Das Geschäft ist offen, das Visier geschlossen – Optiker Holger Bänsch lässt keine Schutzvorkehrungen außer Acht. Foto: Kistner

Das Kundeninteresse ist eine halbe Woche nach Ende der Schließung eher verhalten.

Albstadt - Auch nach der Wiederöffnung etlicher Einzelhandelsgeschäfte in Ebingen bleibt das Kundeninteresse verhalten. Es fällt nicht schwer, die Sicherheitsabstände in den Geschäften einzuhalten – und von einer belebten Fußgängerzone zu sprechen, wäre eine dreiste Übertreibung.

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In den Bekleidungsgeschäften etwa – größtenteils Filialisten – überkommt einen fast schon Tristesse. An einer Eingangstür hängt ein Hinweis, dass bei einer Verkaufsfläche von etwa 300 Quadratmetern maximal 15 Kunden eingelassen werden dürfen – aber die Gefahr, dass Kunden draußen bleiben mussten, versichert die junge Frau hinter der Plexiglasscheibe, habe seit Montag zu keinem Zeitpunkt bestanden. Der Boden vor ihrer Kasse ist liebevoll mit Stoppstreifen dekoriert, aber auch die erscheinen momentan überflüssig.

Kundenandrang ist schleppend

Als "schleppend" bezeichnet auch die Kollegin von der anderen Seite der Marktstraße den Kundenandrang – zehn Minuten später wird sich 60 Meter weiter eine dritte Verkäuferin exakt gleichlautend äußern. "Man könnte meinen, den Leuten sei die Kauflust vergangen." Bei den Textilien ist sie das vielleicht wirklich. "Wo soll ich die leichten Sachen denn tragen?" fragt eine Kundin. "Man kommt dieses Jahr ja doch nicht in den Süden." Etwas mehr Betrieb herrscht im Outlet-Store "Letty" – "Bin zufrieden", sagt der junge Mann hinterm Tresen, "aber so wie früher ist es nicht." Er schließt nicht aus, dass in den vergangenen zwei Tagen einige Kundinnen gehofft haben könnten, H&M offen vorzufinden, und dann einfach von der geschlossenen Tür weg zum Nachbarn gegangen seien.

Im Haushaltswarengeschäft Ludwig Eppler sieht sich zu früher Stunde eine einzige Kundin im Sortiment um. Die Tische stehen anders als früher – man hat sie zusammengeschoben, um Distanz zur Kundschaft und zugleich mehr Platz für sie zu schaffen. Die Belegschaft ist, anders als sonst, in feste Schichten eingeteilt worden, sodass sich immer nur dieselben Kolleginnen zu Gesicht bekommen – dadurch ist gewährleistet, dass nicht alle in Quarantäne müssen, wenn sich eine infiziert. Nein, sagt die Dame, die bedient, von Laufkundschaft kann derzeit keine Rede sein; es sind die alten Bekannten, die Stammkunden, die kommen – und sei es nur, um ihrer Freude darüber Ausdruck zu geben, dass die Schließung ausgestanden ist.

Überall stehen Flaschen mit Desinfektionsmittel

Raumausstatterin Ingeborg Binder, Schuhhändler Andreas Maute und Elisabeth Bartolec vom Fotostudio Lengerer bestätigen den Befund. Bei Lengerer ist das Geschäft freilich auch während der Schließung nicht völlig eingeschlafen, weil viele Kunden ihre Fotos und Alben mittlerweile daheim am PC oder am Smartphone bestellen. Was freilich schmerzt, sind die ausgefallenen Konfirmations- und Kommunionsfeiern. Auch Passbilder werden zurzeit nicht benötigt; Bartolec hofft, dass die Ämter irgendwann mal wieder öffnen.

Wohin man blickt, überall sind neben Kasse und EC-Terminals die Flaschen mit dem Desinfektionsmittel aufgereiht: Nach jedem Gebrauch müssen die "Touchpoints" – Klinken, Stuhllehnen, Handläufe, Tastaturen und im Schuhhaus Maute auch der Schuhlöffel – abgewischt werden. Bei Optiker Holger Bänsch kommt noch das Plexiglasvisier seiner "Face Mask" hinzu" – er findet sie effektiver als die Mund- und Nasenmaske aus Baumwolle. Bänsch klagt übrigens nicht über Mangel an Kundschaft – für mehr als zwei Gäste würde sein Platz momentan ohnehin kaum ausreichen; zudem kann er Termine vereinbaren. Offenbar haben nicht wenige Albstädter derzeit Bedarf an Brillenanpassungen.

Bei Osiander herrscht bemerkenswert viel Betrieb – hier ist es tatsächlich erforderlich, regelmäßig Kunden zu zählen, damit die 15-Personen-Grenze nicht überschritten wird. Im Blumenhaus Jedele in der Oberen Vorstadt mag es im Vergleich dazu beschaulich zugehen, aber auch hier war in den vergangenen Tagen einiges los: Die Albstädter brauchen jetzt offenbar viele Blumen, um den Anblick ihrer eigenen vier Wände weiterhin zu ertragen.