Ihre Tür steht offen: Susanne Andres-Reischle Foto: Schwarzwälder Bote

Sozialer Dienst: Susanne Andres-Reischle berichtet aus ihrer vielfältigen Praxisarbeit

Zum ersten Mal hat Susanne Andres-Reischle, die in Albstadt für "Soziale Dienste" zuständig ist, einen Jahresbericht abgelegt. Tenor danach in der Ausschusssitzung: Die Stelle zu schaffen war mehr als gut.

Albstadt. Dass Susanne Andres-Reischle Humor hat und bei all den Schwierigkeiten, bei denen sie ihren Klienten hilft, auch das Lachen nicht vergisst: Auf der Postkarte, die sie im Ausschuss für Soziales, Kultur, Schulen und Sport des Gemeinderats ausgeteilt hatte, wird es deutlich.

Noch längst nicht alle wüssten, dass es den Sozialen Dienst bei der Stadt gibt, sagt die Wahl-Albstädterin, die seit 1. April 2019 die damals geschaffene Stelle ausfüllt und somit zum ersten Mal einen Jahresbericht ablegte. Darin betonte Andres-Reischle, dass der für Klienten kostenlose Soziale Dienst für alle da sei und sie sich schwerpunktmäßig um Menschen in Krisen kümmere, die sich selbst nicht mehr helfen könnten: lösungsorientiert, neutral und verschwiegen – es sei denn, der Klient entbinde sie von der Verschwiegenheitspflicht, damit sie weitere Stellen wie etwas das Sozialamt einschalten könne.

Manche Betroffenen meldeten sich selbst, manchmal machten aber auch Nachbarn oder Bekannte sie darauf aufmerksam, dass eine Person Probleme haben könnte. Hinweise kämen zudem vom Ordnungsamt oder der Wohngeldstelle der Stadt sowie von Institutionen wie der Polizei oder dem Jobcenter.

In jedem Fall sucht Andres-Reischle zunächst das Gespräch, arbeitet Themen, Anliegen und Probleme heraus und entwickelt entweder eine Handlungsstrategie mit den Betroffenen, unterstützt sie bei weiteren Schritten, oder schaltet in Absprache andere, hilfreiche Dienste mit ein. In zwei Dritteln der Fälle – 2019 waren das 64 – reichten einer bis drei Termine zur Beratung, bei einem Drittel – 2019: 27 Fälle – seien weitere begleitende Schritte und andere Hilfsformen nötig.

Dass die patente, zupackende und herzliche Diplom-Sozialpädagogin mit anderen Diensten im Landkreis gut zusammenarbeite, betonte sie ausdrücklich. Lediglich die Kooperation mit dem Landratsamt bereite ihr derzeit Bauchschmerzen, etwa weil die Einschätzung mancher Fälle unterschiedlich sei, machte sie diplomatisch deutlich. CDU-Fraktionschef Roland Tralmer bot ihr an, sie via Kreistag zu unterstützen und stellte mehrere Fragen. Die Antworten: Die Klienten seien Erwachsene jedes Alters, tendenziell aber älteren Semesters. Durch die Corona-Krise hätten sich weniger Probleme aufgetan als vielmehr bestehende verschärft, und was das Einschalten von Gerichten angehe, sei das eher nicht der Fall, denn Inanspruchnahme ihrer Hilfe geschehe auf freiwilliger Basis.

"Hotline für alles" seit Beginn der Pandemie

Seit Beginn der Coronavirus-Pandemie fühle sie sich freilich als "Hotline für alles": Oft kämen Fragen zur finanziellen Absicherung, zu Themen wie häuslicher Gewalt und zu Anlaufstellen.

Sabrina Hipp (Bündnis ’90/Die Grünen) fragte nach Wohnungsproblemen und erfuhr, dass günstiger Wohnraum "absolute Mangelware" sei. Sie habe allerdings die Möglichkeit, schnell zu helfen, wenn jemand von Obdachlosigkeit bedroht sei. Das Beispiel eines älteren Mannes, den die Kinder seiner Partnerin nach deren Tod ihres Hauses verwiesen, war eines von mehreren, die Andres-Reischle – anonymisiert – schilderte, um typische Fälle ihrer Arbeit zu zeigen. Ihm konnte sie ebenso helfen wie einem Mittsechziger, der seine von Geburt an behinderte Tochter betreut und dem – mangels Antwort auf seinen Antrag auf Grundsicherung – der Verlust der Wohnung drohte. Seine Aussage: "Einem Hund wird mehr geholfen als meiner behinderten Tochter." In solchen Fällen sei nicht nur praktische Hilfe gefragt, sondern auch Wertschätzung für den Einsatz für seine Tochter, machte die Sozialpädagogin deutlich.

Als "ausbaufähig" betrachtet Susanne Andres-Reischle noch die Kommunikation innerhalb der Stadtverwaltung. Zudem sei der Soziale Dienst noch immer zu wenig bekannt. Für nötig hält sie eine längerfristigere Begleitung von Menschen, die "durch das bisherige soziale Netz fallen", was freilich an personellen Kapazitäten scheitere.

Sowohl die Stadträte als auch Oberbürgermeister Klaus Konzelmann zollten der engagierten Sozialpädagogin großen Respekt für ihre "nicht vergnügungssteuerpflichtige" Arbeit, wie einer es formulierte. Sie betonte freilich: "Es ist nicht immer nur schwer: Ich lege Wert darauf, mit jedem Klienten auch mal gelacht zu haben."