Die Musiker aus Aichhalden nehmen ihre Gäste mit auf eine musikalische Reise in die Steppe und strahlen bisweilen kaiserliche Größe aus. Fotos: Anton Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Musikverein gibt letztes Konzert unter Dirigent Volker Braun / Zuhörer sind hingerissen

Mit stehenden Ovationen ist Dirigent Volker Braun bei seinem letzten Jahreskonzert mit dem Musikverein vom Publikum in einer voll besetzten Josef-Merz-Hall gefeiert und verabschiedet worden.

Aichhalden. Für diesen besonderen Anlass hatte der Dirigent nicht frühere Höhepunkte "aufgewärmt", sondern, wie der Vorsitzende des Musikvereins in seiner Begrüßung betonte, "ein vollkommen neues Programm mit spannenden und anspruchsvollen Titeln" einstudiert.

Den ersten Programmteil übernahm das stattliche Vororchester unter der engagierten Leitung von Stefanie Flaig, die auch in der Funktion der Moderatorin sowie der Klarinetten-Solistin auftrat. Die Ansage übernahm das Duo Tim Broghammer und Franziska Kopp. Knisternde Spannung weckten die Jungmusiker schon beim ersten Titel "The Final Countdown". Mit ihrer präzisen Zeichengebung hatte die Dirigentin das Orchester im Griff. Nicht umsonst hatte sie diesen Hit vorangestellt, denn der Text "Wir brechen zusammen auf, aber dennoch ist es ein Abschied" wies schon auf die Trennung vom langjährigen Dirigenten hin.

Mit dem Medley "Pirates of the Caribbean" entzündeten die jungen Spieler karibisches Feuer, das vor allem durch das südamerikanische Schlagzeug und die rasanten Rhythmen der Holz- und Blechbläser am Brennen gehalten wurde. Mit dem "Michael-Jackson-Hit-Mix" servierte das junge Orchester eine höchst beeindruckende Hommage an den "King of Pop". Mit mächtigem Drive und fesselndem Rhythmus zog das Orchester alle Register seines Könnens. Nach diesem Auftritt und dem großen Applaus war eine Zugabe fällig.

Big-Band-Sound ertönt

Mit sechs exquisit ausgewählten Titeln sorgte das Hauptorchester bei diesem Abschiedskonzert seines seit 15 Jahren wirkenden Dirigenten für emotionale Momente. Die Komposition "Joyride" eröffnete den zweiten Programmteil mit einem bombastischen Sound von Pauken und Blech, aus dem schließlich in Melodiefragmenten die "Ode an die Freude" von Beethoven hervortrat – zum Teil rhythmisch und melodisch verfremdet, bis zum Schluss die gesamte Hymne mit majestätischem Ausdruck erschien.

Was ein Blasorchester aus einem einfachen südafrikanischen Zululied herausholen kann, erlebten die Zuhörer bei "Siyahamba", bei dem die Instrumentalisten auch gesanglich gefragt waren. Inhalt des Gospelsongs war der Text "Wir laufen alle im Licht Gottes". Neben dem spirituellen Ausdruck wurde auch ein Stimmungsbild der afrikanischen Steppe mit allen möglichen Geräuschen geschaffen. Die vibrierenden und tremolierenden Tierrufe aus Piccolo, Saxofon und Schlagzeug vereinigten sich zu einem vielfältigen Klangbild. Jedes Register gab dem synkopischen Song sein eigenes Timbre.

Mit Szenen aus der "Huckleberry Finn Suite" entführte das vielseitige Orchester die Zuhörer in das Amerika des 19. Jahrhunderts mit Rassismus und Sklaverei. Frohgestimmt, mit flotter Melodik und beschwingtem Rhythmus erklang der erste Satz. Neben rasanten Klarinetten und galoppierendem Glockenspiel wetteiferten auch Posaunen und Baritone mit lebhaften Läufen. Im zweiten Satz malten Blechbläser und Saxofone ein sehnsüchtiges Stimmungsbild mit sehr introvertiertem Ausdruck. Es ging um den Freiheitstraum des schwarzen Sklaven Jim. Gestelzter Rhythmus und fulminantes Blech erweckten die Illusion von aristokratischer Größe. Auch die gestopften Instrumente wiesen auf die Schwindelei hin, bis im Schlussakkord die Seifenblase platzte. Die Krönung brachte "Huckleberry’s Rag", wo das Orchester im Big-Band-Sound loslegte.

Der dritte Teil wurde mit den zünftigen Klängen des strammen "Kaiser Franz Josef I. Rettungs-Jubel-Marsch" eröffnet. Der umsichtige Dirigent setzte mit Crescendi und Decrescendi dynamische Akzente. Der Marsch strahlte mit glanzvollem Blech und majestätischen Holzbläsern kaiserliche Größe aus.

Bei den beiden letzten Werken standen Solisten aus den eigenen Reihen im Blickpunkt. So spielte bei "The Canary" die Klarinettensolistin Stefanie Flaig das hochmusikalische Kanarienvögelchen, und Bernd Wilhelm wies in seiner Ansage darauf hin, dass sie außer ihrem instrumentalen Können auch ein großes Gesangstalent besitze. Mit Piepsen, Zwitschern, Tremolieren und Tirilieren imitierte die virtuose Klarinettistin den vielfältigen Gesang des Singvogels. Die begeisterten Zuhörer verlangten stürmisch applaudierend eine Zugabe.

Ebenso souverän meisterten die Schlagzeuger Philipp Rogg und Michael Kreuzberger bei "Ost-West-Express" ihren Solopart auf dem Xylofon. Ausgebildet bei Ralf Reiter an der Musikschule in Dunningen, sammelten beide auch musikalische Erfahrungen beim Kreisverbandsjugendorchester und bei den "Windphonics" in Rottweil. Die rasante Zugfahrt, die musikalisch dargestellt wurde, erforderte von den Interpreten eine punktgenaue, pfeilschnelle Reaktion und so ließen die beiden Schlagzeuger ihre Schlägel in atemberaubendem Tempo niedersausen, sodass die Zuschauer Probleme hatten, ihnen mit den Augen zu folgen.

Für den Riesenapplaus der hingerissenen Zuhörer bedankte sich das Orchester mit dem Florentiner Marsch, doch folgte nach der Verabschiedung von Volker Braun (wir werden noch berichten) eine zweite Zugabe und ein Adventslied.