Eine Schnee- und Eisfläche ist der Fußweg, den die Stadt nicht mehr räumt und den auch viele Schüler nutzen. Foto: Kistner

Seit 2004 wird der Fußweg von der Tailfinger Landhausstraße bergab nicht mehr geräumt. Ständige Rutschpartie.

Albstadt-Tailfingen - Der Weg führt von der Landhausstraße über die Gleise der Talgangbahn bergab, passiert die Elisabethenstraße und endet gegenüber von Elektra an der Hechinger Straße. Früher wurde er im Winter geräumt, seit 2004 nicht mehr. Die Anwohner sind wütend.

Anton Schreiner zum Beispiel – der nächste Weg zu seinem Arbeitsplatz ist in der kalten Jahreszeit mitunter über Wochen schnee-, gelegentlich auch eisglatt, weil der Winterdienst ihn links respektive rechts liegen lässt. Schreiner empfindet das als unsinnig – nicht, weil ihm dadurch das Leben schwer gemacht würde, wie er betont, sondern weil der Weg zur Hechinger Straße einer der meistbegangenen in Tailfingen sei.

Warum räumt die Stadt hier nicht?

Die Schüler des Lammerbergschulzentrums kämen hier morgens in Scharen hinauf und mittags in Scharen wieder hinunter; immer wieder setze sich der eine oder andere beim Versuch, den Bus in der Hechinger Straße noch zu erreichen, auf den Hosenboden. Es sei erstaunlich, dass bisher nichts wirklich Schlimmes passiert sei.

Warum räumt die Stadt Albstadt hier nicht? Sie habe ihre Gründe, erklärt Frank Märkle vom Ordnungsamt. Primär Kostengründe: Wie in jedem der zahlreichen Albstädter Quartiere, die durch steile Verbindungswege oder Staffeln erschlossen werden, beschränkt die Stadt den Winterdienst auch am Lammerberg auf die Straßen und Wege, die sie als die wichtigsten ansieht – Tailfinger Argwohn, auch hier werde Ebingen bevorzugt, wehrt Märkle entschieden ab.

Unverzichtbar sei die Räumung jeder Strecken, deren Benutzer sonst zu unzumutbaren Umwegen gezwungen wären. Ein Beispiel: der eine Fußweg nach Stiegel, der bei Schneefall stets geräumt wird. Wäre er nicht frei, dann müssten alle, die den Auf- oder Abstieg auf eigene Gefahr nicht riskieren wollen, die Straße oder gleich den Bus nehmen.

Beim Elektra-Weg, so Märkle, sehe die Sache aber anders aus, denn nur 70 Meter weiter südlich gebe es eine durchaus zumutbare Alternative in Gestalt der Charlottenstraße. Die Schüler kämen auch dort zum Bus; wenn der Weg wirklich länger sei, dann nur unwesentlich.

Das sieht Anton Schreiner anders. Zum einen, argumentiert er, seien die Treppen in der Charlottenstraße für Senioren beschwerlicher als der relativ sanft ansteigende Verbindungsweg. Zweitens, und das sei maßgeblich, scherten sich die Schüler nicht darum, welchen Schulweg die Stadt ihnen zugedacht habe. Sie wollten den Bus nicht verpassen und nähmen deshalb den Trampelpfad – der sei halt doch etwas kürzer, und man erreiche die Hechinger Straße an einer Stelle, wo man den anfahrenden Bus eventuell noch zum Anhalten bewegen könne. Wer aus der Charlottenstraße komme, sehe nur noch die Rücklichter.

Wer hat nun recht? Beide: Fragt man Schüler, warum sie den einen oder anderen Weg nähmen, spielt die Länge offenbar keine entscheidende Rolle. Die Macht der Gewohnheit und der Herdentrieb schon eher: Die Realschüler, hört man von Progymnasiastinnen, wählten fast alle den nicht geräumten Weg – aber auch sie selbst gäben ihm oft den Vorzug, um nach Schulschluss gewissen Rauchercliquen in der Charlottenstraße auszuweichen.

Was wäre die Konsequenz? Das Räumfahrzeug umdirigieren? So ist’s nicht gemeint – das eine tun, das andere nicht lassen, beide Wege räumen, das wünschen sich Anton Schreiner und seine Nachbarn von der Stadt. Indes wird es dazu in diesem Winter kaum noch kommen – er dauert ja nur noch wenige Tage. Und im nächsten? Geht die Diskussion wohl ins zehnte Jahr.