Die Schülergruppe mit ihren Betreuern Foto: Müller Foto: Schwarzwälder Bote

Auslandspraktika: Berufsschüler aus Chambéry lernen in Albstadt die hiesige Arbeitswelt kennen

Zum wiederholten Male absolvieren derzeit Jugendliche aus Chambéry Praktika in deutschen Handwerksbetrieben – und sammeln auf diese Weise Erfahrungen, die sie zu Hause nicht ohne weiteres machen können.

Albstadt. Schreiner, Tischler, Metall- und erstmals auch Fensterbau, das sind die Branchen, in denen fünf französische Berufsschüler und eine -schülerin – ein weiteres Novum – sich umschauen und erste Eindrücke von einer Arbeitswelt gewinnen können, die ihnen durchaus unvertraut ist: Anders als in Deutschland gibt es in Frankreich keine duale Berufsausbildung; die jungen Franzosen lernen den Alltag in den Betrieben daher üblicherweise später kennen als deutsche Jugendliche. Das Auslandspraktikum ermöglicht es ihnen, bereits erworbenes theoretisches Wissen in der Praxis anzuwenden. Nicht selten zum ersten Mal überhaupt.

Initiiert hat das Projekt vor sechs Jahren Pascal Wantier, Lehrer an der Berufsschule "La Ravoire" in Chambéry – im ersten Jahr kamen zwei Schüler, später sogar zweimal sechs in einem Jahr – diesmal hatten neun Interesse bekundet, aber nur sechs konnten mangels Praktikumsplätzen untergebracht werden, und das, obwohl Klaus Ölkrug vom Arbeitskreis Albstadt-Chambéry die neue Sparte Fensterbau aufgetan hatte und eine Tischlerei sogar zwei Praktikanten aufnahm. In der Vergangenheit haben die meisten Betriebe gute Erfahrungen mit ihren französischen Praktikanten gemacht – und die Schüler mit ihren Firmen ebenfalls. Betreut werden sie von Franziska Diebold, Lehrerin an der Balinger Philipp-Matthäus-Hahn Schule in Balingen.

Sie kümmert sich auch um die Unterbringung der jungen Leute – diesmal logieren sie alle in Laufen und Truchtelfingen – und hält Kontakt zu den Handwerksbetrieben im Zollernalbkreis.

Im Rathaus Albstadt sind die Gäste aus Frankreich auch empfangen worden. Der Erste Bürgermeister Anton Reger hieß die sechs Berufsschüler, das Ehepaar Wantier und nicht zuletzt Birgit Trasser, Deutschlehrerin und Vorsitzende der Association Chambéry-Albstadt, herzlich willkommen in Albstadt, verwies auf die Chancen, die eine "Ausbildung ohne Grenzen" eröffne und dankte den Handwerksbetrieben für ihre Kooperationsbereitschaft und dem Arbeitskreis Chambéry und Koordinatorin Bettina Leichtle für ihre Mühen bei der Organisation.

Hans-Joachim Hofmann, Vorsitzender des Arbeitskreises Chambéry, stellte die Frage nach dem Sinn der fortdauernden Städtepartnerschaften und gab selbst die Antwort: Er habe die Erfahrung gemacht, dass die Partnerschaft nicht etwa langweilig werde, wenn man sich besser kennen lerne, sondern um so interessanter. Er hoffe, dass die jungen Menschen hineinwüchsen in das Werk der Gründer und es weiterführten. Zum Projekt Praktika vermerkte er, es schaffe eine "Win-Win-Situation" – das sei zumindest der Tenor der Gespräche, die er geführt habe. Zur Begrüßung überreichte Hofmann jedem Schüler eine badkap Eintrittskarte, eine Stofftasche sowie Stadt- und Busfahrpläne.

Den Dank der Franzosen übermittelten anschließend Pascal Wantier und Birgit Trasser, die auch als Übersetzerin in Aktion trat. Sie hat im Rahmen eines Erasmus-Projekts drei Jahre lang an der "Ravoire" Deutsch unterrichtet und sogar ein eigenes Wörterbuch im Unterricht erarbeitet. Mittlerweile sind allerdings Internet-Programme an ihre Stelle getreten – sehr zum Leidwesen der Schüler.