„Von Statur und moralisch ein Großer“, meint Bürgermeister Thierry Repentin (am Pult): Albstadts Gründungs-Oberbürgermeister Hans Pfarr (auf der Leinwand links mit Alt-Bürgermeister Louis Besson) ist beim Empfang in Chambéry posthum geehrt worden. Foto: Karina Eyrich

45 Jahre alt ist die Städtepartnerschaft von Albstadt und Chambéry. Im Frühjahr wurde der – mehr oder weniger – runde Geburtstag in Albstadt gefeiert. Am Wochenende haben die Albstädter den Besuch aus Frankreich erwidert: drei Tage lang.

Für beide Stadtoberhäupter war es eine Premiere – weder Thierry Repentin noch Roland Tralmer waren beim 40-jährigen vor fünf Jahren im Amt gewesen. Die erste Begegnung nach Tralmers Amtsantritt im vergangenen Jahr soll eher steif verlaufen sein; möglicherweise fremdelten Sozialist und Christdemokrat miteinander.

 

Wer die beiden am Freitagabend beim offiziellen Empfang im Hôtel de Ville – dem Rathaus – von Chambéry erlebte, konnte sich das nur schwer vorstellen. Beide (Ober)bürgermeister wirkten locker und gelöst und waren zu Scherzen aufgelegt: Repentin verwies in seiner Rede auf gewisse Verpflichtungen, welche die Städtepartnerschaft mit einer Textilhochburg mit sich bringt, beispielsweise die eingehendere Beschäftigung mit Dessous – auf seinem Besuchsprogramm war offensichtlich auch Mey in Lautlingen gestanden.

Nicht nur gut für die Außenhandelsbilanz

Tralmer quittierte die Aufforderung des Kollegen an die deutschen Gäste, sich die Angebote des Einzelhandels in Chambéry nicht entgehen zu lassen, mit einer Einladung zum Stadtjubiläum „50 Jahre Albstadt“ 2025: „Kommen Sie zahlreich, liebe Freunde! Damit unsere Außenhandelsbilanz nicht aus dem Lot gerät.“ Repentin sagte es zu. „Ich habe schon gemerkt, es braucht mehr als ein Wochenende, um Albstadt kennzulernen.“

Zuvor hatte der Maire an die Ursprünge der Partnerschaft erinnert, an die private Freundschaft der Söhne und Väter Gerstner und Mayoud, aus der erst inoffizielle Schul- und Vereinskontakte zwischen Tailfingen und Chambéry entstanden und später dann die offizielle Partnerschaft zwischen Chambéry und dem gerade mal vier Jahre alten Albstadt.

Maire Francis Ampe grüßt telefonisch

Von den beiden Unterzeichnern der Partnerschaftsurkunde lebt nur noch Francis Ampe – der damalige Bürgermeister von Chambéry wohnt heute in Lyon und konnte dem Empfang nicht beiwohnen, doch er hatte zuvor telefonisch Grüße übermittelt und der Jumelage alles Gute für die nächsten 45 Jahre gewünscht.

Hans Pfarr, seinerzeit Albstädter Oberbürgermeister, ist im Mai gestorben – Repentin würdigte ihn als Europäer aus Überzeugung und Leidenschaft, als engagierten Kämpfer gegen die Kinderlähmung und als „einen Mann von eindrucksvoller Statur: In physischer wie in moralischer Hinsicht.“ Roland Tralmer nahm den Faden in seiner Ansprache auf und erinnerte an die Väter der Jumelage – Pfarr, Hans-Erich Vosseler, Rainer Günther und Rolf Armbruster auf der deutschen, Ampe, Serge Herlin, Julien Viret und Alain Laury auf der französischen Seite. Er verwies ferner auf die neuen geopolitischen Realitäten, die das einstige Grundmotiv der internationalen Städtepartnerschaften, den Gedanken, dass es nie wieder Krieg zwischen den Partnern geben dürfe, wieder stärker in den Fokus rückten: „Der Krieg ist nach Europa zurückgekehrt.“

„Was zählt, ist Respekt – und Frieden“

Um so wichtiger, befand Birgit Trasser-Hofmann, die Vorsitzende des Arbeitskreises Albstadt-Chambéry, sei es, dass der „Virus der Städtepartnerschaft weiterhin im Umlauf bleibt“.

Gewiss, viele von den Jüngeren zögen den Individualurlaub an den französischen Mittelmeer- und Atlantikstränden heutzutage dem Gemeinschaftserlebnis und „Abenteuer“ Städtpartnerschaft vor – sie ahnten nicht, was ihnen entgehe an Horizonterweiterung und Intensität des Austauschs. Klaus-Peter Krämer, der Vorsitzende des Arbeitskreises Albstadt-Chambéry, pflichtete ihr bei: „Was zählt, ist der Dialog: Verständnis, Respekt – und Frieden!“

Die Schweiz ist Dritte im Bunde

In diesen Dialog hatten die Städtepartner diesmal als Dritte die seit Jahrhunderten friedfertigen Schweizer einbezogen: Dem Empfang folgte im Rahmen eines „Weekend du cinéma allemand“, eines „Wochenendes des deutschen Kinos“, die Aufführung eines Filmns aus der Schweiz – die Schweizer Konsulin in Lyon, Catherine Monchamps-Gobat, war eigens aus diesem Grund nach Chambéry und zur Jubiläumsfeier gekommen.

Weitere Berichte über das Jubiläumswochende und die Aktivitäten folgen in den nächsten Tagen – weitere Fotos gibt es unter www.schwarzwaelder-bote.de