Gemeinsam mit den Rottweiler Buchhandlungen und der Stadtbücherei veranstaltet das Mehrgenerationenhaus eine Aktionswoche zum Thema „Alphabetisierung“. Vom 4. bis 8. September steht die Lesekompetenz im Mittelpunkt.
Im Urlaub ein schönes Buch lesen, oder Hinweisschilder auf Ausflugsziele – was für viele selbstverständlich ist, das ist für andere eine Hürde, oder schier unmöglich. Wörter und Sätze sind für sie oft nur eine undurchsichtige Aneinanderreihung von Buchstaben. Eine Studie aus dem Jahr 2018 besagt, dass 12,1 Prozent der deutschsprachigen Erwachsenen auf einem Niveau lesen und schreiben würden, das nur bis zum Level einfacher Sätze kam. Längere Sätze können sie nicht mehr erfassen. Bei 52,6 Prozent dieser Gruppe ist Deutsch die Erstsprache. Die Studie erschreckt und lässt aufhorchen.
Um Abhilfe zu schaffen, gibt es im Mehrgenerationenhaus Kapuziner seit gut einem Jahr den „Alpha-Treff“, für Menschen mit Lese-, Schreib- und Rechenschwäche. Sabine Balleisen, Johanna Knaus und Ellen Fauth haben hierzu ein Programm entworfen. Um auf die Thematik aufmerksam zu machen, setzen die Organisatorinnen nun gemeinsam mit der Projektkoordinatorin Nadja King und in Zusammenarbeit mit den Rottweiler Buchhandlungen Klein und Rupprecht sowie der Stadtbücherei noch eins obendrauf: Vom 4. bis 8. September findet in Rottweil die erste „Aktionswoche Alphabetisierung“ statt.
Eltern von Schülern konnten Briefe nicht lesen
Es geht darum zu informieren, wie man Analphabetismus erkennt, um Geschichten aus dem Alltag, um einfache Sprache und manches mehr. Zudem bieten die Buchhandlungen sowie die Stadtbücherei Lesestoff in einfacher Sprache an und spezielle Büchertische zum Thema. „Wir möchten für das Thema sensibilisieren“, informiert Nadja King.
„Das Thema liegt mir sehr am Herzen. Ich habe als Grundschullehrerin gearbeitet und schnell wurde deutlich, wie viele Eltern die Elternbriefe gar nicht lesen, oder nicht verstehen konnten“, sagt Johanna Knaus, die gemeinsam mit Sabine Balleisen den Alpha-Treff vorbereitet und begleitet.
Der Bedarf ist da, aber die Hemmschwelle groß
Ellen Fauth, die die Teilnehmer des Treffs betreut, freut sich, über die Fortschritte ihrer Schüler. Leider sei die Beteiligung noch sehr zurückhaltend, bedauert Nadja King. „Wir wissen, dass der Bedarf da ist, aber die Hemmschwelle ist auch sehr groß, das ist uns durchaus bewusst“, ergänzt sie.
Buchhändlerin Sabina Kratt, die alljährlich den Vorlesewettbewerb ausrichtet, weiß ebenfalls, dass viele Grundschüler nicht sinnerfassend lesen könnten. Doch sie macht auch Hoffnung, denn viele Verlage hätten dies zwischenzeitlich erkannt. „Es gibt vielfältige Angebote“, sagt sie.
Auch Firmen haben sich schon gemeldet
„Wir merken in der Stadtbücherei, dass viele Kinder und Eltern kommen, die an der Problematik wirklich arbeiten wollen. Das ist schön. Allerdings ist es schwer, Nichtleser zu gewinnen“, sagt Diana Lange von der Stadtbücherei.
„Wir möchten eine Perspektive bieten und gemeinsam ein Signal setzen, dass Lesen Welten öffnet“, so die Akteure. Sie freuen sich, dass sich mittlerweile auch Firmen gemeldet hätten, die das Angebot des Alpha-Treffs entsprechend an Mitarbeiter weitergeben möchten. „Das Thema muss enttabuisiert werden und man muss den Leuten Mut machen“, so Sabine Balleisen.
Der Alpha-Treff kommt übrigens immer donnerstags von 16 bis 18 Uhr im Kutschenhaus zusammen, außer in den Ferien.
Weitere Informationen gibt es unter Telefon 0741/48 00 19 28.