Einen Tag nach unserer Berichterstattung zum Hängebrückenbau kommt aus dem Rathaus Rottweil die Nachricht: Wichtige Verträge seien nun unterzeichnet worden.
Das ist doch ein vielsagendes Bild: Investor Günter Eberhardt und Oberbürgermeister Christian Ruf – beide mit Stift in der Hand – im Schulterschluss sozusagen. Die Stadt teilt damit am Donnerstag mit: Ein „Meilenstein für den Bau der „Neckarline“ durch die Firma Eberhardt sei damit gesetzt. Und es wird untermauert: Der Baubeginn sei im ersten Quartal geplant.
Klingt brandaktuell – wie aktuell das Unterschriften-Bild angesichts der sommerlichen Oberbekleidung einiger Beteiligter ist, steht allerdings zunächst nicht fest. Sollte der Termin schon ziemlich lange zurückliegen, stellt sich die Frage, warum die Öffentlichkeit jetzt erst davon erfährt.Beim Bürgerempfang am Sonntag hatte Ruf von diesem Meilenstein zumindest nichts verlauten lassen.
Auf Nachfrage bei der Stadt am Vormittag erhalten wir am Abend eine Antwort von Pressesprecher Tobias Hermann. Demnach sei mit dem Investor vereinbart worden, „dass wir erst dann wieder in die Öffentlichkeit gehen, wenn das Bebauungsplanverfahren wieder aufgenommen werden kann.“ Das sei nun der Fall. Und weiter heißt es: „Das Foto selbst ist bereits im Sommer entstanden, seitdem wurde hinter den Kulissen weiter intensiv am Projekt gearbeitet.“ Aha.
Die Firma Eberhardt und die Stadt Rottweil haben laut Pressemitteilung jedenfalls – sechs Jahre nach Bekanntwerden der Pläne – „mehrere wichtige Verträge unterzeichnet und so weitere Voraussetzungen für den Bau der Neckarline in Rottweil geschaffen“. Der Stadt Rottweil lägen mittlerweile alle Planunterlagen für das private Investitionsprojekt vor, so dass nun das Bebauungsplanverfahren abgeschlossen werden könne.
Finanzierung steht
„Nach den erfolgreich realisierten Brücken in Bad Wildbad und Todtnau wollen wir nun auch zügig die Neckarline in Rottweil bauen. Die Planung für die Hängebrücke ist abgeschlossen, die Finanzierung steht und wichtige Bauteile sind bereits bestellt“, wird Bauherr Günter Eberhardt "bei der Unterzeichnung der Verträge in den Räumen des Rottweiler Notars Stephan Schulze" zitiert. Ein Zitat, das somit nun also ein starkes halbes Jahr alt ist.
Auch seitens der Stadt Rottweil ist man laut Mitteilung zuversichtlich: „Das für unsere Stadt so wichtige Projekt biegt auf die Zielgerade ein. Gemeinsam mit unserem Partner, der Firma Eberhardt aus Riedlingen, verfolgen wir das Ziel, zwei Top-Sehenswürdigkeiten – den hochmodernen TK Elevator Testturm für Aufzugsinnovationen und die historische Innenstadt von Rottweil – mit einer weiteren Attraktion zu verbinden“, unterstreicht Oberbürgermeister Christian Ruf.
Fertig vor der Gartenschau
„Uns war wichtig, dass die Brücke bereits vor der Landesgartenschau 2028 fertig sein wird, um bereits vorher ein weiteres Zugpferd für die touristische Entwicklung der Stadt ins Rennen zu schicken. 2028 können die Besucher dann neben der Landesgartenschau auch die Hängebrücke, die historische Innenstadt und die Aussicht vom Testturm genießen“, ergänzt Bürgermeisterin Ines Gaehn.
Blick auf Bürgerentscheid
Beim Bürgerentscheid über die Hängebrücke hatten sich seinerzeit rund 72 Prozent der Bürger für den Bau der Hängebrücke ausgesprochen. Die Stadt Rottweil hatte in der Folge ein Bebauungsplanverfahren gestartet, um die rechtlichen Voraussetzungen zur Realisierung der Hängebrücke zu schaffen. Ergänzend sind verschiedene vertragliche Regelungen notwendig, um die Brücke rechtlich abzusichern.
Zum Vertragswerk gehört zum einen ein städtebaulicher Vertrag, der insbesondere die Gestaltung der Brücke im Sinne der Stadt regelt. Außerdem gewährt die Stadt Rottweil dem Bauherrn über einen sogenannten Dienstbarkeits-Vertrag Wegerechte über städtische Grundstücke, über die die Hängebrücke verläuft, sowie über Grundstücke auf beiden Seiten der Brücke. Ein weiterer Bestandteil ist ein Kaufvertrag zum Bau eines Parkplatzes im Industriegebiet Berner Feld für die Besucherinnen und Besucher der Hängebrücke.
Nun könne das Bebauungsplanverfahren fortgesetzt werden, das für die Baugenehmigung die planungsrechtliche Grundlage bildet. Der Gemeinderat hatte das Projekt in der Vergangenheit unter großem Interesse der Öffentlichkeit beraten. Alle Beschlüsse wurden bisher entsprechend des Votums der Bürgerschaft mit breiter Mehrheit zugunsten des Projekts gefasst, betont die Stadt.
Am Donnerstagnachmittag gibt es dann übrigens noch eine Neuigkeit: Die Tagesordnung für die Gemeinderatssitzung am Mittwoch, 22. Januar, trudelt ein. Tagesordnungspunkt 1 ist der „Bebauungsplan Fußgänger-Hängebrücke Berner Feld – Historische Innenstadt – Abwägungs- und Satzungsbeschluss“. Dies umfasst einigen Lesestoff für die Stadträte: 21 Anlagen, jede zahlreiche Seiten stark, gehören dazu. Darunter die Besucherprognose aus dem Jahr 2017. Von 120 000 Besuchern pro Jahr ist da die Rede. Wenn sie dann erstmal hängt.
Infos
Die Firma Eberhardt hat bereits zwei Hängebrücken im Schwarzwald realisiert, die „Wildline“ in Bad Wildbad und die „Blackforestline“ in Todtnau. Mit 606 Metern wird die „NeckarlineE“ die längste dieser drei Brücken sein. Sie ist damit mehr als doppelt so lang wie das bisher größte Rottweiler Wahrzeichen hoch: 246 Meter misst der TK Elevator Testturm mit Deutschlands höchster Aussichtsplattform. Von dort soll die Hängebrücke künftig Fußgänger zu einem Spaziergang über das Neckartal in die älteste Stadt Baden-Württembergs einladen. Die Hängebrücke kommt mit nur einem Pylon auf der östlichen, innenstadtfernen Neckarseite aus, um das historische Ensemble von Rottweils historischer Innenstadt zu schützen. Auch Stützpfeiler im Neckartal sind, anders als in den ersten Plänen gezeigt, nicht mehr geplant.