Bereits zum 33. Mal bescherten Tänzer des Stuttgarter Balletts und der John-Cranko-Schule ihrem Publikum im ausverkauften Opernhaus eine Matinee – und verzichteten dabei auf ihre Gage. Der Erlös kommt der Aktion Weihnachten der Stuttgarter Nachrichten zugute.
Stuttgart - Wenn ein Tag so beginnt wie dieser zweite Adventssonntag, dann stehen die Zeichen bestens dafür, dass er ein perfekter wird. Mit Musik in den Ohren und in den Beinen, pirouettendrehenden Wesen und bockspringenden Kobolden im Kopf, mit warmen Händen vom vielen Beifallklatschen und vor allem mit vollen Herzen haben am Sonntagmittag die Zuschauer das Opernhaus verlassen. Sie alle hatten einem Traum beigewohnt, der 33. Ballettmatinee.
Aber halt, drehen wir die Zeit zwei Stunden zurück und betreten wir das Opernhaus. Geben wir den Mantel ab und versinken wir im plüschigen Sessel. Vorhang auf! „Diese einzigartige Matinee ist längst zu einem der Höhepunkte im kulturellen Leben der Landeshauptstadt geworden“, sagt der Lokalchef unserer Zeitung, Jörg Hamann, bei der Begrüßung. Diese Tradition habe man allen Mitwirkenden zu verdanken – vor allem aber dem Geschäftsführenden Intendanten der Staatstheater Stuttgart, Marc-Oliver Hendriks, dem Intendanten des Stuttgarter Balletts, Reid Anderson, und dem Direktor der John-Cranko-Schule Stuttgart, Tadeusz Matacz. „Ihrer Arbeit ist es zu verdanken, dass wir bei dieser Benefiz-Veranstaltung nunmehr im 33. Jahr Spitzentanz der Weltklasse bewundern können“, sagt Hamann.
Wie in jedem Jahr verzichten die Tänzer zugunsten der Aktion Weihnachten auf ihre Gagen. Dafür, dass sie andere beschenken, erhalten sie von den württembergischen Gärtnern prachtvolle Blumenbouquets. In diesem Jahr unterstützt die Aktion Weihnachten beispielsweise ein Vorhaben des Schwäbischen Albvereins: Der Verein möchte an Demenz erkrankten Menschen und deren Angehörigen Wandertouren anbieten.
Und dann: Bühne frei für Körperkunst in Vollendung. Den ersten Teil der Matinee bestreitet der Nachwuchs der Cranko-Schule. Kamen in den vergangenen Jahren bei der Gala vorrangig Solodarbietungen von Schülern höherer Klassen auf die Bühne, sind es in diesem Jahr auch die ganz Jungen, die das Publikum verzaubern. Wie etwa Riccardo Ferlito, Schüler der Klasse 3, in „In Partenza“, einer Choreografie von Marco Laudani zur Musik von Olafur Arnalds. Der noch sehr junge Mann beeindruckt mit Charisma, Professionalität und vor allem Ausdrucksstärke. Mit weiten, raumgreifenden Bewegungen gelingt es ihm, die Stimmung der Musik in Körpersprache zu übersetzen. Ein Junge, dem in diesem Stück die Schwere der Welt auf dem so biegsamen Rücken zu liegen scheint. Sein Nachfolger auf der Bühne, Alessandro Giaquinto aus der Klasse 6, greift in Enrico Morellis „Se“ zur Musik von Ben Frost und Olafur Arnalds diese Stimmung auf, sein Tanz ist aber mehr von Aggression geprägt.
Doch es geht auch vergnüglich zu. Etwa beim „Balkanischen Frühling“, in dem fünf Schülerinnen der Klasse drei die Zuschauer mit ihren neckischen Zöpfen und frechen Tanzfiguren auf ein Fest in ein Dorf irgendwo auf dem Balkan entführen. Verschmitzt ist auch Aina Oki (Klasse 4) mit ihrem Clownshütchen in „Harlequinade“ und kokettem Spitzentanz. In „Pizzicato Polka“ tanzen fünf Schülerinnen ( Klassen 5 und 6, Akademie B) leichtfüßig in weißen Kleidchen vor blauem Hintergrund – und wirken wie Schaumkronen auf dem Meer oder Sahnehäubchen auf Blaubeerkuchen.
Wild und männlich hingegen geht es bei „Ryu“ zu, wenn 33 kleine und große Jungs (Akademie und Klasse 1 bis 6) zu Percussionrhythmen die Muskeln spielen lassen.
Der Vorhang fällt zur Pause, und der Beifall will nicht enden – wie auch am Ende nicht, nachdem die Tänzer des Stuttgarter Balletts aufgetreten sind. Bereits die Jüngsten zeigten, dass sie auf einem sehr hohen Niveau tanzen – und dem Publikum einen perfekten Tag bescheren können.
Die Konten der Aktion Weihnachten: BW-Bank 234 234 0 (BLZ 600 501 01); Schwäbische Bank im Königsbau 6300 (BLZ 600 201 00)