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Die Revierreform hat bereits viel Ärger verursacht. Nun gerät das geplante neue Polizeirevier in der Gutenbergstraße 109, zuständig für die Bezirke West und Süd, ins Kreuzfeuer.

Stuttgart - Die Revierreform hat bereits viel Ärger verursacht. Nun gerät das geplante neue Polizeirevier in der Gutenbergstraße 109, zuständig für die Bezirke West und Süd, ins Kreuzfeuer. Der Umzug schien unstrittig, doch die Rechnung wurde ohne die Anwohner gemacht.

Das Domizil schien ideal. Zuvor war in der Gutenbergstraße 109-111 das Finanzgericht untergebracht, das einen neuen Standort gebraucht und das Gebäude freigemacht hat. Ende 2011 soll dort das neue Großrevier Gutenbergstraße entstehen, das bisher ein paar Häuser weiter unzureichend untergebracht ist. Nach den Plänen des Polizeipräsidenten Siegfried Stumpf soll nach der Fusion mit dem Revier Böheimstraße die neue Zentrale für den Westen und Süden entstehen. Das Grundstück ist Landeseigentum, hohe Mietkosten entfallen. Auch finanziell ideal.

Doch jetzt laufen die Anwohner Sturm. Sie befürchten erhebliche Einschränkungen. Dazu zählt besonders ein etwa zwei bis drei Meter hoher Zaun, der an der Grundstücksgrenze verlaufen soll. Damit können die Anwohner in der Gutenberg-, Rotebühl- und Seyfferstraße die Einfahrt auf dem Landesgrundstück nicht mehr mitnutzen.

Gegen eine Neugestaltung des Innenhofs haben die Anwohner aus den 51 angrenzenden Wohnungen Unterschriften gesammelt. "Durch den Umzug des Polizeireviers Gutenbergstraße soll der Innenhof mit seinen seit dem 19. Jahrhundert gewachsenen Bäumen und Sträuchern einem Parkplatz sowie einer zusätzlicher Feuerwehrzufahrt weichen", klagen sie.

Nachbar Horst Kösler kritisiert vor allem den geplanten hohen Zaun unmittelbar vor der Haustür. Seit 1923 bestehe ein "Wege- und Nutzungsrecht der Hofeinfahrt für die Anwohner" in den umliegenden Häusern. "Dieses Recht wird jetzt mit einem Federstrich übergangen", schimpft sein Sohn Thomas Kösler.

Wohnqualität geht verloren

Der Eigentümer des Wohnblocks, die Landesbaugenossenschaft der Finanzbeamten, habe die Mieter schlecht informiert, wird geklagt. Mit der jetzigen Situation sei auch die Genossenschaft nicht glücklich, versichert Vorstand Ferdinand Geyer. "Wir werden von einem Fachanwalt prüfen lassen, inwieweit eine Umzäunung zulässig und machbar ist", sagt er. Denn auch der Baugenossenschaft sei am Erhalt der Wohnqualität gelegen.

Das wird bezweifelt. "Wir glauben, dass die Parkplatzsituation ähnlich wie im bisherigen Revier gelöst wird", sagt Thomas Kösler. Dort stehen die Einsatzfahrzeuge reihenweise auf der Straße vor dem Revier. Das würde die ohnehin beengte Parkplatzsituation rund um den Block verschärfen. Außerdem werden ein nachts hell erleuchteter Hof sowie zusätzlicher Lärm befürchtet. "Der Hof wird zur Durchfahrtsstraße", äußert Horst Kösler seine Bedenken. "Die Wohnqualität geht damit verloren", so Kösler, der hier seit 40 Jahren wohnhaft ist.

Rechtlich allerdings sieht die Sachlage eindeutig aus, erklärt Ilse Lange-Tiedje, Leiterin des Amts Vermögen und Bau Baden-Württemberg. "Die Notausfahrten müssen freigehalten werden. Eine Fremdnutzung ist nicht möglich." Die Einsatzfahrzeuge der Polizei dürften nicht behindert werden. Zudem hätten sich die Mieter bisher auf fremdem Grundstück aufgehalten. "Jetzt können und wollen wir unser Grundstück nicht mehr von anderen genutzt haben. Das steht uns auch zu", so die Amtsleiterin.

Horst Kösler ärgert das besonders, denn für ihn liegt eine praktische Lösung auf der Hand. Am anderen Ende des Grundstücks befindet sich ein altes Gebäude, das in Landesbesitz ist und abgerissen werden könnte - für Zufahrt und Parkplätze. Diese Alternative kommt für das Land nicht in Frage. "Dieses Grundstück wird verkauft. Aus unserer Sicht besteht keine Notwendigkeit, eine andere Zufahrtsmöglichkeit zu überlegen", sagt Ilse Lange-Tiedje.

Bezirksvorsteher Reinhard Möhrle von den Grünen ist an einer pragmatischen Lösung gelegen. "Eine gute Gesamtplanung sollte verfolgt werden", betont Möhrle. Auch die Polizei ist um Schadensbegrenzung bemüht. "Uns ist sehr an guter Nachbarschaft gelegen", sagt Polizeisprecher Stefan Keilbach. Er schlägt im neuen Jahr ein Gespräch mit den Anwohnern vor. Da ließe sich vielleicht einiges klären.