Mit Mundschutz und Sicherheitsabstand findet der Unterricht an den Albstädter-Schulen statt. Foto: Eyrich

Wie sieht schrittweise Öffnung aus und welche Herausforderungen gibt es für Lehrer und Schüler?

Albstadt - Wie sieht die schrittweise Öffnung der Schulen aus und mit welchen Herausforderungen haben Lehrer und Schüler zu kämpfen, zumal in einem Übergangsgebäude? Der Schwarzwälder Bote hat nachgefragt.

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Seit Montag sind wieder Schüler da. Rund 40 – vor allem jene, die technische Schwierigkeiten haben, die Digitalangebote zu nutzen – hat das Progymnasium Tailfingen (PGT) angeschrieben und sie zum Unterricht in der Schule eingeladen. "Etwa die Hälfte von ihnen, vor allem Fünft- bis Siebtklässler, sind hier", berichtet der stellvertretende Schulleiter Björn Preuß.

"Hier", das ist die Übergangsschule in einem ehemaligen Gebäude der Firma "Gollé Haug" in der Lammerbergstraße – groß, aber für alle Schüler dennoch eng genug. Erst recht unter den neuen Bedingungen. Weil die Flure nicht breiter sind als 1,50 Meter, haben die Lehrer mit Klebebändern Pfeile auf den Boden geklebt. "Einbahnstraßen" sind angesagt. Für die Toilettennutzung gibt es Regeln, und in den Eingängen stehen die von der Stadt gestifteten Säulen mit Desinfektionsmitteln, erklärt Preuß, "und alle im Haus tragen ein Schutzschild." Jetzt kommt es dem PGT zugute, dass seine eigene Schülerfirma mit Hilfe eines 3D-Druckers Kunststoff-Gestelle hergestellt hat, die vorne mit biegsamem Plexiglas versehen sind und so Tröpfcheninfektionen verhindern helfen.

Nach Pfingsten wird es eng

Dennoch: In den Klassenräumen müssen die Schüler zwei Meter Abstand halten und sitzen mit Blick- und Sprechrichtung von der Mitte weg. Weil das PGT keine Abschlussklassen hat – wer das Abitur machen will, muss nach der zehnten Klasse ans Gymnasium Ebingen umziehen – wird erst nach den Pfingstferien der gesamte Vor-Ort-Betrieb wieder hochgefahren. Dann aber werde es Platzprobleme geben im ohnehin kleineren Ausweichgebäude, weiß Preuß, denn die Klassen müssen dann in zwei Gruppen geteilt werden.

Eine weitere organisatorische Herausforderung: Lehrer über 60 dürfen – ebenso wie Schwangere und solche mit Vorerkrankung – nicht vor Ort unterrichten. Also müsse der Online-Unterricht auch dann, zumindest teilweise, weiterlaufen. In diesem Punkt freilich ist das PGT sehr gut aufgestellt: Björn Preuß zieht sein Smartphone und erklärt die Werkzeuge wie etwa "WebUntis", über das jeder Schüler seinen persönlichen und individuellen Stundenplan via Smartphone oder Rechner abrufen kann. Ein digitales Tagebuch ermöglicht es den Lehrern, Aufgaben, Arbeitsblätter und Ähnliches direkt für jeden Schüler einzustellen, so dass diese genau wissen, was ihre täglichen Aufgaben sind. Der PGT-eigene "Schulmessenger" ermöglicht es den Schülern darüber hinaus, direkte Fragen an den jeweiligen Lehrer zu richten, und über die Lernplattform "Moodle" stellen die Lehrer Lerninhalte strukturiert zur Verfügung und tauschen sich interaktiv mit der Klasse aus. Dass diese Lernwege datenschutzrechtlich vom Kultusministerium genehmigt wurden, versteht sich von selbst.

Vor allem zu Beginn habe es die eine oder andere technische Schwierigkeit gegeben, berichtet der Konrektor, auch durch Überlastung der Server bei den Anbietern der Plattformen. Inzwischen laufe aber alles problemlos. Gleichwohl gebe es Schüler, die auf digitalem Wege nicht erreichbar seien – ihnen hätten die jeweiligen Lehrer Material per Post geschickt.

Für die Lehrkräfte ist der Aufwand deutlich höher

Dass all diese Maßnahmen dazu führen, dass der Aufwand weit größer sei als beim gewohnten Unterricht, nehmen der Konrektor und seine Kollegen gelassen. Ihnen geht es vor allem darum, bestmögliche Lernerfolge für ihre Schüler sicherzustellen, auch wenn sie wissen, dass die ungewohnten Regelungen noch eine ganze Weile gelten werden.

Mit Ausnahme des PGT, das ja keine Abschlussklassen besitzt, erhalten für Erste nur diejenigen Albstädter Schüler Präsenzunterricht, die entweder in diesem oder im kommenden Jahr einen Abschluss machen – sei es Hauptschulabschluss, Mittlere Reife oder Abitur. An der Ebinger Wal-ther-Groz-Schule, die aufgrund ihrer Struktur mehr Abschlussklassen als jede andere Albstädter Schule besitzt – 13 an der Zahl! – , beschränkt sich der Unterricht im Klassenzimmer sogar ausschließlich auf deren Schüler. Auch diese Klassen müssen geteilt werden, weil sie zu groß sind, um geschlossen mit Sicherheitsabstand unterrichtet zu werden; daher werden bis zu 26 Räume benötigt, um den Bedarf zu decken. Bleiben noch acht; Rektor Hans-Jörg Fink kann also maximal vier weitere Klassen im Haus unterbringen, wenn er auch für die jüngeren Schüler das "Go" erhält. Wobei sich die Situation nach den Prüfungen etwas entspannen dürfte.

"Moodle" hat sich auch an der WGS bewährt

So oder so muss der größere Teil der Schülerschaft weiterhin digital unterrichtet werden – "Moodle" hat sich auch an der Walther-Groz-Schule bewährt; allerdings geben, nicht unbedingt zur Freude der Schüler, manche Kollegen der E-Mail oder dem internen Dateitransfersystem den Vorzug vor der komplexen Software. Darüber hinaus befindet sich derzeit eine Videoplattform in der Erprobung, die in der kommenden Woche den ultimativen Leistungstest bestehen muss: eine Sitzung der Gesamtlehrerkonferenz mit – theoretisch – 60 Teilnehmern. "Mit Ton und Bild", sagt Hans-Jörg Fink, "das wird grenzwertig. Sehr spannend!"

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Andere, einfachere Systeme haben ihre ersten Bewährungsproben bereits bestanden. Im Vorfeld der Öffnung mussten auch an der WGS viele profane, aber gleichwohl drängende Detailfragen geklärt werden: Welche Tür wird zu welcher Zeit von wem geöffnet? Auf welcher Treppe geht es nach oben, auf welcher nach unten – für den Zweirichtungsverkehr sind sie auch hier nicht breit genug. Eine weitere organisatorische Herausforderung ist die WC-Benutzung: Ein rot-weißer Verkehrskegel signalisiert "besetzt". Rektor Fink hat festgestellt, dass er tatsächlich benutzt wird – ob korrekt, weiß er nicht; so indiskret, nachzusehen, will er nicht sein.

Wie halten es die Schüler mit der Schutzmaske?

Bei den Basisvoraussetzungen des Präsenzunterrichts im Krisenmodus fällt die Kontrolle leichter. Wie halten es die Schüler mit der Schutzmaske? Die Schulleitung hat es bei einer Empfehlung belassen. Eine Minderheit trifft bereits maskiert vor dem Schuleingang ein; im Klassenzimmer, wo der Sicherheitsabstand garantiert ist, setzen den Mundschutz ab; die meisten Masken sieht man auf Fluren und Treppen. Abstandswahrung? Mindestens drei Stufen, lautet die Regel, aber auch das, räumt Hans-Jörg Fink ein, sehen manche "entspannt": "Wir sprechen stets mahnende Worte – aber spätestens nach der zweiten Ecke setzt die Magnetwirkung wieder ein." Fink mag deshalb rigidere Maßregeln für die Zukunft nicht ausschließen: "Das ist derzeit alles Testfall und im Fluss."