Lautlinger, sonstige Albstädter und Nachbarn sind zur Kundgebung am Samstag auf den Hof der Familie Alber gekommen. Foto: Eyrich

"Wir akzeptieren das nicht". "Unfassbaren Naturverbrauch" bringe der Bau mit sich.

Albstadt-Lautlingen - Rund 130 Gegner der Südumfahrung – neben Lautlingern auch Albstädter anderer Stadtteile und Auswärtige – haben sich am Samstag auf dem Hof von Martin und Luzia Alber versammelt, um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen.

Schon die Spendenkasse, die Luzia Alber selbst geschnitzt hat, zeigt deutlich, was die Aktivisten der Bürgerinitiative "Für Lautlingen – Gemeinsam für die beste Lösung" (BI) fordern: einen Tunnel statt der geplanten Südumfahrung. "Guckt Euch um", rief Helmut Müller, Sprecher der BI, am Samstagvormittag den rund 130 Teilnehmern der Kundgebung auf dem Aussiedlerhof von Martin und Luzia Alber zu: "unfassbaren Naturverbrauch" bringe der Bau einer Südumfahrung mit sich. "Für mich ist das eine Sünde."

Mit einer "Flut von Leserbriefen" und ihren Aktionen habe die BI erreicht, dass die für das nächste Jahr geplante Informationsveranstaltung des Regierungspräsidiums Tübingen (RP) auf den 16. September vorverlegt werde und dass die Stadtverwaltung sich gesprächsbereit zeige, so Müller. Mit drei Fraktionen im Gemeinderat habe die BI bereits gesprochen und sei teils auf "große Unterstützung", teils auf "Wohlwollen" gestoßen. Zwei weitere Gespräche sollen in Kürze folgen. Außerdem sei man mit dem Bund für Umwelt- und Naturschutz, dem Naturschutzbund NABU und anderen Organisationen im Gespräch, sagte der Sprecher. Und nicht zuletzt gebe es Kontakte zum RP, das die gegenwärtige Planung "intensiv" prüfe.

Müller: Kein Herausfall aus Planungen

"Vom Herausfall aus irgendwelchen Planungen kann keine Rede sein", sagte Müller und widersprach damit der Feststellung, dass das Projekt bei signifikanter Änderung der Planung – ein Tunnel statt einer durchweg oberirdischen Südumfahrung würde dieses Kriterium erfüllen – zurückfallen würde und nochmals das übliche Verfahren im Bundesverkehrswegeplan durchlaufen müsste, was erneut eine jahrzehntelange Wartezeit nach sich zöge. Entsprechend hatten sich mehrere Verfahrensbeteiligte, darunter das Regierungspräsidium Tübingen im Schwarzwälder Boten vom 10. Juni, geäußert.

"Wenn jemand von Euch eine Idee hat, die helfen würde: meldet Euch", forderte Müller die Zuhörer, darunter auch zahlreiche Albstädter aus anderen Stadtteilen und Bewohner von Nachbargemeinden, auf. Ausdrücklich betonte Müller, dass die BI um die Belastung der Anwohner wisse und eine Lösung für das Verkehrsproblem wolle. Allerdings fordere sie, "dass die Arbeit an besseren Planungen vorangetrieben wird". Wartezeiten von 20 bis 30 Jahren, wie für Verfahren im Bundesverkehrswegeplan üblich, "werden wir Bürger von Lautlingen nicht mehr akzeptieren".

Wie es zur Entscheidung für die Südumfahrung gekommen war, ließ einer der Aktivisten in einer Chronik Revue passieren, die von 1986 bis 1996 reichte. Die Südumfahrung sei anfangs wegen "zu viel Landschaftsverbrauch", wegen des Widerstands der Naturschutzbehörde und wegen des nötigen Brückenbauwerks über das Meßstetter Tal als "kaum möglich" abgelehnt worden. Die Entscheidung für die Südtrasse sei schließlich mit einem "klaren Jein" gefallen, wobei "der halbe Ortschaftsrat als befangen galt".

Ein Schreiben von Ortsvorsteher Christian Schairer vom September 1994 an das RP hing aus (siehe Info), ebenso wie der Plan für die Südumfahrung und weitere Informationen.

Das Fazit der BI aus der Chronik: Es sei nie über alle Varianten einer Verkehrslösung für Lautlingen abgestimmt worden. Und: Eine Tunnellösung sei stets gefordert worden – nicht erst jetzt. Alle, die sie weiterhin fordern, hatten Gelegenheit, auf Listen zu unterschreiben – bisher seien 200 Unterschriften zusammengekommen.

Wo die geplante Trasse verlaufen soll, haben die Aktivisten im Süden Lautlingens abgesteckt. An der Ortsdurchfahrt haben indes die Anwohner, die auf einen baldigen Bau hoffen, Transparente aufgehängt mit der Aufschrift: "Schluss mit Lärm und Dreck – Südumfahrung" und "Ja zur Südumfahrung".

(key). Als "Geißel der Lautlinger Bewohner" bezeichnet der damalige Ortsvorsteher Christian Schairer in seinem Brief an das RP Tübingen vom September 1994 die Ortsdurchfahrt. Schon 1977 habe er eine Untertunnelung des Ortes ins Gespräch gebracht, die der Ortschaftsrat einheitlich, der Gemeinderat mehrheitlich befürwortet habe.

Eine Alternative zu dieser teuersten Variante gebe es in Lautlingen, "bedingt durch die geografische Lage", nicht. Beim Bau einer Südumgehung würden "die Wohnqualität, besonders aber der Naherholungswert im Süden wie im Norden auf den beiden längsten Talseiten auf den Nullpunkt sinken". Die "rasenden, donnernden und stinkenden Autokolonnen" dürften nicht "in Form von Brücken noch in den Himmel gehoben werden" – besser sei es, sie in den Boden einzugraben.

Mit Blick auf die Lautlinger Wirtschaft appellierte Schairer damals, "Vergessenheit und Unbeachtung" zu vermeiden: "Führen Sie daher den scheinbar immer noch stärker werdenden Verkehrsstrom so nahe wie möglich an den Ort heran, um ihn dann unmittelbar davor zu untertunneln."

Schairers Fazit: "Die Lautlinger Bürger wollen mit Sicherheit nicht die teuerste Lösung der Bundesstraße 463, sondern sie wollen die bestmögliche; wenn die bestmögliche auch die teuerste ist, dann wollen wir auch diese."