Alfred Stauß mit einem Familienbuch. Heute wird er 90 Jahre alt – man sieht sie ihm nicht an. Foto: Schwarzwälder Bote

Jubiläum: Alfred Stauß aus Ebingen feiert heute seinen 90. Geburtstag – und ist "umtriebig" wie eh und je

Albstadt-Ebingen. "Wer so lebt, dass er mit Vergnügen auf sein vergangenes Leben zurückblicken kann, lebt zweimal". Diese Sentenz des Kirchenvaters Augustinus bringe seine Lebenskunst auf eine prägnante Formel, sagt Alfred Stauß. Wobei sich seine Aktivitäten keineswegs in der Rückschau erschöpfen: Nach wie vor nimmt er lebhaftes Interesse am öffentlichen und politischen Geschehen, und zwar nicht nur passiv: Zu den "Zaungästen" der Gemeinderatssitzung in der vergangenen Woche zählte auch Alfred Stauß. Da war er noch 89 – heute wird er 90 Jahre alt.

Alfred Stauß ist zusammen mit vier Brüdern in Ebingen aufgewachsen. Schon früh wurde er Vollwaise; nach der Schulzeit absolvierte er eine Bauzeichnerlehre als Bauzeichner bei der Stadt Ebingen. Dabei beließ er es aber nicht: Durch Baupraktika in den Metiers von Zimmermann und Maurer machte er Bekanntschaft mit der praktischen Seite des Hochbaus, und seine theoretischen Kenntnisse erweiterte er durch die Arbeit für einen Architekten. Was unter an derem dem CVJM Ebingen, dessen Mitglied Alfred Stauß war, zugute kam: Als 1951 die Hütte auf dem Heersberg entstand, hatte Stauß an Planung und Bau maßgeblichen Anteil.

Der nächste Schritt wäre ein Studium gewesen, doch erstens fehlte dem jungen Mann dafür das Geld, und zweitens plagte ihn das Fernweh: 1953 folgte er seinem Bruder, der nach Chile ausgewandert war. Vier Jahre verbrachte Stauß in Südamerika; 1957 kehrte er nach Deutschland – und jetzt ging er an die Hochschule: In Stuttgart absolvierte er ein Bauingenieurstudium und trat anschließend in die Dienste der Gemeinde Bitz: Elf Jahre lang versah er in der Albgemeinde die Aufgaben des Ortsbaumeisters; danach war er 14 Jahre lang für die Gemeinde Bisingen tätig. 1958 hatte er Emma Maier aus Burgfelden geheiratet; die beiden haben einen Sohn und eine Tochter.

1987 ging Alfred Stauß in den Ruhestand – und fand nun die Zeit, sich eingehender mit so manchem zu beschäftigen, "womit ich nicht einverstanden war". Alfred Stauß besitzt einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn – vielleicht, sagt er selbst, weil er im Sternzeichen Schütze geboren sei – und hat sich nie gescheut, wider den Stachel zu löcken. Unter anderem war er Aktivist im Förderverein Ehestetten; dass die Stadt seinerzeit darauf verzichtete, die Talaue südöstlich von Ebingen als Industriegebiet auszuweisen, war unter anderem seinem Engagement zuzuschreiben. An der Diskussion um den Sprengplatz der Bundeswehr auf dem Truppenübungsplatz Heuberg beteiligte er sich mit Leserbriefen; in der Debatte über die geplante Müllverbrennungsanlage der Firma Korn bezieht er ebenso Stellung wie in der über die Zukunft der Friedhofskapelle Ebingen. Auch zu den Verkehrsinseln in der Leibnitzstraße, in der er seit 1972 wohnt, hat er sich in der Vergangenheit pointiert geäußert – den dafür erforderlichen Sachverstand konnte ihm nie jemand absprechen.

Wobei er auch auf einem ganz anderen Gebiet äußerst beschlagen ist, nämlich Genealogie: Sein Lebenswerk, das 2016 veröffentlichte zweibändige Ebinger Familienbuch, hat nicht weniger als 1600 Seiten. "Ahnenforschung innerhalb eines Zeitraums von 310 Jahren ist damit ohne größeren Aufwand möglich", konstatiert er zufrieden. Dass ihn die Historie fesselt, davon legt auch sein ehrenamtliches Engagement Zeugnis ab: Alfred Stauß zählte 1962 zu den Gründungsmitgliedern des Ebinger Heimatmuseums.

Fazit: Alfred Stauß hat im Lauf von 90 Jahren einiges zuwege gebracht – und rechnet das Verdienst daran auch seiner Frau Emma an, die ihn stets unterstützt habe. Diese wiederum resümiert: "Mein Mann ist eine umtriebige Natur und hat immer wieder versucht, etwas Positives zu erreichen." Treffender kann man es nicht sagen.