Manuela Früholz Foto: Archiv Foto: Schwarzwälder Bote

Coronakrise: HGV appelliert an die Kunden, Lieferangebote in Anspruch zu nehmen

Seit Mittwoch sind alle Geschäfte geschlossen, deren Warenangebot der Gesetzgeber nicht als unentbehrlich für die Daseinsvorsorge erachtet. Albstadts ohnehin schon gebeutelten Einzelhandel trifft es hart. Aber er lässt sich nicht unterkriegen.

Albstadt-Ebingen. Wer Schuhe, Textilien, Staubsauger, Lampen, Brillen oder Bücher verkauft, der darf sein Geschäft bis auf weiteres nicht mehr öffnen. Er macht keine Umsätze mehr und bekommt kein Geld in die Kasse – aber die Kosten für Miete, Heizung, Strom und Wasser laufen weiter, das Personal will bezahlt sein, langfristig abgeschlossene Wartungsverträge bleiben in Kraft, und die Banken bestehen auf den vereinbarten Zahlungen.

Damit werden die Probleme, die der Einzelhandel ohnehin schon hat, noch drängender. Von den mittelständischen Industrieunternehmen der Region mag das eine oder andere genug monetären Speck auf den Rippen haben, um einen Konjunktureinbruch zu überstehen, aber den Einzelhandel treffen die Vorkehrungen gegen die Krise nicht nur mit voller Wucht, sondern auch in angeschlagenem Zustand: Schon seit Jahren verliert er mehr und mehr Marktanteile an den Online-Handel, die Reserven sind schmal, und jetzt geht die Angst um, dass die Kundschaft die Schließungen als Aufforderung oder Lizenz verstehen könnte, vollends zu Amazon, Zalando und Co. abzuwandern.

Der Ebinger Einzelhandel will angesichts dieser Zwangslage in die Offensive gehen. Christian und Heinrich Riethmüller, Firmenchefs von Osiander und damit Betreiber von Albstadts größter Buchhandlung, haben sich bereits am Donnerstag mit der Bitte an die Kundschaft gewandt, "sich solidarisch zu zeigen mit den Unternehmen in Deutschland, die hier Arbeitsplätze schaffen, Steuern bezahlen, sich am kulturellen Leben mit einer großen Zahl von Veranstaltungen beteiligen und soziale Einrichtungen vor Ort unterstützen". Und weiter: "Unser Appell an Euch alle: Bestellt bei inhabergeführten und/oder mittelständischen, regionalen (Familien-) Unternehmen [...] und unterstützt den innerstädtischen Einzelhandel, wenn die Läden wieder geöffnet werden dürfen, denn: Onlinebestellungen bei Multinationals finanzieren unsere Krankenhäuser oder Schulen nicht!"

Ganz ähnlich dürfte auch der Inhalt der Zeitungsannonce ausfallen, die der Handels- und Gewerbeverein (HGV) Albstadt-Ebingen in den kommenden Tagen schalten möchte. Wie seine Vorsitzende Manuela Früholz auf Anfrage des Schwarzwälder Boten mitteilt, sind die Mitgliedsbetriebe nicht erst seit der vergangenen Woche darauf eingerichtet, Ware ins Haus zu liefern – wenn die Tür zu bleiben muss, dann wird das Liefergut halt davor platziert. Ob gegen Vorkasse oder – wie im Falle des Café Früholz – auf Monatsrechnung, das lässt sich vorab telefonisch oder per Mail klären.

Retten werden diese Appelle den Einzelhandel nicht, auch wenn sie erhört werden sollten. Manuela Früholz hofft inständig, dass die versprochenen Finanzspritzen aus dem Bundeswirtschaftsministerium schnell kommen und unbürokratisch gewährt werden – und dass der eine oder andere Vermieter sich als flexibel und solidarisch erweist: Einen entsprechenden Aufruf haben dieser Tage etliche Kommunen und die Kammern an die Branche gerichtet. Sollten die Hoffnungen trügen, dann könnte das, was derzeit geschieht, Vorgeschmack einer trübseligen Zukunft sein: Leerstand und verödete Innenstädte. Dauerhaft.