Ein Brand – verursacht von zündelnden Jugendlichen – hat der Villa Maag 2021 den Garaus gemacht. Resignieren? Kommt nicht in Frage, dachte sich Yasin Şimşek – und baut das ganze Areal jetzt neu auf. Foto: Karina Eyrich

Was die berühmteste Formel des Physiker-Genies mit Albstadt zu tun hat – und wie wir das nutzen können – verrät die Kolumnistin: Den Impuls dazu hat einer gegeben, von dem sich die Bruddler eine dicke Scheibe abschneiden könnten.

„Alle haben darüber gesprochen, dass es nicht geht. Dann kam einer, der das nicht wusste, und hat’s einfach gemacht!“ Es ist ein Satz, den man in Stein meißeln sollte, den Immobilien-Unternehmer Yasin Şimşek da beim Bericht über das Riesen-Bauprojekt seiner Firma „Alb Invest“ auf dem brachen Maag-Areal gesagt hat.

 

Sätze wie diese sollten vor allem wir Albstädter auf ein Täfelchen schreiben und dort aufhängen, wo wir sie jeden Tag sehen. Denn auch damit hat Yasin Şimşek Recht: Gerade wir Albstädter reden unsere Stadt gerne schlecht, obwohl sie die größte und – nicht nur in seinen Augen – die schönste Stadt im Zollernalbkreis ist. Obwohl wir hier vieles haben, wonach die Stuttgarter in ihrem Smog-Kessel lechzen, und obwohl manches Münchener Kindl in seinem Leben noch nicht so viel Grün gesehen hat, wie es in Albstadt jedes zweite Haus umgibt.

„Wir haben hier alles – uns fehlt nichts!“

„Wir haben hier in Albstadt alles, uns fehlt hier nichts!“, betont der Lokalpatriot, der in Ebingen aufgewachsen ist und mit seiner Familie nirgendwo anders leben möchte. Kommt er beruflich in die Großstadt, etwa nach München, dann hielten ihn die Leute für einen Lottogewinner – nur, weil sein Haus einen Garten hat, wie er schmunzelnd berichtet.

Aber wie kommt’s, dass wir Albstädter immer das Haar in der Suppe sehen, anstatt zu bemerken, wie gut dieselbe schmeckt? Auch darüber hat sich Yasin Şimşek Gedanken gemacht: Behauptet einer, wie gefährlich es doch sei, abends durch die Ebinger Innenstadt zu laufen, berichtet der Nächste, er habe gehört, wie gefährlich es sei, abends durch die Ebinger Innenstadt zu laufen. Weitere hören das, hängen sich dran, und irgendwann ist es in aller Munde, wie gefährlich es sei, abends durch die Ebinger Innenstadt zu laufen. Komisch, dass das alle wissen – nur die Polizeistatistik nicht.

Albert Einstein hat es schon 1905 herausgefunden

„Achte auf Deine Gedanken, denn sie werden Worte. Achte auf Deine Worte, denn sie werden Handlungen. Achte auf Deine Handlungen, denn sie werden Gewohnheiten. Achte auf Deine Gewohnheiten, denn sie werden Dein Charakter. Achte auf Deinen Charakter, denn er wird Dein Schicksal.“ Ob das Zitat nun aus dem jüdischen Talmud stammt oder auf ein chinesisches Sprichwort zurück geht, worüber sich die Gelehrten nicht ganz einig sind: Jedenfalls ist etwas dran. Mehr physikalisch gesprochen: Worte sind Energie, und Energie wird zu Materie, wie Albert Einstein 1905 herausgefunden und in seiner berühmtesten physikalischen Formel E=mc2 festgehalten hat.

Wir Albstädter, die wir mit wenig Geld viel aus unserer Stadt machen wollen, sollten uns diese Formel zunutze machen und einfach mal anfangen, allen, die es eigentlich gar nicht wissen wollen, davon zu erzählen, wie schön es in unserer Stadt ist. Dass wir zu den herausragenden Premium-Wanderregionen in Deutschland gehören. Wie viele Weltmarktführer hier produzieren. Dass unsere Hochschule zu den führenden Hochschulen für angewandte Wissenschaften in der Bundesrepublik zählt, gar Alleinstellungsmerkmale hat. Dass wir statt eines Stadtkerns und lauter Schlafdörfern darum herum, wie manch andere Stadt, neun Stadtteile mit individuellen Besonderheiten haben – von der weltweit ersten Textilbetonbrücke über die älteste romanische Kirche der Region bis zur bedeutendsten kommunalen Kunstsammlung Deutschlands mit der weltgrößten Sammlung von Otto-Dix-Werken auf Papier. Die Liste ließe sich fortsetzen.

Vielleicht hatten wir Albstädter bisher auch die höchste Pro-Kopf-Dichte an Bruddlern, die ihre (Wahl-)Heimatstadt schlecht reden. Aber das können wir ja ab sofort ändern und uns an Yasin Şimşek ein Beispiel nehmen: „Geht nicht? Da habe ich aber ganz etwas Anderes gehört!“