Andreas Laudwein (links) und Ian Fisher sind ganz tief versunken in ihre Musik. Fotos: Eyrich Foto: Schwarzwälder Bote

Alte Schule: Die Welt zu Gast im einstigen Klassenzimmer – und Paul Abt ist schuld

Wer glaubt, an einem Montagabend könne man in Burgfelden nichts erleben, der kennt Ian Fisher noch nicht. Der Sänger und Songwriter aus den USA hat Vorfahren aus Harthausen und ist daher mit Stefanie Doldinger verwandt – irgendwie.

Albstadt-Burgfelden. Es war einmal ein Harthauser namens Paul Abt. Der traf Freunde auf der Straße, die ihm sagten, dass sie in die USA auswanderten. Deshalb nahm er seinen Hut und ging mit. Um 1900 herum muss das gewesen sein, berichten Ian Fisher und Stefanie Doldinger. Deren Ur-Oma war damals – anders als ihr Bruder – auf der Alb geblieben, so dass Fisher, Abts Ur-Ur-Enkel, und seine Freunde Ryan Thomas Carpenter, Andreas Laudwein und Camillo Jenny drei Generationen später bei einer Verwandten ein Hauskonzert geben können, das der musikalische Höhepunkt der Woche gewesen sein dürfte.

Das kleine Harmonium haben sie vom Dachstuhl der Alten Schule heruntergeschleppt und gleich neben den Flügel im früheren Schulsaal gestellt. Es schnauft nicht so sehr wie seine Träger, stellt sich heraus, als Carpenter in die Tasten greift. Ob schon mal jemand Songs wie jene vom neuen Album "Idle Hands" auf ihm gespielt hat?

Songs wie "Tables Turn" und "Road to Jordan", in denen es um die Suche dieses Musikers mit der Ausnahmestimme – irgendwo zwischen Mick Hucknall und Cat Stevens – geht, der in Berlin, New York, Dachau und St. Louis gelebt hat.

Dort hat der vormalige Student der Politikwissenschaften – zum Glück für sein Publikum – die selbe Uni besucht wie Musikstudent Ryan Carpenter. Der kann nämlich nicht nur singen und wie der Teufel selbst Gitarre spielen, sondern wird auch des Harmoniums Herr, obwohl er seine langen Beine ganz schön strecken muss, um zeitgleich dessen Pedale und jene des Flügels zu erreichen.

Die Stimmen der beiden klingen wie Zwillingsbrüder, dabei ganz sanft und doch glockenklar. Zuweilen stimmt noch Andreas Laudwein mit ein, und sie singen dreistimmig. Camillo Jenny hat seine Trommeln mit Tüchern abgedeckt, damit es nicht zu laut wird, denn der alte Schulraum mit seinen glatten Wänden wirft den Schall wie ein Verstärker zurück.

Wein wird gar nicht gut, wenn man ihn zu früh erntet – oder zu spät

Wenn Laudwein und Jenny hinausgehen, wenn Ian Fisher und Ryan Carpenter zu zweit aufdrehen wie irische Folksänger im Pub, dann wackeln die Wände sowieso. Dabei geht es doch um bedeutungsschwere Songs wie den über Wein, der nicht gut wird, wenn man ihn zu früh oder zu spät erntet. Das hat Ian Fisher von seinem Vater gelernt, der ein Weingut besitzt in Ste. Genevieve, Missouri, wohin Paul Abt einst ausgewandert ist. Dorthin reist Fisher mehrmals im Jahr, lebt aber inzwischen in Wien, spricht ganz ordentlich Deutsch, hat aber nur ein Lied in dieser Sprache geschrieben: "Koffer" – gemeint ist natürlich der in Berlin, den er dort noch hat.

Sagenhaft seelenvoll sind seine Songs, zu denen Bryans Finger auf dem Piano Sirtaki tanzen. Einer jedoch ist ein "happy song", wie sie betonen – ein fröhliches Lied. Ausgerechnet damals verfasst, als George W. Bush Präsident wurde. Die Vier haben so richtig Spaß am Spielen, obwohl gerade mal zehn Gäste den Weg in die Alte Schule gefunden haben, und nicht nur, weil Stefanie Doldinger sie verköstigt und ihnen Bier spendiert: Sie leben und lieben, was sie tun – selbst wenn es "finanziellisch" attraktivere Berufe gibt.