Komm her, wilde Hilde! Im Wettstreit um die Gunst schleckiger Ziegen behielten die Mädchen das bessere Ende für sich. Foto: Schwarzwälder Bote

Freizeitverein: Beim Ferienprogramm auf dem Roßberg setzt Desiree Stanojevic auf vierbeinige Veteranen

Die Sommerferien nähern sich dem Ende – und mit ihnen das eher kleine, aber durchaus feine Ferienprogramm, das die Ebinger Reitlehrerin und Tierpsychologin Desiree Stanojevic in vier von sechs Ferienwochen angeboten hatte. Im Mittelpunkt standen Pferde.

Albstadt-Ebingen. "Keinen Bock mehr." Nelke, ihre Reiterin hat es messerscharf erkannt, reicht es; für heute hat sie genug. Das nimmt ihr niemand übel; sie hat gut und gern zwei Stunden etliche mehr oder wenige schwere Kinder – die Ältesten sind zwölf – im Kreis oder im Gelände herumgetragen, und mit 30 Jahren ist sie weiß Gott nicht mehr die Jüngste. Wallach Samson hat auch schon 28 Lenze auf dem Rist, aber offenbar noch Reserven; Pia, die Zwölfjährige, die eigens für die Reitferien auf dem Roßberg aus Stuttgart nach Albstadt gekommen ist, darf noch ein paar Runden auf seinem Rücken drehen – sie war heute noch gar nicht dran.

Desiree Stanojevic arbeitet gerne mit den beiden Veteranen – alte Pferde sind im Regelfall geduldiger und entspannter als die jungen; sie reagieren vielleicht nicht mehr so spontan auf den Zügel oder den Druck in die Weichen, aber dafür lassen sie sich nicht aus der Ruhe bringen, und die Gefahr, dass sie durchgehen, besteht auch nicht. Genau das, was Desiree Stanojevic braucht: "Liebe" Pferde, geeignet für Kinder im Grundschulalter, die noch nie geritten sind.

Die Kooperation mit dem Roßberg-Freizeitverein ist eine Win-Win-Situation für Stanojevic. Sie kann ihren Pferde unten im Talgrund hinter dem Wasserwerk auch einmal Urlaub geben – und der Verein, den sie seit ihrer etliche Jahre zurückliegenden Stallkindzeit bestens kennt, nimmt seinen: Die junge Reitlehrerin, die zwei, drei Stallmädchen, die sich unterstützen, und nicht zuletzt die Kinder übernehmen in den vier Ferienwochen, die sie auf dem Roßberg verbringen – es sind die zwei ersten und die zwei letzten – den Stalldienst.

Und zwar nicht nur für die vier Pferde, sondern auch für die Hühner, Hasen, die drei Kamerunschafe, für die Ziege mit dem charakteristischen Namen "wilde Hilde" und für Gismo, das Schwein. Die Kinder lernen, welche Tiere welches Futter brauchen, wie man sich ihnen nähert, ohne sie zu erschrecken, wie man einen Stall säubert und natürlich, wie man Pferde striegelt, füttert und sattelt. Reiten ist mehr als Schritt, Trab und Galopp; es beginnt mit der sogenannten Bodenarbeit – bei der es erst mal eine Weile bleiben kann.

Fünf Jungen in der Bibi-und-Tina-Welt

Aber irgendwann ist es dann so weit. Die wenigsten machen beim ersten Ritt "bella figura", so mancher sitzt wie ein nasser Sack im Sattel. Aber mit jeder am Zügel geführten Runde wächst das Vertrauen zum Pferd und zu sich selbst – und mit ihm die Körperspannung und die Sicherheit. Einige von Desiree Stanojevics Mädchen haben schon etliche Reitstunden hinter sich, die Jungen geraten da ein wenig ins Hintertreffen – wobei Desiree Stanojevic mit Genugtuung vermerkt, dass das Geschlechterverhältnis in der größeren ihrer beiden Feriengruppen ausgeglichen ist: Fünf Mädchen, fünf Jungen, das ist in der Bibi-und-Tina-Welt des Reiternachwuchses keine Selbstverständlichkeit.

Der Ferienvormittag auf dem Roßberg nähert sich dem Ende. Letzter Programmpunkt vor dem Absatteln und Striegeln ist das "Ziegenfüttern": Zwei Mannschaften treten gegeneinander an, Mädchen gegen Jungen, und versuchen, die drei Schafe und die wilde Hilde mit trockenem Brot auf ihre Seite zu locken. Wem es am öftesten gelingt, der hat gewonnen. Die Mädchen sind sich ihrer Sache sicher; unter Minderwertigkeitskomplexen leidet die Frau von heute offenkundig nicht. "Wir sind klüger und werden im Durchschnitt älter." Und mit Tieren können sie es auch besser; der Wettkampf ist am Ende eine klare Sache. Aber wer weiß, vielleicht kommt der eine oder andere Junge im nächsten Jahr ja wieder – und dann weiß er bereits, wie der Hase läuft. Oder die Ziege.