So romantisch geht es nicht immer zu, wenn das Brautpaar auf den Straßen unterwegs ist. Foto: dpa

Immer wieder sorgen Hochzeitskonvois für Ärger und Gefahren, weil sich die Beteiligten in ausgelassener Ballermann-Stimmung befinden – mit Salutschüssen aus dem fahrenden Auto und riskanten Bremsmanövern. Den Beteiligten drohen strafrechtliche Ermittlungen.

Stuttgart - Der Pistolenschütze im schwarzen Mercedes ist ermittelt. Ein 19-Jähriger soll es gewesen sein, der am Samstag in der Theodor-Heuss-Straße in der Innenstadt mit einer Schreckschusswaffe in die Luft gefeuert hatte. Gegen ihn wird gesondert ermittelt, nachdem ein türkischer Hochzeitskonvoi mit etwa 30 Fahrzeugen an jenem Nachmittag für einige Aufregung in der Stadt gesorgt hatte. Die Kolonne in ausgelassener Ballermannstimmung musste von der Polizei gestoppt werden.

Diese Ehe fängt ja gut an – aber einigen Gästen droht nun mächtig Ärger. Nicht nur wegen mutmaßlichen Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung. Sondern auch wegen strafrechtlicher Ermittlungen – etwa wegen Nötigung und Verstoßes gegen das Waffengesetz. Der Konvoi war zunächst gegen 16 Uhr in der Heilbronner Straße im Stuttgarter Norden aufgefallen – als die Fahrzeuge immer wieder abbremsten und wieder beschleunigten. Der Fahrer eines roten Ferrari soll auf Höhe der Straße Im Kaisemer eine Fußgängerin gefährdet haben. Wenig später knallten in der Theodor-Heuss-Straße Schüsse. Die ausgelassene Kolonne wurde schließlich auf der B 14 kurz vor dem Heslacher Tunnel gestoppt.

Schüsse gehören vermeintlich zum guten Ton

„Die Ermittlungen dauern noch an“, sagt Polizeisprecher Stephan Widmann. Dazu gehört unter anderem die Frage, wer wo konkret gefährdet wurde. Der 19-Jährige muss sich wohl wegen eines Waffendelikts verantworten – auch wenn das Abfeuern von Schreckschusswaffen für manche offenbar zum guten Ton eines Hochzeitsfestes gehört.

Nicht zum ersten Mal sorgen vornehmlich türkische Hochzeitskonvois für Ärger. Ende September etwa wurde im Sparrhärmlingweg in Bad Cannstatt eine Kolonne gemeldet. Zeugen beobachteten, wie aus einem roten Mercedes mehrere Schüsse abgegeben wurden. Die Polizei machte sich auf die Suche nach einem etwa 30 Jahre alten Mann mit kräftiger Statur und seitlich kurz rasierten Haaren. „Inzwischen wurde ein 25-jähriger Tatverdächtiger ermittelt“, sagt Polizeisprecher Widmann.

Auch in der Region werden Bundesstraßen blockiert

Dabei herrscht selten Einsicht. Ein 22-Jähriger zeigte sich „wenig kooperativ“, so die Polizei, als er im Februar als auf der B 10 in Zuffenhausen gestoppt wurde. Eine türkische Hochzeitsgesellschaft hatte den Pragtunnel blockiert, und der junge Mann hatte nach Zeugenangaben aus einem schwarzen Mercedes geschossen.

Auch in der Region wurde etwas zu ausgelassen gefeiert: An Heiligabend 2016 war der Verkehr auf der B 313 bei Wernau (Kreis Esslingen) durch tanzende Hochzeitsgäste lahm gelegt worden. Im Mai 2016 gab es auf der B 27 bei Filderstadt (Kreis Esslingen) wilde Fahrmanöver, im April auf der B 10 bei Esslingen. Verkehrsteilnehmer, die sich darüber beschwerten, sollen mit obszönen Gesten beleidigt worden sein, so die Polizei. Immerhin wurde nicht nachweislich geschossen. Wie gefährlich das sein kann, zeigte sich im Oktober 2016 in Stammheim, als ein 75-Jähriger im Glühwürmchenweg von einem Projektil am Arm getroffen und leicht verletzt wurde. Die Spur führte zu einer türkischen Hochzeitsgesellschaft, ermittelt wurde ein 32-Jähriger aus dem Kreis Ludwigsburg.

„Geschlossener Verband“ oder „übermäßige Straßennutzung“?

Doch was ist erlaubt bei einem Hochzeitskonvoi? Handelt es sich nicht um einen geschlossenen Verband nach Paragraf 27 der Straßenverkehrsordnung? Verkehrsexperten weisen darauf hin, dass dafür strenge Regeln gelten – etwa eine einheitliche Kennzeichnung, ein Führungsfahrzeug, gleiches Tempo bei nicht zu großen Abständen. Weil das bei Hochzeitskolonnen selten klappt, drohen schnell Bußgelder. Als übermäßige Straßenbenutzung bezeichnet Paragraf 29 das Delikt. Streng genommen ist auch das Dauerhupen nach Paragraf 16 der Straßenverkehrsordnung eine Ordnungswidrigkeit.

Dass ein geschlossener Verband eine rote Ampel passieren darf, wenn das erste Fahrzeug noch bei Grün über die Kreuzung gefahren ist – kann bei undisziplinierten Hochzeitskonvois schnell gefährlich werden. Ein Staatsanwalt etwa konnte jüngst an der Einmündung der Wolfram- und Nordbahnhofstraße gerade noch bremsen: „Man rechnet ja nicht mit so etwas.“