Eric Golo Stone will im Künstlerhaus den Betrieb hinterfragen. Foto: Dominique Brewing

Die neue Ausstellung im Künstlerhaus Stuttgart macht sichtbar, wie ungerecht der Kunstbetrieb ist. Zu sehen gibt es in der Schau allerdings fast nichts.

Keine Sorge, es bleibt alles beim Alten. Bea Schlingelhoff ist auf ganzer Linie gescheitert. Dabei hat die Künstlerin getan, was sie immer tut – nämlich unbequeme Fragen zu stellen. Wer sie zu einer Ausstellung einlädt, kann sicher sein, dass er selbst an den Pranger gestellt wird. Das Stuttgarter Künstlerhaus bot Bea Schlingelhoff nun eine Steilvorlage. Denn ist sie als Künstlerin dort überhaupt willkommen? Sie hat Anträge gestellt, das Künstlerhaus umzubenennen in Künstlerinnenhaus oder auch in KünstlerInnenhaus.

Die Mitglieder wollen, dass der Name bleibt

Im Künstlerhaus hängen die Anträge nun nebeneinander und erzählen davon, wie viele Möglichkeiten es gäbe, sprachlich die Wirklichkeit präziser abzubilden. Trotzdem hat wohl keine Variante überzeugt und wird das Künstlerhaus weiterhin so heißen, wie es 1978 getauft wurde. Die Mitgliederversammlung hat die Umbenennung abgelehnt mit 26 Nein- zu 15 Jastimmen.

Auch der Kunstbetrieb schreibt Traditionen fort

Es geht also ums Grundsätzliche in der neuen Ausstellung, in der es wenig zu sehen gibt, was deutlich macht, worum es dem derzeitigen Leiter Eric Golo Stone und den ausstellenden Künstlerinnen geht: um die eigene Situation und Arbeit. Denn auch wenn Bea Schlingelhoff mit der Frage nach dem generischen Maskulinum ein Thema aufgreift, das die Gesellschaft in jüngerer Zeit aufgewühlt hat, zielen ihre Anträge doch vor allem auf das Selbstverständnis des Kunstbetriebs ab, der an mancher Stelle einen traditionellen Geist unhinterfragt fortschreibt.

An Ausstellungen verdienen viele – aber nicht die Kunstschaffenden

Pech für die Künstlerinnen und Künstler, die in diesem alten System nicht angemessen gewürdigt werden, weshalb Anike Joyce Sadiq in ihrem Beitrag Fragen mit großen Lettern an die Wand projiziert: „Erhalten die eingeladenen Künstlerinnen einen verhandelbaren Vertrag?“ Oder: „Haben Künstlerinnen und Künstler bessere Arbeitsbedingungen als sonstige Angestellte der Institution?“ Die aktuellen Debatten über Ausstellungshonorare lassen vermuten, dass diese Fragen häufig mit Nein beantwortet werden müssen. Bis jetzt verdienen an Ausstellungen verschiedene Akteure, die Künstlerinnen und Künstler nicht.

Das Publikum spielt im Grunde keine Rolle

Sadiq, die 1985 in Heidelberg geboren wurde und an der Stuttgarter Akademie studiert hat, hat einen ganzen Fragenkatalog an die Mitglieder des Künstlerhauses geschickt. Ihr Beitrag ist also eher aktivistisch zu verstehen – und das Baugerüst, das im Künstlerhaus installiert wurde, wirkt daneben eher marginal. Letztlich sind beide Künstlerinnen nicht an einem ernsthaften Dialog mit dem Publikum interessiert – sie sehen es eher sogar im klassischen Sinne als eine Gruppe, die außen vor bleibt und darauf reduziert wird, nur zuzuschauen.

Bea Schlingelhoff und Anike Joyce Sadiq. Bis 25. September, Mi bis So 12 bis 18 Uhr