noch weiter geht freilich die Vision vom Medienzentrum mitten in der Innenstadt – Heidenheim hat es vorgemacht. Raus aus der Randlage in der Johannesstraße, rein in die Stadt; dann wäre das Publikumsinteresse noch einmal ein ganz anderes. Das Projekt ist Teil des Stadtentwicklungskonzepts 2030 – allerdings, erklärte Oberbürgermeister Klaus Konzelmann, habe sich trotz zahlreicher Leerstände bisher kein geeignetes Haus gefunden.

Lesepaten für Kinder Lesezirkel für Senioren

Zukunft dürfte aber auch manches andere haben, das im Rechenschaftsberichte auftauchte. Vor allem jene Serviceleistungen, die übers Medienhorten hinausgehen: die Führungen für Kindergarten- und Schulkinder, Crash-Kurse in Sachen Internetrecherche, Schulungen für Lehrkräfte, das gemeinsame Gaming unter dem Label "Game2Gather", die E-Sprechstunde, das Referat-Coaching für die älteren Schüler und der Abitur-Support, der jetzt vor der mündlichen Prüfung wieder fällig wird. Für die Kinder gibt es Lesepaten, Lesemäuschen und die Lesebande, für Senioren den Bringdienst des "Medienboten" in Tailfingen den Lesezirkel, und für die Literaturfreunde, die noch lange nicht ausgestorben sind, das "Büchersofa" von Ursula Baumgärtner. Und, natürlich, jede Menge Bücher.