Die Tanz-Kompanie Gauthier Dance ... Foto: Leif Piechowski

Nicht enden wollender Applaus für die Künstler! Dabei war alles wie immer. Immer anders. Gestern Abend bei der 13. „Nacht der Lieder“ im ausverkauften Theaterhaus, der bunten Wohltätigkeitsrevue zugunsten der Aktion Weihnachten der Stuttgarter Nachrichten.

Stuttgart - Bei einer Ladys Night, einer Nacht der Damen, muss es erlaubt sein, auch mal Herren den Vortritt zu geben. Timo Brunke etwa, dem wortvirtuosen Dichter. Gibt es den Beruf des Wortgenießers oder Sprachgourmets? Falls ja, dann ist das hier einer, der als Märchenerzähler formvollendete Sätze zelebriert und sein Publikum beiläufig daran erinnert, was im Alltag alles auf der Strecke bleibt. So ist das, wenn die Menschen nicht mehr miteinander reden, sondern, um eine geschäftsmäßige Floskel zu bemühen, „Inhalte kommunizieren“.

Timo Brunke, erstmals bei der „Nacht der Lieder“, der Wohltätigkeitsrevue zugunsten der Aktion Weihnachten unserer Zeitung zu Gast, braucht nicht viel, damit es mucksmäuschenstill wird im großen Saal des Theaterhauses. Ein hingehauchtes „Salbeilippenblätterlippen“ reicht, wenn er sich auf die Suche nach „dem Zartesten von der Welt“ begibt, der „Verkleinerung eines Hauchs, eines Häuchelchens“.

Bevor wir zu den Hauptdarstellerinnen kommen, verneigen wir uns schnell vor zwei weiteren Herren, deren Beiträge zur „Nacht der Lieder“ kaum zu überschätzen sind – auch wenn es dem Kollegen Joe Bauer, dem Initiator und Regisseur der Veranstaltung, was seine Person angeht, nicht recht sein mag. Aber ohne seine Kontakte, die er mit seiner Lieder- und Geschichtenshow „Flaneursalon“ im Lauf von Jahren zu Künstlern in der Stadt aufgebaut hat, wäre so ein buntes, aufs Neue immer wieder unberechenbares Programm kaum denkbar.

Danke auch an Eric Gauthier, Chef der Theaterhaus-Kompanie Gauthier Dance, der uns seit der ersten „Nacht der Lieder“ die Treue hält und wieder als Conférencier durch den Abend führte. Eric besitzt etwas, das im Showgeschäft unbezahlbar ist: Schlendert er im Smoking auf die Bühne, wirkt das so entspannt, als käme Mister Entertainment geradewegs vom Golfplatz. Umbaupausen überspielt er lässig, indem er mit der fabelhaften Big Night Showband Weihnachtsklassiker swingt.

So viel zu Konstanten im Programm, jetzt aber endlich, endlich zu den Damen. Müsste man der 13. „Nacht der Lieder“, die mit zwei Shows 2000 Menschen ins ausverkaufte Theaterhaus lockte, ein Motto überstülpen, dann dies: Es waren Abende großer Stimmen. Auch wenn man kein Wort der ungarischen/bulgarischen Sängerin Hajnal versteht, man wird von der genreüberschreitenden Weltmusik der Künstlerin und ihrer Band in den Bann gezogen. Jazz- und Folk-Elemente wirbeln wild durcheinander. Bob Dylans „One More Cup of Coffee“ erstrahlt in ganz neuem Licht.

Völlig anders, auf ihre Art ebenso betörend: die junge, selbstbewusste Singer/Songwriterin Ella Estrella Tischa, Tochter des Stuttgarter Rockmusikers Zam Helga. Gerade erst das Abi gemacht, scheint sie ihre Reifeprüfung auf der Bühne bereits abgelegt zu haben; Rocksängerin Dacia Bridges, dieses Mal in kleiner Besetzung, nur von Percussion und Gitarre begleitet, mit viel Soul und noch mehr Leidenschaft in den Stimme; atemberaubend der klassische Liedgesang von Sara Wohlhüter, einfühlsam begleitet von Georg Dietl (Piano) und Ekkehard Rössle (Saxofon).

Die Musikerinnen Berenike Birth und Svenja Bleyer lassen gewissermaßen ihre Finger sprechen (und arbeiten auch kräftig mit den Beinen). Kaum zu glauben, dass die beiden Harfespielerinnen – sie studieren an der Musikhochschule Stuttgart – erst seit ein paar Monaten gemeinsam musizieren. Für die jungen Frauen war es der erste Auftritt vor großem Publikum. Das kunstsinnige Publikum im Saal dankte mit langanhaltendem Applaus.

Sie gehören fast schon so fest zur Show wie Moderator Eric: die Männer der A-cappella-Gruppe Füenf. Ihre Songs, darunter eine überschäumend komische Reklame-Parodie auf das Chinesenbier Tsingtao und ein hochkomisches Sauf-Potpourri („Immer wieder sonntags / fehlt die Erinnerung“), stammen aus ihrem aktuellen Tour-Programm „Bock drauf!“ und werden im neuen Jahr auf einer CD zu hören sein. Ein guter (und in diesem Fall auch lauter) Schluss ziert alles: Louisiana Funky Butts, eine achtköpfige Brass-Formation aus Tübingen, bläst dem Publikum gehörig und schräg den Marsch. Wer noch ein Sinnbild für das Programm gebraucht hat: Beim Finale springt Tänzer Eric in den Spagat. Ganz, ohne sich warm zu machen? „Spagat“, sagt Eric, „geht immer.“

Nach der Show ist vor der Show. Die Termine für die nächste „Nacht der Lieder“ hat Kollege Joe bereits festgemacht. Für den 9. Dezember 2014 hat er die Zusage des Kabarettisten Rolf Miller. Am 12. Dezember tritt die Schauspielerin und Kabarettistin Patrizia Moresco auf. Der Vorverkauf, hochverehrtes Publikum, läuft.

„Nacht der Lieder“-Initiator und -Regisseur Joe Bauer denkt schon weiter: Die Termine für die Show im kommenden Jahr stünden bereits fest, verkündet er dem Publikum. Für den 9. Dezember 2014 hat ihm der Kabarettist Rolf Miller zugesagt. Am 10. Dezember tritt die Schauspielerin und Kabarettistin Patrizia Moresco auf. Der Vorverkauf beim Theaterhaus läuft (07 11 / 4 02 07 20).