Ein Ohr an der lokalen Wirtschaft: Wirtschaftsminister Nils Schmid (Mitte) sah sich beim Besuch der Simon-Gruppe auch in der Lehrlingswerkstatt um. Foto: Rath Foto: Schwarzwälder-Bote

Wirtschaftsminister besucht Aichhalder Unternehmen / Geschäftsleitung geht neue Wege

Von Volker Rath

Aichhalden. Die Simon-Gruppe in Aichhalden rechnet für 2014 mit einem Umsatzplus und stellt die Weichen für weiteres Wachstum. Dies erklärte die Geschäftsführung beim Besuch von Nils Schmid, Wirtschaftsminister von Baden-Württemberg und Vize-Ministerpräsident.

Schmid machte am Mittwoch auf seiner Schwarzwaldtour Halt in Aichhalden. Für seinen Besuch der Simon-Gruppe nahm er sich Zeit: Zwei Stunden lang war er auf dem Betriebsgelände unterwegs, hörte zu und stellte Fragen. Und er erhielt Einblicke in den Unternehmensalltag, die so nicht in Bilanzen stehen. Mit dabei waren Vertreter des Ministeriums, Aichhaldens Bürgermeister Ekhard Sekinger, Schrambergs Oberbürgermeister Thomas Herzog und weitere Vertreter der Kommunalpolitik.

Eine gute Nachricht für den Gewerbestandort fiel am Rande: Die Simon-Geschäftsführer Bernhard Zimmermann und Frank Thiele würdigten die Wirtschaftspolitik im Rathaus Aichhalden. Taufrisch sei die Entscheidung, dass das Unternehmen weitere Flächen für die Expansion des Betriebsgeländes erhalte. Damit wird in der Ära Sekinger fortgeführt, was seine Amtsvorgänger begonnen hatten: Die Firma Simon, 1925 in Schramberg gegründet, zog nach Aichhalden. Der damalige Bürgermeister hatte der Firma eine Quelle geschenkt. Frischwasser war damals ein begehrtes Gut.

Knappheit von Rohstoffen und Kapazitäten beschäftigen die Simon-Geschäftsführung noch heute. Das Unternehmen geht hier neue Wege. Das harte Kristall Wolframcarbid, dass den Zähnen für Asphaltfräsen und Bergbau-Bohrköpfen aus Aichhalden erst den richtigen Biss gibt, sei rar und begehrt, Hauptlieferant China halte die Preise "politisch" hoch. Mittlerweile sammelt Simon abgenutzte Werkzeuge wieder ein, um das Material zu recyceln. Neue Anlagentechnik senke den Stromverbrauch. Die Gruppe suche den Schulterschluss zu Hochschulen im Schwarzwald, um bessere Verfahren in der Veredelung von Oberflächen entwickeln zu können.

Ein "ganz, ganz großes Problem" sieht die Geschäftsführung bei den Mitarbeitern auf sich zukommen: Das Durchschnittsalter der Belegschaft liege bei 41,6 Jahren, es sei schon jetzt "trotz toller Jobs mühsam", Fachkräfte-Nachwuchs zu finden. Die Geschäftsleitung setze für die Produktion auf Lehrlinge mit Hauptschulabschluss und Realschüler mit mittlerem Notendurchschnitt. Die Konkurrenz der Betriebe sei groß. Botschaft an die Politik: Da viele Jugendliche noch kein Auto hätten, seien die Betriebe im ländlichen Raum auf einen funktionierenden Busverkehr angewiesen.

Die derzeit rund 70 Leiharbeiter hätten gute Chancen, in ein festes Arbeitsverhältnis übernommen zu werden. Ob sich die Ukraine-Krise auf die Geschäfte auswirkt? Sitek, Unternehmen der Simon-Gruppe, ist Weltmarktführer bei der Herstellung von Spikes für Reifen. 70 Prozent werden nach Russland exportiert.

Wirtschaftlich ist die Simon-Gruppe gut aufgestellt und flott unterwegs, erklärte Jürgen Abromeit. Er ist Vorstandsvorsitzender der Indus Holding AG, zu der die Aichhalder Gruppe mit rund 650 Mitarbeitern und einem Umsatzziel für 2014 von 228 Millionen Euro zählt. Indus sei börsennotierte Investorin, aber "keine Heuschrecke". Sie setze auf langfristige Firmenbeteiligungen an versteckten Weltmarktführern aus dem Mittelstand, so genannte "Hidden Champions". Indus ziehe nicht das Kapital ab, sondern zahle vor Ort Gewerbesteuer und investiere. Rund 200 Millionen Euro seien bislang in den Ausbau des Standorts Aichhalden geflossen. "Das zeigt, wie langfristig das hier angelegt ist", so Abromeit.

Auch die Belegschaft betonte das gute Miteinander. Aber sie meldet Ansprüche an. Der Betriebsratsvorsitzende will Tariflöhne einführen. "Das ist ja alles andere als ein todkranker Betrieb", sagte Lothar Hug. Der Minister traf sich zum Abschluss zu einem Vier-Augen-Gespräch mit dem Betriebsrat.

u Die vier Firmen der Simon-Gruppe sind in sieben Geschäftsbereiche gegliedert. Betek produziert Verschleißwerkzeuge und Verschleißschutzlösungen für Maschinen für Bergbau, Straßenbau, Spezialtiefbau, Recycling und Landwirtschaft. Sitek stellt Spikes für Reifen her, ferner Hartmetallwerkzeuge und -pulver. Siku mit Sitz in der Schweiz produziert Kunststoffspritzgussteile. Die Firma Karl Simon ist in die Geschäftsbereiche Beschlagtechnik, Galvanotechnik und Sintertechnik gegliedert. Die Beschlagtechnik produziert Beschlags- und Funktionsteile, etwa Schubladendämpfer und Einzugssysteme für die Möbelindustrie. Die Galvanotechnik bietet verschiedenste Veredelungsarten für Kunststoff- und Metallteile an, etwa für Mercedes-Sterne oder Belüftungsblenden im Interieur von Porsches. Die Sintertechnik produziert Serienteile aus Sintermetall für die Automobilindustrie und den Maschinen- und Anlagenbau. Hier werden Teile nicht herkömmlich bearbeitet, sondern aus Metallpulver unter Druck und Hitze verfestigt und in die gewünschte Form gebracht. Die Gruppe strebt für 2014 einen Umsatz von 228 Millionen Euro an, der Exportanteil beträgt etwa 64 Prozent. Seit 1992 gehört die Gruppe zur Indus Holding AG in Bergisch Gladbach. Indus vereint 100 Firmen unter ihrem Dach. Zehn Firmen davon mit zusammen rund 2000 Mitarbeitern sitzen in Baden-Württemberg. Indus übernimmt besonders erfolgreiche Unternehmen aus dem Mittelstand, vor allem in ländlichen Regionen. Alle Gesellschaften erzielten eine zweistellige Rendite. Angestrebt wird eine langfristige Beteiligung. Der Börsenwert von Indus liegt nach eigenen Angaben derzeit bei rund einer Milliarde Euro.