organ@school2017: Schüler setzen sich mit Luther auseinander und präsentieren ihr Wissen in Resonanz
Beeindruckend vielseitig waren die Arbeiten für das Forschungsprojekt "organ@school2017", die Schüler dreier Schulen zum Auftakt des gleichnamigen Orgelsymposiums präsentiert haben. Der Rote Faden: Mensch Luther!
Albstadt-Ebingen. Wir wirkt der reformatorische Gedanke heute fort? Worüber hat Luther bei Tisch gesprochen? Und welche Schwierigkeiten waren mit seiner Bibelübersetzung verbunden, welche Fehler die Folge? Schüler der Schlossberg-Realschule und des Gymnasiums Ebingen sowie der Realschule Meßstetten haben sich all das genauer angeschaut für das Projekt "organ@school2017", initiiert vom Ebinger Martinskantor Steffen Mark Schwarz, und ihre Ergebnisse unter dem Motto "Wissen in Resonanz" in der Martinskirche vorgestellt.
Luther – "wer war dieser Typ überhaupt?" Ein äußerst lebensfroher, den sich seine Familie und Freunde so gar nicht im Kloster vorstellen konnten. Das haben Schüler von Ute Leins an der Schlossbergrealschule herausgefunden und das in die heutige Zeit übersetzt, was den Reformator in seiner Zeit bewegt hat, wobei sie Geschichtliches – die damalige Vielstaaterei, die Pest, das Analphabetentum und Informationen zum Ostmittelhochdeutschen, Luthers Sprache – mit einfließen ließen.
Die Zuhörer erfuhren, was Luthers Hauptkritikpunkt an seiner Kirche war: der Ablasshandel. Und was – eben deshalb – die zentrale Botschaft seiner 95 Thesen war: die Rechtfertigungslehre. "Der Mensch erlangt Gerechtigkeit allein durch die Gnade Gottes, nicht durch gute Werke."
"Das Gemurmel des Priesters am Altar und das Gemurmel der Gemeinde" seien ihm ein Gräuel gewesen, so die Schüler. Daher habe er die Bibel übersetzt, um Gottes Wort jedem zugänglich zu machen, und mit seinen Kirchenliedern – leicht zu merken, da er sich oft Melodien bekannter Volkslieder bediente – die Gläubigen zum Singen gebracht, damit sie besser bei der Sache seien. "Musik tut dem Teufel weh" – Luthers Credo.
Für heutige Ohren höchst humoristisch
Aus den für heutige Ohren höchst humoristischen Tischreden Luthers, ausgewählt von Lehrer Christoph John – ein Originalbuch von 1576 hatte er mitgebracht – lasen Lea Gringel und Claire Sebera vor, die diese im Gymnasium Ebingen studiert hatten. Ebenso erstklassig präsentierten Katharina Müller und Lea-Katharina Scherl vom Gymnasium Ebingen ihre Arbeit, in der sie sich mit den Phänomenen der Resonanz befasst hatten und vor dem Hintergrund der Übersetzungsfehler die rhetorische Frage stellten, ob das Wort Gottes überhaupt verschriftlicht werden dürfe. Stefanie Doldingers Kursstufen-Schülerinnen hatten sich auch mit Übersetzungen und den Formen der Kommunikation beschäftigt – und festgestellt, warum Übersetzungsfehler passieren: Weil jeden Menschen eigene Emotionen, Erinnerungen und Empfindungen prägten. Die erste Übersetzung sei bereits die vom Gedanken zum Wort. Zudem habe Luther die Autoren des Neuen Testaments nicht mehr befragen und somit auch nicht prüfen können, wie es in einem "völlig anderen historischen Kontext" zu verstehen sei.
Auf einer Wandzeitung hatten die Schüler zudem Bibelübersetzungen einander gegenübergestellt und deren Unterschiede herausgearbeitet. Die Darstellung zeigte auch klassische Beispiele von Übersetzungsfehlern: Was Luther als "Kamel" bezeichnete, das eher durch ein Nadelöhr gehe als dass ein Reicher ins Reich Gottes gelange, müsste eigentlich ein "Schiffstau" sein. Irren ist menschlich – und Martin Luther war eben auch nur ein Mensch.