Richard Black und Jo Wheeler von der BBC interviewen Liedermacher Jeremiah Wood (links) Foto: Salzer

Proteste gegen Weiterbetrieb des AKW Fessenheim beschäftigen auch internationale Medien.

Freiburg - Das Atomkraftwerk Fessenheim soll weitere zehn Jahre betrieben werden – die Anti-Atomkraft-Bewegung ist empört. Die Proteste gegen den Weiterbetrieb ziehen nun auch internationales Medieninteresse auf sich.

Seit der Atomkatastrophe in Fukushima ist der Geschäftsführer des Umweltverbands BUND in Freiburg, Axel Mayer, ein gefragter Mann. Er ist seit rund vier Jahrzehnten in der Anti-Atomkraft- und in der Umweltbewegung aktiv, zuletzt erklärte er sogar japanischen Journalisten, warum er Atomkraft für eine gefährliche Sache hält.

Dass nun aber auch die britische Rundfunkanstalt BBC aus London ein Radioteam nach Freiburg und nach Colmar entsandt hat, um über den Fessenheim-Streit und den regionalen Widerstand dies- und jenseits des Rheins im Dreiländereck zu berichten, eröffnet Mayer neue Dimensionen: Wenn in der kommenden Woche der internationale Hörfunksender »BBC World Service« eine 23 Minuten lange Sendung über den Dauerzankapfel Fessenheim ausstrahlt, wird weltweit eine zweistellige Millionenzahl an Hörern erreicht.

Brennglas für unterschiedliche Haltungen

»Uns interessiert vor allem, wie unterschiedlich in Deutschland und Frankreich mit der Debatte um die Kernkraftnutzung umgegangen wird«, erzählt der Wissenschaftsjournalist und BBC-Umweltkorrespondent Richard Black aus London. Der Konflikt um das alte französische Kernkraftwerk am Rhein sei wie ein Brennglas für die unterschiedliche Haltung, die man von außen in Deutschland und Frankreich wahrnehmen könne.

Auch in seiner Heimat habe die Zustimmung in der Bevölkerung für die Atomkraftnutzung nach Fukushima abgenommen, führt Black aus, aber noch immer stehe ein Großteil der Briten hinter der Atomenergie und den neun Kraftwerken im Land: »Vor allem Windparks werden mit einem gewissen Zynismus betrachtet. Atomkraft ist nicht so ein Riesenthema wie in Deutschland, und die meisten Briten dürften der Meinung sein, dass Deutschlands Atomausstieg vor allem eine sehr teure Energieversorgung in der Zukunft für das Land nach sich ziehen dürfte.«

Zusammen mit der Produzentin Jo Wheeler war Black zweieinhalb Tage in der Region am Oberrhein unterwegs. »Wir haben mit Fabienne Stich, der Bürgermeisterin von Fessenheim gesprochen, und sie hat uns vor allem erzählt, wie wichtig das Atomkraftwerk für die Arbeitsplätze in ihrer Gemeinde ist«, erzählt er. Nun wolle er mehr über die Anti-Atomkraft-Bewegung östlich des Rheins erfahren.

BUND-Geschäftsführer Mayer berichtet ihm von seiner Arbeit und spielt den staunenden Briten das »Wyhl Lied« des Protestsängers Roland »Buki« Burkhart aus dem Jahr 1976 vor, das er gerade auf »YouTube« eingestellt hat. Außerdem erzählt er von den Medienberichten, die auch in Frankreich eine sinkende Atom-Akzeptanz erkennen wollen, von den Evakuierungsszenarien, die der Region im Falle eines Atomunfalls in Fessenheim drohen könnten, und von der Notwendigkeit, künftig mehr auf regenerative Energien zu setzen.

»Millionen Menschen hätten unter einem Unfall zu leiden«

»Fessenheim ist im Fall eines Unfalls ein europäisches Problem, Millionen Menschen entlang des Rheins hätten unter einem Unfall zu leiden, nicht zuletzt deshalb muss der Protest auch grenzüberschreitend stattfinden«, sagt Mayer. Und: »Dass Freiburg heute als ›Green City‹ auftrumpfen kann, ist nicht zuletzt ein Verdienst des Atomprotests, der einst in Wyhl seinen Ausgang nahm.« Dass dort in den Siebzigern der Bau eines Atomkraftwerks vom breit aufgestellten Bürgerprotest verhindert wurde, ist neu für Black und Wheeler.

Die beiden Briten treffen auch den Freiburger Umweltjournalisten Bernward Janzing und den Liedermacher Jeremiah Wood. Wood trägt ihnen sein Stück »I get on« vor, das er Ende Mai auch bei einer großen Anti-Atomkraft-Demo in Freiburg vor rund 10 000 Leuten gesungen hat.

»Auch schlaue Männer können fehlgeleitet sein«, singt er in dem Song sinngemäß. Als Protestsänger der alten Tradition sieht er sich zwar nicht, aber zum »selbst denken« will er mit seinem Song doch anregen. »Letztlich geht es doch darum, dass wir ein Teil der Natur sind«, sagt der Sänger über sein eigenes Öko-Engagement.

Demnächst dürften Millionen Menschen in der Welt davon zu hören bekommen.