Im Kreistag, der im Landratsamt tagt, dreht sich das Personalkarussell – in den Reihen der AfD. Foto: Helga Michel

Bei der AfD im Kreistag Freudenstadt dreht sich das Personalkarussell. Michael Mittmann und Lothar Schmid haben darum gebeten, ausscheiden zu dürfen.

Wer aus dem Kreistag ausscheiden will, muss laut Landkreisordnung dafür „wichtige Gründe“ haben. Mittmann hatte seine berufliche Belastung in seinem europaweit tätigen Unternehmen und seine Verantwortung gegenüber seiner Familie angegeben, Schmid gesundheitliche Gründe.

 

Doch so einfach abgenickt wurde das Anliegen der beiden in der jüngsten Sitzung des Kreistags nicht. Während Mittmann mehrheitlich das Okay für sein Ausscheiden aus dem Gremium bekam, muss Schmid zunächst ein ärztliches Attest vorlegen.

Gerhard Gaiser (SPD) sah bei beiden Kreisräten keine „wichtigen Gründe“ vorliegen, denn die jeweils angegebene Situation habe schon vor der Wahl des Kreistags vorgelegen. Das Vorgehen habe bei der AfD landauf, landab schon Tradition. Es könne nicht sein, erst zu kandidieren, um Stimmen zu sammeln, um dann auszuscheiden.

Uwe Hellstern (AfD) sieht das anders. Er wies zurück, dass es sich um Scheinkandidaturen gehandelt habe. Schmid habe gesundheitliche Probleme und habe schon mehrfach in Sitzungen gefehlt. Und: Es liege im Interesse des Gremiums, dass seine Mitglieder möglichst oft da sind. Bei Mittmann habe sich seine berufliche Situation stark verändert. Mittmann selbst ging unter anderem darauf ein, dass er inzwischen viele Auslandseinsätze habe.

Ein „Geschmäckle“

Das habe „schon ein bissle ein Geschmäckle“, meinte Bernhard Haas (CDU) zur Angabe von gesundheitlichen Gründen. Haas stellte den Antrag, die Vorlage eines Attests zu fordern. Man könne die Vorgehensweise ändern, so Landrat Klaus Michel Rückert, doch das müsse dann für alle Kreisräte gelten.

Dem Antrag von Haas, dass in diesem Fall erstmals und in Zukunft immer bei Ausscheiden aus gesundheitlichen Gründen ein Attest vorgelegt werden muss, stimmte der Kreistag mehrheitlich zu. Die Entscheidung über Schmids Ausscheiden wird deshalb erst später fallen.

Das gilt auch für die Entscheidung über dessen Nachrücker Reinhard Cordshagen. Nachfolger von Mittmann soll Kevin Ölschläger werden. Der konnte allerdings noch nicht vereidigt werden, weil er verhindert war.

Kandidatur mit Folgen

Eigentlich wäre Roland Boos als nächster Ersatzbewerber für Mittmann nachgerückt. Der hatte aber bereits im Vorfeld der Sitzung in einem Schreiben an das Landratsamt erklärt, dass er das Amt nicht antreten will. Er habe durch die Kandidatur als Parteiloser auf der AfD-Liste weitreichende persönliche Folgen erleiden müssen, so Boos.

So sei es in der Familie zu schweren zum Teil bis heute anhaltenden Konflikten gekommen, im Bekanntenkreis sei er mit deutlicher Ablehnung konfrontiert worden, langjährige Arbeitskollegen hätten sich abgewendet. Das alles habe dazu geführt, seine politische Haltung grundlegend zu hinterfragen. Er sei inzwischen zu der Erkenntnis gelangt, dass er dieses Mandat nicht als Vertreter einer Partei ausüben könne, mit der er sich nicht mehr identifiziere.