Der Kreis Calw soll jetzt attraktiv werden für junge Mediziner. Foto: © BillionPhotos.com - stock.adobe.com

Mit einem neuem Video werben die Uniklinik Tübingen und der Landkreis Calw, Medizin-Studenten in den Nordschwarzwald zu bringen. Schon früh im Studium können sie in Praxen und anderen Einrichtungen hospitieren.

„Schön hier. Oder etwa nicht?“: So heißt es am Anfang eines neuen Imagefilms der etwas anderen Art. Passend zum Slogan des Landkreises Calw geht’s darin zwar um die Region, allerdings mit Blick auf die Ärzteversorgung. Der Nordschwarzwald und andere ländliche Gegenden haben landschaftlich nämlich ihren Reiz, das zeigt der Blick aus dem Fenster, aber auch das neue Video, das auf Youtube zu sehen ist.

 

Szene aus dem neuen „Werbefilm“ für den Landkreis: Zwei Medizinstudentinnen der Uni Tübingen hospitieren in der Hausarztpraxis von Adrian Hettwer in Calw. Foto: Screenshot/Parage

Allerdings: Das allein reicht nicht, um genug Mediziner anzulocken, die sich hier niederlassen. Also versuchen es die Uniklinik Tübingen und der Landkreis nun mit einem neuen Imagefilm.

Ärztemangel trifft vor allem Allgemeinmedizin

Besonders heftig trifft der Ärztemangel den Fachbereich Allgemeinmedizin. Dabei wird sich der Hausärztemangel in den kommenden Jahren noch verschärfen: Etwa die Hälfte der Hausärzte im Landkreis Calw sind um die 60 Jahre alt, heißt es in dem Film.

Der Kreis Calw hatte deshalb bereits im Oktober 2015 ein Stipendienprogramm aufgelegt. Dabei erhalten Medizinstudenten eine monatliche finanzielle Unterstützung, verpflichten sich aber im Gegenzug, nach dem Studium mindestens vier Jahre lang als Hausärzte in der Region zu arbeiten oder ihre Facharztausbildung hier zu absolvieren.

Es gibt weitere Versuche, um Nachwuchs zu finden

Und es gibt weitere Versuche, Nachwuchs zu finden. Unter anderem hat so das Landratsamt „Landtage“ veranstaltet, um interessierten Medizinern die Region und ihre Strukturen in Sachen Gesundheit vorzustellen. Außerdem haben Medizinstudenten die Möglichkeit, in Praxen oder oder Krankenhäusern im Landkreis Praktika zu absolvieren.

Modellregion Nun gibt es ein neues Angebot, eine weitere Möglichkeit zu hospitieren: die Woche „Mitten im Leben“. Dafür wirbt der kurze Film. Gedreht wurde er in der Praxis von Adrian Hettwer in Calw. Hettwer ist Allgemeinmediziner und stellvertretender Vorsitzender der Ärzteschaft im Landkreis. Er setzt sich seit Langem für die Nachwuchsgewinnung ein.

Ziele Seit fast drei Jahren ist der Landkreis Calw Modellregion für die ärztliche Ausbildung und kooperiert dabei mit der medizinischen Fakultät der Universität Tübingen. „Für die Modellregion Calw wurden neue, innovative Lernformate entwickelt“, erklärt Hettwer. Ziel ist es, angehende Ärzte „für eine Tätigkeit im ländlichen Raum zu interessieren und die vorhandenen Versorgungsstrukturen mit einer universitären Ausbildung zu verbinden“.

„Werbefilm“ ist Ergebnis einer Kooperation

Ergebnis dieser Kooperation ist der neue „Werbefilm“, der soll nämlich Lust darauf machen, eine Woche lang etwa in einer Praxis im Landkreis Calw zu hospitieren. Angesprochen sind Studenten aus dem zweiten bis vierten Semester der Uni Tübingen. „Sie bekommen Einblicke in die Kooperation unterschiedlicher medizinischer Fachdisziplinen, bekommen Eindrücke von Gesundheitsfachberufen und sollen die Komplexität der verschiedener Versorgungseinrichtungen unseres Gesundheitssystems kennenlernen“, erläutert Adrian Hettwer. Wie das aussehen kann, ist im Film am Beispiel zweier Studentinnen, die in Hettwers Praxis hineinschnuppern, zu sehen.

Zu den möglichen Stationen der Studenten zählen neben der Hausarztpraxis demnach die Krankenhäuser und Reha-Kliniken im Kreis sowie die Pflegedienste, die Physiotherapie- und die Hospizeinrichtungen.

Stipendienprogramm zeigt Wirkung

„In der Hausarztpraxis bekommen die Studierenden, durch direkten Kontakt mit den Patienten, einen Einblick in die regionale Zusammenarbeit zwischen einer Allgemeinarztpraxis und unterschiedlichen anderen medizinischen Fachrichtungen.“

Erfahrungen „Die bisherigen Erfahrungen mit dieser praxisorientierten Ausbildung, als Ergänzung zur theoretischen Lehre der Universität, sind durchweg positiv“, meint der Calwer Mediziner. „Wir freuen uns, dass die Studierenden das Projekt mit einer so großen Begeisterung annehmen.“

Stipendienprogramm Auch das Stipendienprogramm für angehende Hausärzte wird gut angekommen. Derzeit seien 18 Stipendiaten mit regionalem Bezug dafür eingeschrieben. Während des Studiums und der anschließenden Facharztausbildung werden sie „durch Mediziner aus Praxis und Klinik sowie unserem Landratsamt betreut und gefördert“. Ein Teil der ehemaligen Stipendiaten befinde sich bereits in der Weiterbildung zum Hausarzt oder auf dem Weg in die Niederlassung.

„Unsere Arbeit trägt Früchte“, zieht Adrian Hettwer ein Fazit, „aber wir dürfen nicht nachlassen uns weiter für eine qualifizierte und engagierte zukünftige Hausärzteschaft einzusetzen.“