Groz-Beckert im Albstädter Stadtteil Ebingen: Rechts von den vier Giebeln des TEZ erkennt man die neuen Produktionsstätten, die 2024 bezogen werden. Foto: Groz-Beckert/Corinna Spitzbarth

Das Albstädter Unternehmen Groz-Beckert hat seinen Konzernumsatz 2022 um 72 auf 814 Millionen Euro gesteigert – allerdings ist die Hälfte des Zuwachses einer Akquisition des Industriemesserherstellers TKM im Oktober zuzuschreiben. Und: 2023 wird ein mageres Jahr.

Genaugenommen liegen die fetten Jahre auch schon eine Weile zurück: 2018 war das letzte; danach schmälerten erst die geschäftsschädigenden Querelen zwischen den USA und China und danach Corona die Umsätze. Die erholten sich zwar wieder; 2022 wurden trotz Ukrainekrieg, Ressourcenengpässen und Inflation – und dank einem schwachen Euro – 36 Millionen Euro Zuwachs, wohlgemerkt ohne TKM, erzielt.

 

Positiv entwickelte sich vor allem der Bereich Technische Textilien, der mit annähernd fünf Prozent am Umsatz beteiligt ist; er legte um 39 Prozent zu. In den sechs textilen Produktbereichen Stricken und Wirken, Weben, Filzen, Tuften, Kardieren und Nähen wurden etwas kleinere Brötchen gebacken, aber immerhin konnte die Schwäche des chinesischen Marktes durch die Stärke anderer – etwa des türkischen – teilweise kompensiert werden.

Entwicklungen in 2022 haben sich in diesem Jahr nicht fortgesetzt

Diese Entwicklung hat sich 2023 allerdings nicht fortgesetzt. Die Markterholung in China lässt auf sich warten, die Türkei ist durch das schwere Erdbeben im Winter zurückgeworfen worden, und der potenziellen asiatischen Konkurrenz der Chinesen fehlt es, um in die Bresche springen zu können, an Fachkräften und Devisen. Auch die Euroschwäche ist vorbei; der „Währungswind“, so Hans-Jürgen Haug, Sprecher der Geschäftsleitung von Groz-Beckert, „weht jetzt wieder von vorne“.

Industriemesser sind ein potenzieller Wachstumsmarkt

Die Folge: Im Stammgeschäft liegen die Frühjahrszahlen beträchtlich unter den Planansätzen und um mehr als zehn Prozent unter denen des Vorjahres. Auch bei der neuen Tochter TKM schwächt sich die Konjunktur ab, allerdings weniger stark als bei den Nadeln.

Unternehmen sieht in Industriemessern einen potenziellen Wachstumsmarkt

Die Firma Groz-Beckert sieht in den Industriemessern – sie schneiden Papier, Holz, Metall, Kunststoff und noch mehr – einen potenziellen Wachstumsmarkt; für die textilen Produktbereiche gilt das aber, auch in Anbetracht der wachsenden Bedeutung des Themas Nachhaltigkeit, eher eingeschränkt.

Hans-Jürgen Haug, Sprecher der Geschäftsleitung von Groz-Beckert Foto: Groz-Beckert/Corinna Spitzbarth

Noch halten die Kollektionswechsel, die mittlerweile im Wochentakt stattfinden, die globale Konjunktur am Laufen, aber dieser Hype, mutmaßt Hans-Jürgen Haug, wird – und muss – eines Tages enden.

Zahl der Albstädter Mitarbeiter wird sich vorerst nicht ändern

Anders als ursprünglich konzipiert wird die Mitarbeiterzahl, die Ende 2022 weltweit 9589 betrug, 2023 nicht weiter wachsen – und in Albstadt, wo zuletzt 2219 Mitarbeiter in Lohn und Brot standen, schon gleich gar nicht: Hier wird der Fachkräftemangel je länger je mehr zum Problem werden. Die Gesamtzahl der Auszubildenden und dualen Studenten am Stammsitz betrug Ende 2022 140 Personen; 45 davon hatten die Ausbildung im Herbst angetreten.

Die Zahl der Albstädter Mitarbeiter von Groz-Beckert wird sich also nicht in absehbarer Zeit ändern – wohl aber die Arbeitsbedingungen: Nach beinahe vierjähriger Bauzeit – auch hier war Corona Bremser – wird das 140 Millionen Euro teure neue Produktionsgebäude im Osten des Firmengeländes Anfang 2024 bezugsfertig sein, und dann werden auf drei Etagen rund 46 000 Quadratmeter Brutto für eine Produktion zur Verfügung stehen, die nicht mehr durch die Zerstreuung der Standorte gehandicapt ist und neue Dimensionen des Teamworks eröffnet.

Groz-Beckerts Parkplatz wird mit Photovoltaik überdacht

Der Parkplatz wird mitPhotovoltaik überdacht

Aufs Dach des neuen Hause kommt Photovoltaik; außerdem will Groz-Beckert seinen Parkplatz bis 2026 flächendeckend mit Modulen überdachen: 958 Kilowatt Peak genügen laut Haug, um 700 Einfamilienhäuser zu versorgen – allerdings ist das Theorie; Groz-Beckert hat Eigenbedarf genug. Die solare Aufrüstung ist Teil einer größeren Strategie: Von 2023 bis 2025 sollen mindestens 24 Millionen Euro in unternehmensweite Nachhaltigkeit investiert werden.