DFL-Präsident Rauball: "Es gibt vieles, was den Grundsätzen eines geordneten Schiedsrichterwesens widerspricht." Foto: AP

Chefermittler Jörg Englisch hat nach ausgiebigen Recherchen seinen internen Bericht fertig.

Frankfurt/Main - Der unter großem Druck stehende DFB erhöht das Tempo, Liga-Präsident Reinhard Rauball fordert in der brisanten Angelegenheit Amerell schon jetzt eine Neuordnung des Schiedsrichterwesens. Eine Woche nachdem die Belästigungs-Vorwürfe gegen den ehemaligen Schiedsrichter-Funktionär Manfred Amerell öffentlich geworden sind, hat Chefermittler und Verbands-Justiziar Jörg Englisch nach vielen Vernehmungen und Recherchen seinen internen Untersuchungsbericht fertig. Noch am Montag sollte der Bericht an die Entscheidungsträger des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) und der Deutschen Fußball Liga (DFL) gehen. "Wir haben die Sache schnell und seriös im Hintergrund abgehandelt“, erklärte ein DFB-Sprecher.

Reinhard Rauball, Präsident des Liga-Verbandes und als solcher auch Mitglied des DFB-Präsidiums, kritisierte in einem Interview mit der "Welt“ (Montag) dennoch das jüngste Krisen-Management. "Es sind von allen zum Teil gravierende handwerkliche Fehler gemacht worden“, sagte Rauball zu den Baustellen an der Spitze des deutschen Fußballs - von den mit viel Getöse geplatzten Vertragsverhandlungen mit Bundestrainer Joachim Löw bis hin zu den Ungereimtheiten bei den deutschen Spitzen-Referees. "Es hat zu viel Tummeln in Eitelkeiten gegeben. Es gibt vieles, was den Grundsätzen eines geordneten Schiedsrichterwesens widerspricht“, sagte Rauball zum letzten Punkt. Vor allem das Prozedere in der Sache Amerell entspreche auf den ersten Blick nicht dem, "wie man es auch angesichts der sensiblen Thematik hätte machen müssen“.

Erst mit einem Monat Verzögerung war der Hilferuf von Bundesliga-Referee Michael Kempter bei DFB-Präsident Theo Zwanziger angekommen, der für die Schiedsrichter zuständige Vizepräsident Rainer Koch hat sogar das Aufgabengebiet abgegeben. Rauball selbst war erst am 2. Februar informiert worden. "Es stimmt, dass niemand der Beteiligten mit der derzeitigen öffentlichen Darstellung zufrieden sein kann“, betonte der Liga-Präsident. Auch deshalb musste DFB-Boss Zwanziger kräftig aufs Tempo drücken. Neben Amerell und Kempter sind weitere Zeugen im Schnellverfahren angehört worden, darunter auch weitere Schiedsrichter. Die Gefahr eines Flächenbrandes im Verband und in einem der wichtigsten Bereiche musste schnell gestoppt werden, zumal es auch zwischen den obersten Pfeifenmännern der Nation schon lange knistert, wie Rauball bestätigte: "Hier muss man sagen: Es geht auf Sicht nur mit einer personellen Neuordnung. Das Schiedsrichterwesen darf kein Geheim- Orden sein.“

Der besonders in die Kritik geratene Volker Roth, Vorsitzender des Schiedsrichterausschusses und damit entscheidender Mann bei allen Ansetzungen der Referees, soll auf dem nächsten DFB-Bundestag am 20./21. Oktober durch Herbert Fandel ersetzt werden. Doch auch der ehemalige Fifa-Referee und Konzertpianist ist in den Landesverbänden nicht unumstritten. Von einer vorzeitigen Amtsübernahme will Fandel selbst nichts wissen: Man müsse sicher über neue Strukturen nachdenken, doch: "Bei solch einer heiklen Angelegenheit darf es keine Schnellschüsse geben“, sagte er im "kicker“.

Der von seinen DFB-Ämtern zurückgetretene Amerell hatte den Vorwurf zurückgewiesen, jemals Kempter oder andere Referees belästigt zu haben. Der DFB hatte schon von Erkenntnissen gesprochen, welche die Vorwürfe gegen Amerell bekräftigen würden. Am Montag ist zudem ein Brief von Udo Konstantopoulos, Schiedsrichter in der Bayern-Liga, in der DFB-Zentrale eingetroffen. Der Referee soll über persönliche Beobachtungen im Zusammenhang mit Amerell berichtet haben. Nach Auswertung des Berichts und aller Aussagen will der Verband über weitere Maßnahmen entscheiden. Kempter hatte die weitreichende Bedeutung des Falls angedeutet: "Es geht nicht nur um mich.“ Bis auf weiteres soll der 27-Jährige in der Bundesliga nicht mehr eingesetzt werden. Ob nun auch der DFB-Kontrollausschuss in der Angelegenheit aktiv wird, ist offen. Für die nächsten Tage kündigte der DFB eine neue Erklärung an.