Klaus Richert, Außenstellenleiter des Forstamts, im Buchenwald: Die hohen Bäume im Hintergrund sind über den Zenit; sie verkraften die Trockenheit schlechter als das etwa zehn Jahre alte Stangenholz, das nachkommt. Foto: Kistner

Nach dem dritten Dürresommer sind die Schäden unübersehbar. Douglasie ist im Kommen.

Albstadt - Der Sommer ist vorüber, der Forst zieht Bilanz, und die Bilanz ist verheerend – auch in Albstadt sind die Folgen von drei heißen, trockenen Sommern in Folge nicht mehr zu übersehen. Vom Geldbeutel ganz zu schweigen.

 

Die Schäden mögen andernorts, im Neckartal oder in den norddeutschen Bundesländern, augenfälliger sein; dort steht stellenweise ein verdorrter Baum neben dem anderen, während die Malaise auf der Alb sich "nur" durch lichte, schüttere Kronen und Wipfel zu erkennen gibt.

Aber der Befund ist eindeutig: Die Fichten, die als sogenannter "Brotbaum" der heimischen Waldwirtschaft oft an Standorten stehen, wo man sie unter natürlichen Bedingungen nicht antreffen würde, leiden massiv; als Flachwurzler kommen sie besonders schlecht an Wasser heran, und sobald sie schwächeln, nutzt der Borkenkäfer das gnadenlos aus. Aber auch für die Buche, die sich in deutschen Mittelgebirgen im vielberufenen "Optimum" befindet, sind die Bedingungen mittlerweile alles andere als optimal.

36 Prozent des Einschlags in den heimischen Wäldern fällt 2020 unter die Kategorie Schadholz respektive "ZN – zufällige Nutzung". Zum Vergleich: 2015 waren es vier Prozent, 2018 – im ersten Dürrejahr – 14 Prozent, 2019 dann sogar 48 Prozent.

Letztere waren allerdings zu einem guten Teil auf den Schneebruch im Januar zurückzuführen, der zwar auch als Folge des Klimawandels angesehen werden kann, denn für Nassschnee sollte es auf der Alb im Januar eigentlich zu kalt sein, aber trotzdem eine Ausnahme darstellte. Wenn man ihn berücksichtigt, dann wird klar, was die 36 Prozent von 2020 bedeuten: "Eine Katastrophe", sagt Klaus Richert, der Leiter der Außenstelle Albstadt beim Kreisforstamt.

Die Preise sind im freien Fall

Die Katastrophe ist auch eine ökonomische. Die Zeiten, da die Gemeindekämmerer über dank Baumboom und Hackschnitzelnachfrage steigende Holzpreise frohlocken durften und der Gemeindewald der Stadt Albstadt Einnahmen in einer Größenordnung von 700 000 Euro im Jahr bescherte, sind lang vorbei; die Preise befinden sich im freien Fall, und ein Ende ist nicht abzusehen. Fichtenstammholz brachte noch vor wenigen Jahren 100 Euro pro Festmeter; heute kriegt man es für die Hälfte. Der Durchschnittspreis aller Holzsortimente liegt mittlerweile bei etwa 30 Euro; es waren einmal doppelt so viel.

Die Albstädter bekommen dabei natürlich zu spüren, dass es dem Wald in anderen Gegenden Deutschlands und Europas noch wesentlich schlechter geht. Das Schadholz, das dort anfällt, drückt, da der Holzmarkt längst ein überregionaler, ja globaler Markt ist, auch hierzulande die Preise. Auskömmlich sind sie inzwischen vielfach nicht mehr.

Was können die Förster in dieser Situation tun? Kurzfristig gar nichts. Sie können lediglich durch rasche Schadholzabfuhr und -verarbeitung dafür sorgen, dass der Borkenkäfer sich nicht noch breiter macht – was, da die kranken Bäume ja meistens nicht so stehen , wie man es bräuchte, zusätzliche Arbeit und Kosten verursacht.

Fremdländische Exoten im deutschen Wald?

Die Diskussionen darüber, ob man fremdländische Baumarten wie die Atlaszeder oder den amerikanischen Tulpenbaum im deutschen Wald ansiedeln sollte, verfolgt Klaus Richert mit Interesse, aber wirklich relevant findet er sie nicht: Einen Wald kann man nicht über Nacht umbauen; flächendeckende Pflanzungen kosten viel Geld, das der Forst nicht hat, und schlagen nicht selten fehl. "Wir müssen mit dem arbeiten, was da ist."

Das bedeutet: auf natürliche Verjüngung und auf eine möglichst hohe Artenvielfalt setzen – mag sein, dass die Fichte kränkelt und die Buche schwächelt, aber auf vielen Standorten wäre dennoch die Buche der geeignete Ersatz für die Fichte. Auch der Ahorn käme in Betracht, die Esche fällt dagegen wegen des Pilzes aus, die Eiche braucht viel Licht und noch mehr Zeit.

Ein Hoffnungsträger ist dagegen die Douglasie, die sich längst das Heimatrecht in Albstadts Wäldern erworben hat: Die ältesten Exemplare sind mittlerweile über 70 Jahre alt und in der Fruktifizierungsphase – in einem Truchtelfinger Bestand haben jüngst schwindelfreie Profis Zapfen in den bis zu 40 Meter hohen Kronen geerntet; dabei kamen bis zu 200 Kilo pro Exemplar zusammen.

Die wandern jetzt in die staatliche Klenge in Nagold; die Samen bekommen die Albstädter zurück, um sie auszusäen. Der Douglasie gehört die Zukunft.