Der Enzianweg führt in die Richtung des geplanten Baufensters. Gehwege zum Ausweichen vor dem Verkehr gibt es noch nicht. Foto: Eyrich

Nachbarschaft im Wohngebiet Mehlbaum ist besorgt: Mehr Gefahren für die Kinder. Gehwege fehlen noch.

Albstadt-Ebingen - Von der Stadt vor den Kopf gestoßen fühlen sich die Hauseigentümer am westlichen Ende des Wohngebiets Mehlbaum: Sollte dort eine Ferienwohnanlage gebaut werden, befürchten sie Lärm, Verkehr und das Ende der familienfreundlichen Ruhe.

"Hätten wir es nicht im Schwarzwälder Boten gelesen, wir hätten es gar nicht erfahren", sagt Ulrike Fischer. Gerade war sie im Rathaus, um die Pläne für den Bebauungsplan "Mehlbaum V", die letzte Erweiterung des Wohngebiets Richtung Westen, anzuschauen. Er wird nötig, um den Bau einer Ferienwohnanlage mit bis zu drei Stockwerken zu ermöglichen, die dort entstehen soll. "Hätten wir das gewusst", sagt Ulrike Fischer über sich und ihre Nachbarn: "keiner von uns hätte dort gebaut." Denn alle, die dort wohnten, hätten bereits Kinder oder wollten noch welche, wie die zweifache Mutter weiß, die seit sieben Jahren mit ihrer Familie dort lebt – in einem schönen Haus, aber ohne Gehsteig davor.

Denn obwohl die Stadt binnen fünf Jahren einen solchen hätte bauen müssen – Erschließungskosten haben die Anwohner längst bezahlt –, hat sie es bisher nicht getan. Von Oberbürgermeister Jürgen Gneveckow hat Ulrike Fischer erfahren, dass sie den Gehweg einklagen könnte – oder Anspruch habe auf Zinsen für die Erschließungskosten. Ihr jedoch geht es um den Weg selbst: "Meine Kinder müssen Slalom laufen, wenn sie zur Bushaltestelle wollen. Die versprochenen Zwischenwege existieren nicht." Sollte eine Ferienwohnanlage gebaut werden, befürchtet die Mutter noch deutlich mehr Verkehr.

Ein weiteres Problem sehen die Anwohner in der Tatsache, dass Biotope dem geplanten Baufeld weichen müssten: "Es gibt hier Bläulinge, Zauneidechsen und andere seltene oder bedrohte Arten", weiß Ulrike Fischer. Baubürgermeister Udo Hollauer erklärt auf Anfrage unserer Zeitung, dass all das artenschutzrechtlich überprüft werde – der Bericht stehe noch aus – und weite Teile der Biotope erhalten bleiben sollten. Der Rest müsse umgesiedelt werden.

Am Montag habe sie alle Nachbarn, die noch nichts von den Plänen der Stadt wussten, per Handzettel informiert, "und keine zehn Minuten später waren die ersten am Telefon", sagt Ulrike Fischer. Eine Sorge, die alle verbindet, ist die Befürchtung von deutlich mehr Verkehr, vor allem an Wochenenden mit großen Sportveranstaltungen, so dass die Kinder nicht mehr draußen spielen könnten, was bisher Usus sei in der ruhigen Sackgasse: "Ein Interessenkonflikt zwischen Anwohnern und Urlaubern ist programmiert."

"Bei Starkregen laufen dann die Keller voll"

Ob die Abwasserkanäle groß genug dimensioniert sind, um erhöhte Mengen plus den Niederschlag bei Starkregen aufzunehmen, wissen die Anwohner nicht und befürchten, dass "bei heftigen Regenfällen, wie sie immer öfter vorkommen, regelmäßig Wasser in unseren Kellern steht", sagt Ulrike Fischer. Dass außerdem mit Ruhestörung durch Urlauber zu rechnen sei, betont sie außerdem: "Wir haben dann keinen Ansprechpartner in dem Gebäude. Und ob die Polizei kommt, ist einem Urlauber doch egal – der ist nach ein paar Tagen wieder weg."

Aus all diesen Gründen verstehen Ulrike Fischer und ihre Nachbarn nicht, warum die Stadt die Ferienwohnanlage nicht weiter oben, an der "Kälberwiese", plant. "Dann wären die Urlauber außerdem gleich am Traufgang", betont sie. Udo Hollauer winkt ab: "Das ist ein Außenbereich", solche Anlagen seien dort nicht möglich. Die Sorgen der Anwohner hält Hollauer überdies für unbegründet: "Grundsätzlich findet man überall in der Stadt Ferienwohnungen", erklärt er. "›Mehlbaum V‹ wird ein allgemeines Wohngebiet, und da steht es jedem frei, seine Wohnungen so zu nutzen, wie er will." Im bereits bebauten Gebiete gebe es bereits Wohnanlagen mit mehreren Wohnungen, und zudem bewege sich die Stadt mit ihrer Planung im Rahmen eines gültigen Flächennutzungsplanes. "Das wird kein Hotel da hinten", betont er. "Und die Eigentümerin lebt in Albstadt und ist ansprechbar."

Außerdem sei nun erst einmal der Aufstellungsbeschluss gefasst – jetzt hätten die Bürger 14 Tage lang Zeit, sich im Rahmen einer so genannten vorgezogenen Beteiligung zu äußern. Verständnis für die Anwohner bringt Hollauer trotzdem auf: "Jeder will gerne im Grünen wohnen und möglichst nichts um sich herum haben."

Der Nachbarschaft reicht das nicht

Der Nachbarschaft am Westende der Stadt reicht das freilich nicht: Sie sucht das Gespräch mit dem Oberbürgermeister und will auch den Naturschutzbund NABU einschalten. "Die Stadt hat sich hier einen Freifahrtschein ausgestellt", kommentiert Ulrike Fischer. "Bei uns ist alles vorgeschrieben, etwa die Giebel-Ausrichtung. Das ist in ›Mehlbaum V‹ nicht der Fall." Zudem habe das Vorgehen der Stadt "ein G’schmäckle: Das alles läuft kurz vor Weihnachten – und der zuständige Sachbearbeiter ist bis Mitte Januar im Urlaub."