Das ehemalige Luz-Posthotel in der Stuttgarter Straße in Freudenstadt ist Sammelunterkunft für Flüchtlinge des Kreises. Hier während Corona Infektionsausbrüche zu verhindern, war nicht ganz einfach. Foto: Rath

Corona hat die Zahl der Flüchtlinge gebremst, die neu im Landkreis Freudenstadt angekommen sind. Jetzt deutet sich wieder eine Trendumkehr an.

Kreis Freudenstadt - Zahlen aus dem vorigen Jahr legte Benjamin Geigl, Leiter des Amts für Migration und Flüchtlinge im Landratsamt, dem Verwaltungs- und Sozialausschuss zur Sitzung am Montag vor. Demnach nahm der Kreis voriges Jahr 91 neue Asylbewerber auf, 31 weniger als 2019.

Geigel sagte, die geschlossenen Grenzen seien ein Grund für den Rückgang von zuletzt 25 Prozent. Er rechne bald wieder mit einem Anstieg der Zahlen auf das Niveau der Vorjahre. Im Vergleich zum Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015, als der Kreis fast 1200 Menschen unterbringen und versorgen musste, ist das ein Bruchteil.

Erschwerte Bedingungen

Die Pandemie und die Kontaktbeschränkungen hätten die Arbeit der Behörde, die rund 50 Mitarbeiter beschäftigt, mit den Flüchtlingen erschwert. Das Amt arbeitete selbst im Schichtdienst, um Kontakte zu reduzieren. Hauptziel sei es gewesen, Corona-Ausbrüche in den Sammelunterkünften zu vermeiden, wo viele Menschen auf wenig Raum zusammen leben und Räume wie Gemeinschaftsküchen zusammen genutzt werden. Dazu seien die Bewohner der Gemeinschaftsunterkünfte über die Regeln zum Umgang mit der Pandemie informiert worden. Die Zimmer der Flüchtlinge sind im Schnitt sieben Quadratmeter groß. Corona-Ausbrüche unter diesen Umständen zu verhindern, sei "teils mehr, teils weniger gut gelungen", so Geigl. Zahlen zu Infektionen in den Heimen nannte er nicht.

Durch die kurzfristige Anmietung eines Gebäudes in Loßburg sei es gelungen, Quarantäne-Regeln einzuhalten. Außerdem habe der Kreis seine Heimkapazitäten – aktuell rund 630 Wohnplätze – beibehalten. 440 Unterkünfte seien voriges Jahr belegt gewesen. Aktuell seien es wieder 480, in etwa so viel wie vor der Corona-Krise.

Zugewiesen vom Land würden dem Kreis derzeit vor allem Flüchtlinge aus Syrien, bald wohl auch vermehrt aus Afghanistan. 120 Syrer leben laut Geigl derzeit im Kreis. Zweitgrößte Gruppe mit rund 80 Personen seien Nigerianer. Während Syrer eine etwa 90-prozentige Wahrscheinlichkeit auf Bleiberecht hätten, seien Anträge von Nigerianern mit einer Anerkennungsquote von etwa neun Prozent nahezu chancenlos. Der Kreis setze weiter auf "Konsenslösung", also eine freiwillige Rückkehr abgelehnter Asylbewerber in ihre Heimatländer. Abschiebungen hätte es zuletzt kaum gegeben. "Das wird aber wieder kommen", so Geigl.

Kaum Abschiebungen

Mit Menschen ohne Bleibeperspektive zu arbeiten, stelle Behörden und ehrenamtliche Betreuer vor "Herausforderungen". Zuletzt lebten rund 170 Menschen im Kreis lediglich mit einer Duldung. Dafür funktioniere das "Integrationsmanagement" für Flüchtlinge mit Bleiberecht. Der Kreis sei "in engem Austausch" mit dem Jobcenter, um diese Flüchtlinge in Ausbildung oder Beschäftigung zu bringen und ihren eine Wohnung zu vermitteln.

Abhängig von Zuzug

Gemessen an der Gesamtzahl der Einwanderer im Kreis sind die rund 900 Flüchtlinge eine Minderheit. Aktuell leben rund 15.000 Personen mit einer anderen Staatsangehörigkeit im Kreis, ein Anteil von 13 Prozent an der Gesamtbevölkerung. Mehr als die Hälfte der Zuwanderer stamme ursprünglich aus einem anderen EU-Land, knapp die Hälfte lebe seit zwei oder mehr Jahren hier.

Der Kreis Freudenstadt mit seiner ländlichen Prägung sei stark auf Zuwanderung angewiesen, vor allem von jungen Leuten. Der Anstieg des Durchschnittsalters und die Lücken bei den Arbeitskräften seien hier größer als in Ballungsräumen. Die Arbeitslosenquote unter den Ausländern sei mit rund 5,2 Prozent bei einer Gesamtarbeitslosenquote von 3,8 Prozent auf einem "verhältnismäßig niedrigen Niveau". Die Integration von Zuzüglern jedweder Herkunft bleibe damit wichtige und gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

"Großer Wunsch" für viele Zuwanderer sei auch die deutsche Staatsangehörigkeit. Für Anträge sei das Landratsamt zuständig, und sie würden "genau geprüft". 156 Anträge seien voriges Jahr gestellt, 137 Einbürgerungen vollzogen worden. In diesem Jahr soll es wieder eine Einbürgerungsfeier für sie geben.